Themenfindung Comicforschung
:wink:
Wie funktioniert das eigentlich mit der Themenfindung für die Bücher. Bei den bisherigen Bänden ist mir aufgefallen, dass das Spektrum sehr breit gefächert ist und auch vieles abgedeckt wird, was (mir bisher) völlig unbekannt war. Habt Ihr dafür ein Gremium, oder wie funktioniert das? Wäre es nicht vorstellbar, auch Themenvorschläge zu sammeln? |
Natürlich bin ich aufnahmebereit für Themenvorschläge, aber...
Es gibt a) ein Gesamtkonzept, dass der Comic nicht bei Wilhelm Busch angefangen hat, sondern sich über die Jahrhunderte entwickelt hat b) die Erfahrung, dass das Bewusstsein für diese Entwicklung des Comic allgemein nicht präsent ist (oder nur bei sehr wenigen) c) die Erfahrung, dass nur wenige die Anforderungen erfüllen, um einen Beitrag zu verfassen. Ich mache dann manchmal das Angebot, dass ich für jemanden, der sich in Schreibe und Wissenschaftsterminologie unsicher fühlt, Hilfestellungen gebe, bis dahin, dass ich das Fachwissen eines Materialsammlers textlich in eine adäquate Form bringe. Das hat bisher gut geklappt. Ich schätze Sammler weit mehr als meine Kollegen von der ComFor. Generell: Ich bestimme derzeit allein die Grundlinie der Reihe - und ich hoffe, dass ich mal auf jemanden treffe, der ähnlich denkt wie ich und ähnlich breit informiert ist und der mir die Reihe mal irgendwann aus der Hand nehmen könnte. Den habe ich bisher nicht gefunden – zumal für die Fertigung der Bände auch ein großes Wissen um die technische Realisierung, der Wille zur Selbsteinbindung und die Möglichkeit zur Finanzierung von Quellen (einige 1000 Euro pro Band) notwendig ist. Sonst wäre so etwas gar nicht finanzierbar (oder jeder Band würde den Leser wenigstens 100 Euro kosten). So verfolge ich das bisherige Konzept erst einmal im Alleingang weiter - nach meinen eigenen Erfahrungen und dem, was mir zugetragen wird. Für Vorschläge, die in den Kanon passen, bin ich immer aufgeschlossen. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass "Deutsche Comicforschung" in den ersten zehn Jahren Basisarbeit leistet, um danach zu einer Interpretation und Analyse des Comicgeschehens in Deutschland zu kommen. Mit anderen Worten: Keiner soll anfangen dürfen zu schwafeln, wenn er nicht auf solide Grundlagen verweisen kann. Es gibt immer noch große Lücken; wir wissen z. B. immer noch zu wenig über die Stellung des US-Comics in Deutschland zu verschiedenen Zeiten, von 1880 bis 1960. Vielleicht kann man mal in Erlangen ein Podium dazu bilden? Ich bin nicht so blasiert, dass ich auf der Reihe sitze wie die Henne auf dem Ei; ich habe aber auch schon viel Scharlatanerie und Schaumschlägerei erlebt. Mir liegt viel daran, dass die von mir eingeschlagene Richtung der Erforschung des Comic im deutschen Sprachraum weitergeführt wird. Dass mich daneben ganz generell die Entwicklung der Bild-Erzählung international von den Ägyptern bis zu den digitalen Göttern interessiert, ist wohl selbstverständlich. eck;)rt |
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@Eckart: :danke: für diese ausführliche Antwort und Deine Bereitschaft, einige Einblicke zu gewähren.
Meine Frage war mit Sicherheit etwas zu kurz gtegriffen. An Themen wird es bestimmt nicht mangeln, aber die Quellenlage dürfte bei Deinem Beispiel mit den US-Comics sicherlich schwierig sein. Also müsste ich es präzisieren? Nicht Themen alleine wären hilfreich, sondern auch entsprechendes Material dazu? Dass Du den "Sammler" nach wie vor sehr schätzt, ehrt Dich :top: |
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Gemeint waren von mir nicht Abdrucke von Comics, sondern der Stellenwert von US-Comics in der deutschen Bevölkerung.
eck;)rt |
Aha! Jetzt wo du's schreibst. ;)
Aber wie will man diesen Stellenwert herausfinden? Direktbefragung von Lesern (1880!) dürfte ausfallen und diesbezügliche Umfragen wird es nicht gegeben haben. :wink: |
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Nein, aber es wird (abgedruckte) Meinungen gegeben haben und Artikel, die man interpretieren kann. eck;)rt |
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http://www8.pic-upload.de/03.12.11/ljroxzchk367.jpg Ich hab's textlich leicht verändert, aber Volker wird mir das sicher verzeihen. |
Und nun noch mal dasselbe - von 1880.
eck:Drt |
Dazu eben mein entsprechendes Posting ...
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New Yorker Medizinische Monatsschrift: Band 9
1897 Zitat:
Deutsch-Amerikanische Typographia - 1903 Zitat:
1908 Zitat:
Alfred Wechsler - 1912 Zitat:
Gesellschaft der Bibliophilen, Verein Deutscher Buchgewerbekünstler, Wiener Bibliophilen-Gesellschaft - 1913 Zitat:
Walter Heinrich Robert-Tornow, Konrad Weidling, Eduard Ippel - 1920 Zitat:
Institut für Zeitungswissenschaft (Berlin, Germany), Karl Bömer - 1931 Zitat:
Fritz Redlich - 1935 Zitat:
Adolf Josef Storfer - 1935 Zitat:
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Besten Dank. So was ist sehr hilfreich, auch wenn die erst mal recht kleinen Textfetzen ziemlich frustrieren und die Herleitung des Yellow Journalism nicht unumstritten ist.
eck:top:rt |
Wäre ein Beitrag über Kurt Kusenberg in der Reihe vorstellbar?
In Kriminalromanen heißt es ja des öfteren, es gäbe keine Zufälle. Deshalb bin ich hellhörig geworden, als mir der Name Kusenberg erneut begegnet ist. Er dürfte für die Comics verantwortlich gewesen sein, die bei Rowohlt erschienen sind (Adamson, Töpffer, Thurber, Effel). Zu einer Zeit, in der Comics verschrieen waren, scheint er mir ein Comicexperte gewesen sein, wenn ich sein Nachwort zu Töpffers Der kühle Bräutigam betrachte. Er wußte, wovon er geredet hat, und er hat sich nicht hinter Dünkel und Snobismus verschanzt, sondern fundiert über das, was er geschrieben hat, Bescheid gewußt. Es gibt einen Artikel von Peter Ruehmkorf in der ZEIT, "Im Kabinett. Kurt Kusenberg gehört zu den amüsantesten und hintersinnigsten Erzählern der Nachkriegszeit. Eine Erinnerung" (09/1998 vom 20. Februar 1998), da heißt es: Zitat:
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Das ist eigentlich auch ein interessantes Thema: "Die Geschichte der Vorworte"
In Italien war es meistens Umberto Eco, der Vorworte zu Comic-Büchern schrieb. In Deutschland findet man 1927 ein Vorwort von Alfred Polgar zu "Felix der Kater": http://d-nb.info/36836576X |
Das Vorwort meines zweiten Adamson-Bandes (PIB für diverse Buchgemeinschaften o.J.) stammt von Albrecht Leonhardt (Literaturagent, Übersetzer) persönlich. Auf die Schnelle finde ich leider nur einen Nachruf, der in den Branchenblättern Börsenblatt und Buchjournal abgedruckt wurde.
In der finsteren Zeit, als Comics wegen der sittlichen Knebelungen wirklich nur Kinderkram sein durften, muß es auch im deutschsprachigen Raum (Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Schweiz) Leute gegeben haben, die etwas von der Materie verstanden haben. Die müssen sich aber eher im Hintergrund des Kulturbetriebs befunden haben, graue Eminzen sozusagen, entweder irgendwo in den Redaktionen von Buchreihen oder Verlagen. Andererseits denke ich an die Untouchables der gewöhnlichen Angestellten, die Firmenchefs und Verleger, da fallen mir Kurt Wolff (Masereel) und Arnoldo Mondadori (Buzzatis Poema a fumetti) ein. Das Nachwort von Kusenberg hat mich beeindruckt, denn danach muß er gewußt haben, wie Comicseiten funktionieren, und sich in Teilen der Comicgeschichte ausgekannt haben (er erwähnt eine frühere holländische Ausgabe). Was er dort von sich gibt, widerspricht in weiten Teilen der Form, in der Töpffers Der kühle Bräutigam letzten Endes erschienen ist. In die Insel-Ausgabe mit den Piccolo-ähnlichen Strips hätte da besser gepaßt und hätte auch Sinn gemacht. Ich würde mich nicht wundern, wenn Kusensbergs favorisierte Fassung irgendwo im Verlag sabotiert worden ist. Was deutsche Comics betrifft, hat Kusenberg e.o. plauen für die Berliner Illustrirte entdeckt und gefördert. @Schlimme: Eco gehört zu den Gründervätern der modernen Comicforschung in Italien und Frankreich. eckart kann das ja als eigenes Thema auskoppeln, wenn er will. |
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Über Weihnachten scheint ja der "Ich gucke mal tief in den Topf“-Virus ausgebrochen zu sein. Ich finde diese Anregungen interessant - habt bitte Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht darauf antworte, weil das schon in die Interna der Planung unserer Reihe ginge. Allen, die hier Ihre Vorstellungen einbringen, vielen Dank - doch ohne jede Gewähr, dass ich daraus etwas mache, was ihren Vorstellungen entspricht.
eck;)rt |
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