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Detlef Lorenz 29.08.2014 08:07

Mark Twain
 
Samuel Longhorn Clemens wurde am 30. November 1835 in Florida / Missouri geboren und verstarb am 21. April 1910 in Redding / Connecticut. Weltweit bekannt wurde er natürlich unter seinem Pseudonym „Mark Twain“, das er 1863 zum ersten Mal verwendete. Es entstammt der Seemannssprache und bedeutet „Zwei Faden“ (ca. 3,75m) Wassertiefe, in diesem Fall unter dem Schiffsrumpf auf dem Mississippi. Es war eine Reminiszenz an seine Arbeit als Lotse auf diesem Fluss (von 1859-61). Dies war eine seiner Tätigkeiten, bevor er zu seiner Bestimmung als Schriftsteller fand, was eher zufällig geschah: der amerikanische Bürgerkrieg brach 1861 aus, Clemens wurde Angehöriger der Südstaatenarmee, nur zwei Wochen später bat er um seine Entlassung und ging als Goldgräber nach Nevada. Da das eine wenig ertragreiche Beschäftigung wurde, schrieb er Berichte als Reporter für die Zeitung „Territorial Enterprise“ in Virginia City. Sein satirischer und sarkastischer Schreibstil brachte ihm allerdings Probleme ein, die seine Zeit in Nevada erheblich abkürzte. Einige Mitbürger fühlten sich bloßgestellt und deren Zorn entzog er sich durch seine überstürzte Abreise. Das war 1863, von diesem Jahr an verdiente er mit dem Schreiben, zuerst als Reporter, später als Romanautor und Vortragsreisender in eigener Sache (in einer Zeit, als es die modernen Kommunikationsmedien noch nicht gab, eine der Möglichkeiten, seine Werke vorzustellen) seinen Lebensunterhalt.

Mit der 1865 entstandenen Geschichte „The Celebrated Jumping Frog of Calaveras County“ wurde Mark Twain in der US-amerikanischen Öffentlichkeit bekannt, vom Osten bis zum Westen. Fünf Jahre später heirateten er und Olivia Langdon. Sie ließen sich in Hartford / Connecticut nieder, in direkter Nachbarschaft (hundert Meter Fußweg) zum Haus von Harriet Beecher Stove, die sich als kompromisslose Gegnerin der Sklaverei aktiv betätigte. Weltweit bekannt ist sie durch ihrem Roman „Onkel Toms Hütte“ geworden. Diese Einstellung verband beide, unterschiedlicher Meinung waren sie allerdings was die Religion anging: Stove war dem Christentum sehr zugetan, in Clemens fand es einen Entschiedenen Gegner, eigentlich jeglicher Glaubensrichtungen. Auch gegen den spätestens mit dem spanisch-amerikanischen Krieg (1898) zutage tretenden US-Imperialismus, der im amerikanisch-philippinischen Krieg (1899-1902) einen ersten Höhepunkt fand, äußerte er sich negativ. Clemens trat der „antiimperialistischen Bewegung“ bei, da er mit der Außenpolitik seiner Heimat nicht einverstanden war. Kurz vorher war er faktisch Pleite gegangen, als die Druckerei und das Verlagshaus, an denen er Beteiligt war, durch die Fehlinvestitionen in eine Setzmaschine alle in den Ruin trieben. Eine mehrjährige Vortragsreise um die Welt wurde ein solcher Erfolg, dass er finanziell wieder gesundete.

Bereits mehrere Jahre zuvor hielt sich Clemens des Öfteren im Ausland auf. Eine Europareise brachte in 1878 unter anderem nach Deutschland und in die Schweiz. Diese Reise schlug sich in den Berichten „A Tramp Abroat“ („Bummel durch Europa“) nieder. Besonders die deutsche Sprache hatte es ihm angetan, ein Anhang im vorgenannten Buch beschäftigte sich ausführlich mit deren „Schrecknissen“ und „Eigenheiten“. Dies hielt ihn aber nicht davon ab, einige Jahre später, ab 1891, erneut nach Europa aufzubrechen und dort neun Jahre zu bleiben. Vom September 1897 bis zum Mai 1899 lebte er in Wien, dessen Antisemitismus ihn heftig verstörte („Stirring Times in Austria“). Von Berlin hingegen (sorry!) war er sehr angetan, seine beiden Töchter schickte er dort zum Studium hin. Wohnhaft war er nur wenige hundert Meter davon entfernt, wo ich meine Kindheit verbracht – und all die schönen Comics kennen gelernt habe, über die ich u.a. hier so gerne berichte (auch gleich über Twains). Immerhin hat man es in Berlin geschafft, diesen Aufenthalt Clemens „nur“ 101 Jahre nach seinem Tode mit einer an seinem Wohnsitz angebrachten Plakette zu würdigen. Twain ist mein Lieblingsschriftsteller geworden, viele Bücher, die ich alle gelesen habe, zieren meine Bücherwand. Einige bilde ich anschließend hier ab.

Dies ist die Einleitung zu einer Betrachtung von Comics, die nach seinen Werken entstanden sind. Sicherlich ist sie nicht vollständig, wer am Ende des gesamten Beitrages weitere kennt, bitte immer bekannt geben.





Das ist mein ältestes Buch, es ist vom Verlag von Robert Lutz, der so ab 1896 seine Reihe mit Werken von Mark Twain startete. Natürlich mit „Tom Sawyers Abenteuer und Streiche“, dem wohl weltweit bekanntesten Buch Twains. Ihm folgte die Fortsetzung mit „Huckleberry Finn“, und weitere Story-, Reiseberichte und sogenannte Skizzen. Immerhin musste man für so einen Band 2,50 Mark hinblättern, zur Kaiserzeit eine enorme Summe. Twain war in Deutschland ungemein beliebt, man sah in ihm aber ausschließlich einen Humoristen. Diese Beschränkung kommt seinen Arbeiten – und Lebenseinstellungen, die er vehement vertrat – nicht annähernd nah. Lutz brachte auch „Ein Yankee aus Connecticut an König Arthus´ Hof“ nicht, dort spottete Twain über das höfische Gepränge und kam damit wohl nicht so gut bei Kaisers an.




Ab 1920 brachte Lutz eine weitere Buchreihe von Mark Twain heraus. Die Aufmachung war wesentlich einfacher, die Zeiten waren auch schwerer geworden. Auch hier begann man mit „Tom Sawyer“, diesmal mit den neuen Abenteuern. Diese führten ihn und Huck Finn mit einem Ballon über den Atlantik bis nach Afrika.




Dies ist das Selbe Werk Mark Twain, diesmal von Hanser. Interessant finde ich einen erklärenden, entschuldigenden Verlagshinweis, unmittelbar vor dem 1. Kapitel: Der in diesem Buch gebrauchte Begriff >>Nigger<< entstammt der historischen Alltagssprache von Huckleberry Finn. Es ist im Grunde aber ein abwertender rassistischer Begriff für afroamerikanische Sklaven in den USA, der auch heute noch in rassistischen Kreisen für dunkelhäutige Amerikaner verwandt wird. Wir haben den Begriff beibehalten, um den historischen Kontext nicht zu verschleiern.

Wohl gesprochen und auch mutig. Im Text wird der Begriff auch verwendet, aber noch nicht im allerersten Absatz. Dort heißt es bei Hanser: „(…) als wir Jim befreiten (…)“ und bei Lutz: „(…) als wir den Nigger Jim freimachten (…)“. Ansonsten haben sie sich an ihren Vorsatz gehalten, was sie ehrt.




Das ist ein dtv-Taschenbuch mit den Abenteuern des „Yankee aus Connecticut …“. Es hat Spaß gemacht es zu lesen!




Am >>schwersten<< Verdaulich ist dieses prachtvolle Buch, 22cm x 26cm und fast 2 Kilo schwer, ist es als Bettlektüre nicht unbedingt zu gebrauchen. Auch inhaltlich hat es einiges zu bieten, allein über 70 Seiten einleitende Worte muss man durcharbeiten, bevor das erste Kapitel der Abenteuer Huck Finns beginnen. Die folgenden 440 Seiten bestehen nun nicht ausschließlich aus dessen Erlebnissen, sondern grob geschätzt müssen sie sich deren Hälfte mit Anmerkungen teilen, die gelegentlich über mehrere Seiten gehen (mit einer einzigen Kennziffer). Es ist natürlich eine Spezialausgabe, eine deutsche Übernahme aus den USA. Dort geniest grade Huck Finn fast kultische Verehrung, er steht par excellenc für die vergangene amerikanische Kultur. Erschienen ist es 2003 im Europa Verlag Hamburg.

Das 2. Kapitel dieses Beitrages folgt demnächst hier an dieser Stelle …
Sorry, Frank! Aber die „Abenteuer der Weltgeschichte“ müssen sich (und du auch) noch ein wenig gedulden, Mark Twain wartet schon länger …

FrankDrake 29.08.2014 08:16

Mr. Clemens ist auch OK:top:

Meine erste richtige Begegnung mit Huck und Tom war in einem Weihnachtsmehrteiler, ich glaube Anfang der 80er. Der Darsteller des Indianer Joe hatte es echt drauf, zum fürchten.

BTW, diese schweren Tablebooks können die Amis. 2008 hatte Barnes & Nobles lange Zeit echte Monsterbücher über die Marines und die US Navy für gerade mal 19$ im Angebot. Die Dinger hatten aber mehr als 10 Pound each, keine Chance sie ohne Gebühren heim zu bekommen.

Aslak 29.08.2014 09:06

@ Detlev

Sehr schöner Artikel. :top::top::top:
Hab' ihn bisher leider nur überflogen, macht aber jetzt schon Lust auf mehr. :sabber:

@ Frank Drake

Meinst Du die Serie mit Brigitte Horney als Tante Polly ?

Kann ich Dir nur an's Herz legen und ist ohne Probleme auf DVD zu bekommen.
(Gab's ,glaube ich zumindest, auch Paninibildchen von, ist somit wohl auch was für Maxi.:D)

Gruß,
Nils

FrankDrake 29.08.2014 09:38

Genau die, war auch mit Gunnar Möller. Aber nochmal anschauen, nein. Es gibt noch soviel was ich nicht gesehen habe, dass reicht für ein paar Jahre.
Ich habe da auch noch 2 Freunde bei denen sich die Regale biegen vor DVDs ;)

Aslak 29.08.2014 09:44

@ Frank Drake

Ja, das Problem hab' ich auch. Bei Comics und DVD's/Blu Rays.
Dennoch hab' ich mir die o.g. DVD's geholt --> Kindheitserinnerungen. ;)

Gruß,
Nils

PS: Da fällt mir ein, ich muss nach nachschauen wann ich meinen Tom & Huck (Buch) bekommen habe.

PPS: Die Hörspiele von Europa gibt's auch seit einiger Zeit (als CD's) zu erstehen. Herrlich.

user06 29.08.2014 23:51

Tolles Thema und ein ganz wunderbares Buch (das von 1896) :top:
Ich habe übrigens jahrzehntelang gedacht, es gäbe nur ein einziges Tom Sawyer Buch und eines von Huckleberry Finn... :nonono:

frank1960 30.08.2014 06:47

Zitat:

Zitat von FrankDrake (Beitrag 477320)
Meine erste richtige Begegnung mit Huck und Tom war in einem Weihnachtsmehrteiler, ich glaube Anfang der 80er.


Im Weihnachtsvierteiler, der Ende der 60er gedreht wurde, gab Lina Carstens die Tante Polly. Den Darsteller des Huck, Marc di Napoli, konnte man Jahre später in 'Zwei Jahre Ferien', einem weiteren Weihnachtsspezial, nochmal agieren sehen.
Brigitte Horneys Version von 'Tante Polly' fand in der eher mauen deutsch-kanadischen 26teiligen Serie von 1979 statt.

FrankDrake 30.08.2014 07:04

Es war die "lange" Serie, ich fand die damals gut, habe aber nicht alle Teile gesehen.
Ich bin ja eh mehr der "Hank Morgan" Fan, habe den Kerl schon bei den IK geliebt und das Buch war sicher die Initialzündung für meine Vorliebe für Zeitreisen und Alternativwelten.

falkbingo 30.08.2014 10:03

Zitat:

Zitat von FrankDrake (Beitrag 477320)
Meine erste richtige Begegnung mit Huck und Tom war in einem Weihnachtsmehrteiler, ich glaube Anfang der 80er.

Erstsendung war am 01.12.,08.12.,15.12. und 22.12. 1968 im ZDF. ;)

FrankDrake 30.08.2014 10:05

Nein, 26 Teile in der ARD.

74basti 30.08.2014 10:15

Die DVD-Box ist toll (aber die Bildqualität IST mies).

@Detlef: Ich habe eine dieser berühmt-berüchtigten "best of"-Fassungen von Huckleberry Finn aus den 70ern. Hat sich jemand mal die Mühe gemacht, zu prüfen, was alles gekürzt wurde? Oder werden diese Ausgaben ignoriert?

Scheuch 30.08.2014 17:20

Tolles Thema, Mark Twain wieder zu lesen, steht bir mir ganz oben auf der Liste.

oliver 30.08.2014 18:41

Ich habe eben einige Zeit damit verbracht einer vagen Erinnerung nach zu gehen, in der Twain nicht nur in Lucky Luke verewigt wurde, sondern auch noch einen jungen Jack London zum Schreiben ermutig bzw. irgendetwas mit dem "Kaiser von Amerika" zu tun hätte..

Zumindest die "Jack London Szene" konnte Wikipedia bestätigen, wenn auch in einer Doppelfolge "STAR TREK: Next Generation"..

Soweit mir bekannt sind die meisten (weiteren) Comicpublikationen auf Grund der schieren Seitenzahlen von 40-60, inhaltlich recht zusammenkürzt worden (BSV, Bastei, Classiccomics usw...)

Schlimme 30.08.2014 19:11

Ich glaube, Tom Sawyer ist mir zuerst als Hörspiel begegnet

http://www.europa-vinyl.de/tsga.php3

Burma 31.08.2014 22:22

Ein Audio einer Geschichte Deines Lieblingsschriftstellers (Der geheimnisvolle Fremde):
Zitat:

Der geheimnisvolle Fremde
Autor:Twain, Mark
Datum: 22.12.2013
Sendezeit: 18:31 Uhr
Länge:88:06 Minuten


Detlef Lorenz 01.09.2014 08:05

Zitat:

Zitat von Burma (Beitrag 477470)
Ein Audio einer Geschichte Deines Lieblingsschriftstellers (Der geheimnisvolle Fremde):

Als ich das Buch gelesen hatte, konnte zuerst kaum glauben, dass es Mark Twain war. Einiges an Satire war ich von ihm gewohnt, aber er war zu diesem Zeitpunkt schon arg verbittert. Von seinen 4 Kindern waren schon 3 gestorben, seine Frau ebenfalls. Da kann bei einem so und so schon skeptisch/rationalen Menschen der Rest an Glauben verloren gehen.

Detlef Lorenz 01.09.2014 21:43

Als letztes Buch stelle ich die Autobiografie von Samuel L. Clemens ein. Er selbst nannte sie: „Meine Autobiografie“, der amerikanische Verleger machte daraus „Autobiograpfy of Mark Twain“, der deutsche Verlag: „Meine geheime Autobiografie“. Das macht einen gewissen Sinn, weshalb? Nun, Clemens hat testamentarisch verfügt, dass sie erst 100 Jahre nach seinem Tode veröffentlicht werden durfte. Einschränkend hat er aber zugestanden, dass Teile daraus bereits >>Vorveröffentlicht<< werden dürfen. Wie auch immer, jedenfalls kam 2012 das komplette Werk im Aufbau Verlag auf Deutsch heraus. Die eigentliche Biografie umfasst knapp 690 Seiten und der Anhang, von Literaturwissenschaftlern als Ergänzung beigefügt, noch einmal gut 350 Seiten!

Weshalb ist das komplette Werk denn nun so spät erschienen? Samuel Clemens war sich bewusst, dass sein offener Stil die Leute gelegentlich verletzte, sie provozierte und er sich mit vielen angelegt hatte. Gleichzeitig sah er eigene Fehler und Schwächen, die er seinen direkten Nachkommen nicht zumuten wollte, wenn er zu freimütig über sich schrieb. Hier ist der offene >>Schuber<< abgebildet, der beide Bücher umschließt.






Die nächste Abbildung zeigt das Filmprogram des 1938 in den USA gedrehten Films „The Adventures of Tom Sawyer“. Er war von Norman Taurog, der auch etliche Jerry Lewis Filme gedreht hat. Ich habe ihn circa 1954 zur Jugendvorstellung in Berlin gesehen (nach den Illustrierten Klassikern Nummer 3 u. 4 von Rudl meine zweite Begegnung mit Mark Twain), und halte ihn noch immer für die stimmigste und einfühlsamste Verfilmung des Romans – Nostalgie hin oder her. Als Besonderheit drehte in Taurog in Technicolor, was zu dieser Zeit durchaus nicht die Regel war.




Demnächst geht es mit den Comics weiter.

Detlef Lorenz 04.09.2014 17:15

Bevor es mit der Vorstellung von Comics weitergeht, noch ein Wort in eigener Sache: Ich merke selbst, dass ich mit dem Thema Clemens / Twain etwas schludrig umgehe. Es ist bisher längst nicht so in die Tiefe gegangen, wie ich es von mir gewohnt bin. Weshalb? Nun dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Nach dem umfangreichen „Robinson“, der lange nicht beendet ist und seiner Vollendung harrt, die wiederum meine volle Aufmerksamkeit erfordert / erfordern wird – und zusätzliche gern zu machende Arbeiten – ist dieser im Hintergrund ständig präsent. In 14 Tagen geht’s außerdem in den Urlaub, anderes muss ebenfalls erledigt werden. Jau, nun weiter mit Mark Twain und den Comics nach seinen Werken!


Schon kurz nach seinem Tode geschahen zwei Sachen fast gleichzeitig, Clemens´ Werke erhielten in den USA nun auch die ihnen zustehende positive Bewertung seitens der Kritiker (unter den Kollegen galt Clemens schon lange als >>primus inter pares<<). Man registrierte nun, dass Clemens die bisherige koloniale Vergangenheit ignorierte, wie sie z.B. noch J. F. Cooper thematisierte. Clemens schilderte das amerikanische Alltagsleben, kritisch, süffisant, sarkastisch, liebenswert, von Schicksalsschlägen gebeutelt auch bissig. Gleichzeitig betrieben Clara Clemens Gabrilowitsch (sein letztes noch lebendes Kind) und die Mark Twain Company zusammen vehement die Popularisierung und Reduzierung der Geschichten von Tom Sawyer und vor allem Huck Finn zum Kinderthema. Sie dürften dadurch allerdings weltweit auch mit die bekanntesten Werke dieses Genres geworden sein. Bereits 1918 lancierte das McClure-Zeitungssyndikat die Erlebnisse von „Tom Sawyer and Huck Finn“ als Sunday und Daily. Er lief immerhin bis 1946, durchgehend von Clare Victor Dwiggins gestaltet und hatte mit den Geschichten aus den Romanen recht wenig zu tun*.





Die Zeichnungen wissen zu gefallen, sie erinnern mich an „Grandma“ von Chas Kuhn, bei uns „Oma“ und die lief als Nachdruck der Sundays in „Buntes Allerlei“ ab 1952 und den frühen – noch schönen - „Felix“-Heften.

*nach „Alles über Huckleberry Finn“, Europa Verlag, 2003

Ringmeister 04.09.2014 18:00

Das es doch viele verschiedene Ausgaben von Sawyer / Finn gibt (viele gekürzt), was ist denn deiner Meinung nach die beste (und vollständigste) dt. Ausgabe?
Ich kenne die Bücher nur aus meiner Kindheit, kann mich aber noch an viele Details erinnern (was 1. für die Qualität meines Gedächtnisses :zwinker:, 2. (natürlich wichtiger) für die Qualität der Ausgaben spricht).
Durch deinen Thread bin ich wieder neugierig geworden und will die Romane wieder lesen.

Scheuch 04.09.2014 18:16

Ich mag die 12bändige (+ ein Zusatzband) Ausgabe aus der DDR in Leinen mit Schutzumschlag.

user06 04.09.2014 19:16

Zitat:

Zitat von Ringmeister (Beitrag 477772)
...was ist denn deiner Meinung nach die beste (und vollständigste) dt. Ausgabe?.

Das würde mich auch interessieren. Irgendwann entscheidet man sich ja für "seine" Ausgabe und hat dafür oft nicht nur nostalgische Gründe.

Zitat:

Zitat von Ringmeister (Beitrag 477772)
...
Durch deinen Thread bin ich wieder neugierig geworden und will die Romane wieder lesen.

Das ist ein schönes Kompliment für Detlef, dem ich mich auch anschließe :top: Habe meine beiden Bücher schon `rausgestellt.


@Scheuch: Könntest Du Deine Ausgabe vielleicht abbilden und etwas zu deren Vorzügen schreiben ?

Detlef Lorenz 04.09.2014 19:21

Zitat:

Zitat von Ringmeister (Beitrag 477772)
Das es doch viele verschiedene Ausgaben von Sawyer / Finn gibt (viele gekürzt), was ist denn deiner Meinung nach die beste (und vollständigste) dt. Ausgabe?

Kann ich so natürlich nicht sagen, ich beschränke mich in der Regel auf eine einzige Ausgabe ... soweit sie ungekürzt ist. Hat auch mit Platzproblemen, neben dem Finanziellen, zu tun. Von Tarzan habe ich zwar die Diek und Pegasus Ausgaben komplett, aber von allen anderen Verlagen nur einzelne Belege oder, wie im Falle der beiden Bücher "Tarzan Ungezähmte" und "Tarzan der Schreckliche", zusätzlich die unzensierten Ausgaben von Kranichborn.

Aber zurück zu Mark Twain: Der Riesenwälzer "Alles über Huckleberry Finn"* vom Europa Verlag dürfte schon das kompletteste Werk sein und zudem optisch toll aufgemacht. Man muß natürlich mit den ganzen zusätzlichen Infos leben können oder sie zumindest Inhaltlich ignorieren, vom Gewicht her geht das nicht :zwinker:

@Scheuch: von den Klassikern scheint es in der DDR diverse schöne Gesamtausgaben gegeben zu haben. Ich denke da an die "Lederstrumpf Geschichten", die ich mal hatte und in einem Anfall von Aussortiererei weggegeben habe.

*"Alles über Tarzan" scheint ziemlich griffig gewesen zu sein. Im 2014 Comicpreiskatalog steht unter Sekundär noch "Alles über Prinz Eisenherz" (1987) und "Alles über Werner" (1986). Der Knesebek Verlag warb für sein Tarzan Buch mit: "Erstmals alles über Tarzan ..." War natürlich doppelt unsinnig, denn weder war es das erste Buch mit diesem Anspruch, noch erfüllte ihn Knesebek auch nur ansatzweise. Der Titel war damals übrigens nicht von mir ausgedacht, fand ihn etwas zu anmaßend - aber mach was gegen deinen Verleger.

pondy 04.09.2014 19:48

Zitat:

Zitat von Ringmeister (Beitrag 477772)
Das es doch viele verschiedene Ausgaben von Sawyer / Finn gibt (viele gekürzt), was ist denn deiner Meinung nach die beste (und vollständigste) dt. Ausgabe?
Ich kenne die Bücher nur aus meiner Kindheit, kann mich aber noch an viele Details erinnern (was 1. für die Qualität meines Gedächtnisses :zwinker:, 2. (natürlich wichtiger) für die Qualität der Ausgaben spricht).
Durch deinen Thread bin ich wieder neugierig geworden und will die Romane wieder lesen.

Im Feuilleton viel gelobt wurde ja die Neuübersetzung Tom Sawyer & Huckleberry Finn von Andreas Nohl, die 2010 im Hansa Verlag und 2012 bei DTV erschienen ist (als TB 14,90 €, habe meine Ausgabe für nur 4 € gebraucht kaufen können)

Wobei es ja auch immer eine Geschmacksfrage ist, welche Übersetzungsmethode der im Original verwendeten Dialekte der verschiedenen Protagonisten man bevorzugt, da gab es bisher verschiedene Ansätze, s. z.B. hier: http://www.literaturkritik.de/public...p?rez_id=14757

Zitat:

Andreas Nohl hat sich in seiner Neuausgabe für die zweite Übersetzungsvariante entschieden, die sich im Falle des Dialektes bietet. Er greift zu einem Mittel, das auch Lore Krüger in ihrer unverächtlichen Übersetzung von „Tom“ und „Huck“ (innerhalb der „Gesammelten Werke“ bei Hanser, Band 1, München 1965) gewählt hat: Den Dialekt setzt er in eine abgeschliffene Alltagsrede um. Die sprachliche Charakteristik des Originals – und die Differenzierungen mittels der Dialekte – verblasst dabei. Die flapsige, witzige Idiomatik muss alleine tragen, was im Original durch Dialekt und Idiomatik gleistet wird. Aber das funktioniert in Nohls Übersetzung wunderbar. Sie beweist durchgehend Ökonomie und Witz. Dadurch schafft sie die fundamentalen Voraussetzungen, um den Humor der Originale aus seiner ,dialektalen Fundierung’ herauszulösen. Die Lektüre ist ein Vergnügen. Mehr kann bei dieser ,unmöglichen’, aber notwendigen Übersetzung nicht geleistet werden.

Ringmeister 05.09.2014 15:36

Danke für die Hinweise!

Scheuch 06.09.2014 10:45

Twain, Mark: Ausgewählte Werke in zwölf Bänden + Ergänzungsband: Autobiographische Schriften. [13 Bände.]

Berlin u. Weimar: Aufbau-Verlag, 1962 ff.
Originalleinen mit Schutzumschlägen

Band 1: Der berühmte Springfrosch von Calaveras
Band 2: Die Arglosen im Ausland
Band 3: Durch dick und dünn
Band 4: Tom Sawyers Abenteuer
Band 5: Bummel durch Europa
Band 6: Der Prinz und der Bettelknabe
Band 7: Leben auf dem Mississippi
Band 8: Hucklebery Finns Abenteuer
Band 9: Ein Yankee an König Artus' Hof
Band 10: Der geheimnisvolle Fremde. Erzählungen
Band 11: Reise um die Welt
Band 12: König Leopolds Selbstgespräch. Essays
[Band 13:] Autobiographische Schriften.

Jeder Band enthält ein ausführliches Nachwort.

(Bilder habe ich gerade keine.)

Detlef Lorenz 09.09.2014 22:29

Nachfolgend zeige ich meine Auswahl an Mark Twain – Comics, wie ich sie erlebt habe, was ich heutzutage darin sehe und feststelle, sowie ich zu meinem Erstaunen gefunden habe was es noch so alles an gezeichneten Umsetzungen gibt.

In der US-Reihe „Classic Illustrated“ (bis Nummer 34 „Classic Comics“) durfte Mark Twain natürlich nicht fehlen. Die Nummer 19 erschien für 10 Cent im April 1944, sie war „Huckleberry Finn“ gewidmet, das Cover war gezeichnet, den Inhalt – 60 Seiten - gestaltete Zansky. Auf dem Titelbild rudern Huck und Jim kniend in ihrem Boot und werden von einem Dampfer aus mit Gewehrenbeschossen, eine ziemlich dramatische Szene also, zumal im Hintergrund zuckende Blitze ein Unwetter ankündigen. Als Gag ist der Name des Ruderbootes am Bug zu lesen, „Mark Twain“.




Im September 1952 brachte der Rudl Verlag Frankfurt den deutschen Ableger der „Classic Illustrated“ als „Illustrierte Klassiker“ heraus. Wie bekannt, gab es nicht mehr als 8 Hefte, die sogar nur 5 Originalausgaben beinhalteten. Die ersten beiden Nummern („Der letzte der Mohikaner“ und „Die Schatzinsel“) hatten einen Umfang von 52 Seiten und entsprachen damit wohl weitgehend dem Comicteil der Originale. Sie erschienen 2x im Monat, kosteten 90Pfennig, womit sie noch teurer waren als die Micky Maus. Das war damals entschieden zu viel, also teilte man in der Redaktion einfach die Vorlagen und brachte sie auf 2 Nummern verteilt zum reduzierten Preis von 60 Pfennig. Jetzt kostete ein komplettes Abenteuer 1,20 DM, aber dem Leser/Kunden wurde so eine Ermäßigung vorgegaukelt. Betroffen davon waren „Huckleberry Finn“ (Nr. 3 & 4), „Robin Hood“ (Nr.5 & 6), sowie die sogenannten Erlebnisse des Millionenschwindlers „Marco Polo“ (Nr.7 & 8). Danach gab der Rudl Verlag auf (Juni 1953), die „Illustrierten Klassiker“ erschienen erst wieder ab April 1956. Nebenbei, ab der Ausgabe 31 nennt das Impressum den Bildschriften Verlag Hamburg-Wandsbek, Neumann Reichardt Str. 33. Das ist bei mir beinahe um die Ecke ein großer Gewerbekomplex, in dem Firmen kommen und gehen und keine Spuren hinterlassen … Das alles gehört nicht zum ursprünglichen Thema, aber ist schließlich nicht uninteressant.




Das Titelbild entspricht inhaltlich dem der US-Ausgabe, mit der Einschränkung, das aus dem Ruderboot ein Floß geworden ist. Die IK sind ja oft neu gezeichnet worden, auch die Titelbilder unterlagen Neuinterpretationen, aber die IK-Version von Rudl ist mir nicht untergekommen, sie scheint ein Eigengewächs zu sein. Genau wie das Covermotiv des zweiten Teils, der Nr. 4. Geschaffen hat beides womöglich E.J.K. Strahl oder Lothar Linkert, auf den ich tippe. Linkert ist bekannt für einige „Abenteuer der Weltgeschichte“-Hefte vom Regenten, bzw. Lehning Verlag.




Da die Seitenzahl der Originalstory für zwei Hefte der deutschen IK nicht ausreichte, lies man Linkert die Kurzgeschichte von Mark Twain in Comicform umsetzen, mit dieser in den USA landesweit bekannt geworden ist: „Der berühmte springende Frosch von Calaveras County“ (siehe oben). Ist dies die einzige Comic-Version dieser Geschichte, ist sie überhaupt in den USA oder sonst wo bekannt geworden (im europäischen Druckverbund), bisher habe ich nichts darüber gefunden. Auch im Huckleberry Finn-Heft der 2. deutschen IK-Reihe ist sie nicht noch einmal mit abgedruckt.

Die Story als solche werde ich nicht erzählen, sie ist bekannt (?). Äh, ganz kurz:




Huck Finn flüchtet nach seinen Erlebnissen mit „Tom Sawyer“ vor dem strengen Regiment der Witwe Douglas und seinem versoffenen und gewalttätigen Vater. Gleichzeitig soll der Negersklave Jim verkauft werden und sucht deshalb ebenfalls das Weite. Beide treffen sich zufällig am Mississippi und setzen ihre Flucht vor der aus ihrer Sicht trübsinnigen Zukunft fort. Zum Schluss hat´s fast ein Happy end, Jim wird freigelassen, Huck wird adoptiert. Allerdings soll aus ihm ein „richtiger kleiner Gentleman gemacht werden …




Über die Jahre hinweg hat sich die Szene in meinen Erinnerungen festgesetzt, in der sich Huck als Mädchen verkleidet, diesen Mummenschanz nur sehr stümperhaft ausführt, weswegen er überführt wird. Die Ballonfahrt mit Tom und Jim (siehe oben) wird dann für ihn ein weiterer Versuch der drohenden Erwachsenenrealität zu entfliehen (Peter Pan versuchte dies ab 1902 ebenfalls).




Der Druck ist schlicht mangelhaft, unscharf, die Farben absolut nicht deckungsgleich, dass Handlettering – immerhin – nur in Großbuchstaben, geht so. Die Zeichnungen sind ansprechend, eigentlich, sie verschwinden leider meist unter der Farbsoße. Einige Infos über Mark Twain, wie in den IK üblich, runden die beiden Hefte ab. Der Rudl-IK-Nachdruck von Hethke ist besser gedruckt, wie es sich halt gehört, leider auf schneeweißem Papier, womit jegliches nostalgische Flair verloren geht.

Fortsetzung folgt…

Hinnerk 09.09.2014 22:44

Wenn ich mir die Signatur im letzten Panel ansehe, scheint Lothar Linkert als Zeichner ein guter Tipp von dir zu sein.

Detlef Lorenz 10.09.2014 09:36

"LoLi" ist Lothar Linkert, habe ich vergessen zu erwähnen. Wegen der Signatur hatte ich grade diese Bilder ausgewählt.

Ringmeister 10.09.2014 15:31

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 478307)
Als Gag ist der Name des Ruderbootes am Bug zu lesen, „Mark Twain“.

Für mich ist das nicht der Name des Bootes, sondern einfach die Nennung des Autors der Romanvorlage; das Ruderboot dürfte kaum "By Mark Twain" heißen.

Ansonsten mal wieder Klasse Recherche von dir! :top:

Detlef Lorenz 10.09.2014 21:43

Ist mir schon klar, dass der Kahn nicht "by Mark Twain" heißt, sollte von mir ein Gag auf den Gag des Titelbildes sein - ansonsten, "danke!" für das Lob.

Detlef Lorenz 12.09.2014 07:34

Wie schon beim "Sternchen" geschrieben, geht es morgen in den Urlaub. Deshalb habe ich einen weiteren Beitrag für "Mark Twain" nicht hinbekommen. Die Fortsetzung wird also eine Weile auf sich warten lassen ... :wink:

Aslak 12.09.2014 10:06

Schade ! :(

Ich wünsch Euch beiden einen wunderschönen Urlaub, meiner steht erst in einer Woche an !

Gruß,
Nils

Detlef Lorenz 30.09.2014 22:03



Das ist das Titelbild der IK-Ausgabe Nr. 19 vom Verlag Internationale Klassiker GmbH, Hamburg. Vom bsv-Verlag ist in der ersten Auflage also noch keine Rede. Das amerikanische Pendant hat einen Platz im Museum in Hartford / Connecticut, das direkt neben seinem dortigen Wohnhaus errichtet wurde.



Foto: Brigitte Döhler


Hier ist die Vitrine zu sehen, in der die amerikanische Classic Illustrated – Ausgabe untergebracht ist. Filmbilder aus einer frühen Huckleberry Finn – Verfilmung hängen darüber. Dieser Film ist m. W. n. nicht in Deutschland erschienen!?

Wie bekannt, sind im langen Veröffentlichungszeitraum der US-Reihe Inhalte und Titelbilder des Öfteren neu gezeichnet, bzw. gemalt worden. Das hat man hier auch gemacht: aus der dramatischen Titelszene ist ein fröhliches, wunderschön gemaltes Bild geworden, das einen lächelnden Jungen (Huckleberry Finn) auf einem Floß zeigt. Der Sklave Jim ist abhanden gekommen. Möglicherweise ist die Comichatz und der darauf folgende Comic-Code schuld an diesem inhaltlichen Umschwung.




Als Beispiel für die Neuzeichnungen des Comicteils habe ich die Szene ausgewählt, die schon weiter oben abgebildet worden ist, in der Huck´s Verkleidung als Mädchen durchschaut wird. In der romankonformen Comic-Erstfassung sind es seine >>falschen<< mädchenhaften Bewegungen, jetzt, wo der Gesamtgeschichte auch weniger Platz eingeräumt wird, lediglich sein stümperhaftes Auftreten. Nichts mehr von einer Ratte, nach der geworfen wird. Hier ist allerdings sogar die erste Comic-Fassung nicht ganz korrekt, dort nimmt die Dame des Hauses erkennbar einen Holzscheit aus dem Kamin, Mark Twain schrieb etwas von einem Stück Blei als Wurfgeschoß. Wie auch immer, der neu gezeichnete Huckleberry Finn kommt glatter daher, die soziale Lage der Menschen vor dem Bürgerkrieg scheint eher der Zeit nach diesem angepasst zu sein. Trotz der Farborgien sind die Häuser und die Menschen der Urfassung erkennbar in einem desolateren und einfacheren Zustand, als in der Neufassung. Das es aber noch schlimmer geht, werden wir in zwei weiteren Comicversionen sehen.

Stefan Meduna 01.10.2014 22:59

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 477319)
Dort heißt es bei Hanser: „(…) als wir Jim befreiten (…)“ und bei Lutz: „(…) als wir den Nigger Jim freimachten (…)“. Ansonsten haben sie sich an ihren Vorsatz gehalten, was sie ehrt.

Witzigerweise entspricht weder die eine noch die andere Übersetzung dem Originaltext ganz genau, wo es heißt "...the time we set the darky Jim free...". Darky ist zwar zweifellos abfällig, aber nicht ganz so kränkend. Wobei Hucks Ausführungen in der Ich-Form sowieso eine Herausforderung für jeden Übersetzer sind.

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 477374)
Ich habe übrigens jahrzehntelang gedacht, es gäbe nur ein einziges Tom Sawyer Buch und eines von Huckleberry Finn... :nonono:

Ganz ehrlich: in Anbetracht der stark abfallenden Qualität der Nachfolge-Novellen wäre es besser, dem wäre so. :kratz:


Mein Favorit unter Twains Werken war ja immer "Prinz und Bettelknabe."

Armin Kranz 02.10.2014 09:57

Im Zuge meines Sternchen-Thread habe ich gestern Sternchen 1955: 20 (15. Mai 1955) gescannt. Enthalten ist ein Artikel über eine Tom Sawyer Verfilmung.


http://www.pinupcomic.de/Comicguide/.../ST195520C.jpg
Sternchen 1955: 20 (Cover/Seite 1)


http://www.pinupcomic.de/Comicguide/.../ST195520R.jpg
Sternchen 1955: 20 (Rückseite/Seite 8)

Vielleicht kann Detlef ganaueres zu dieser Vefilmung schreiben, auf die Schnelle konnte ich diese nicht Zuordnen.

G.Nem. 02.10.2014 12:38

Das sind Szenen aus der Tom Sawyer MGM-Verfilmung von 1938.
Es war die erste Farbfilm-Version des Stoffes.
Hier ein Szenenfoto in Farbe > http://rbowser.tripod.com/tom-pirate-1938.bmp was im Sternchen schwarz/weiß zu sehen ist.

Detlef Lorenz 06.10.2014 08:13

Unter der Nummer #17 habe ich das Filmprogramm abgebildet.

Detlef Lorenz 06.10.2014 22:12


Das ist das Titelbild des Bastei Sonderbandes Nr.30 Huckleberry Finn.



http://www.sammlerforen.net/_bilder/...enz/sc1285.jpg

Die Zeichnungen sind einerseits recht einfach, zudem gegenüber den IK weiter >>modernisiert<<, die Frisuren, vor allem der Frauen und Mädchen, würden auch in unserer Gegenwart nicht weiter auffallen. Die Farben sind bunt, für einen Comic, an dem Kinder und Jugendliche Gefallen finden sollen, recht ordentlich (mir sagen sie nicht zu, aber ich bin auch nicht die Zielgruppe). Als Bildbeispiel habe ich natürlich die Selbe Szene rausgesucht, wie bisher. Sie ist noch kürzer geworden, inhaltlich macht sie noch weniger her. Der Text im Kasten des ersten Bildes hätte mich auch ohne das Titelbild gleich zu Bastei als Verlag geführt. „Haha! (…)“ ist eine beliebte Standartformel gewesen, in meiner Phantom-Abteilung habe ich gelegentlich darauf hingewiesen.


http://www.sammlerforen.net/_bilder/...enz/sc1286.jpg
Fernseh-Comic-Sonderheft Nr.1: 1982, Condor Verlag.

Hier ist das Reisemotiv von Huck als Titelbild gewählt, wie er fröhlich auf einem Floß den Fluss entlang stakt, obwohl seine Fahrt eine Flucht ist. In diesem Heft ist das abgebildete Umfeld ebenfalls modern, zu modern dargestellt. Die Gebäude wirken nicht mehr pionierhaft, was zu der Zeit und dem Handlungsort von Huck Finn durchaus noch der Fall war. Der Mississippi war noch Grenzregion, die massenhafte Besiedlung des >>Wilden Westen<< hatte noch nicht eingesetzt. Die Zeichnungen selber sind ganz passabel, zeigen gelegentlich technische Mängel in den Darstellungen.




Als Illustration habe ich erneut die bekannte Szene ausgewählt. Sie ist erneut kürzer geworden, beschränkt sich nur noch auf einige kurze Sätze, dann sucht Huck das Weite. Auffällig sind im ganzen Text die drei Punkte, die am Ende vieler, vieler Sätze stehen, egal ob in der Rede oder in Textboxen. Die gewählte Maschinenschrift zeigte im größten Teil des Textes Wortfetzen, die der geneigte Leser im Geiste wohl selbst ausfüllen sollte, das ist banal, simpel. Die Story ist sehr ausführlich dargestellt, in diesem Heft aber nicht zu Ende erzählt. Es fehlen die Theaterszenen und das vorerst versöhnliche „happy end“ des Romans. Soweit mir bekannt gibt es keine Comic-Fortsetzung.

„Huckleberry Finn“, nicht nur ein literarische Abenteuer in Buchform, auch die vorliegenden Umsetzungen in bildlicher Darstellung sind abenteuerlich. Sicherlich ist es schwer – was eigentlich aber für jegliche Adaption in ein anderes Medium gilt – aus einem anspruchsvollen Text eine Kind gerechte Umsetzung zu fabrizieren. Und das dürfte der eigentliche Knackpunkt sein: Zu früh, zu schnell sind aus Huck´s Abenteuer – und nicht nur diesen – Kinderliteratur geworden. Das gilt natürlich auch für Tom Sawyer, der nächsten Comicvorstellung in diesem Theater.

Detlef Lorenz 14.10.2014 09:25

Der oben vorgestellte Bastei-Band aus der Reihe „Berühmte Geschichten“ fand ein paar Jahre später (1977/78) seine Zweitverwertung in den „Welt-Bestseller“. Dort war er die Nummer 4, hatte ein zwar neu gezeichnetes, aber vom Motiv her gleiches Titelbild. Der Inhalt war komplett übernommen, also stellte sich für mich auch nicht die Frage nach einer Abbildung.


Im Suhrkamp – Verlag erschien 2013 die neuste Version von Huckleberry Finn und zwar "Huck Finn an der Saale". Wie aus dem Titel hervorgeht, hat Olivia Viehweg die Handlung nach Deutschland (Halle) verlegt und zwar in die Jetztzeit. Okay, warum nicht, hat aber natürlich nichts mehr mit dem ursprünglichen Inhalt zu tun. Deshalb erfolgt hier auch keine entsprechende Beschreibung, nur der Vollständigkeitshalber sei die Grafik Novel erwähnt.



Detlef Lorenz 16.10.2014 19:57

Tom Sawyer:


Das ist das Titelbild der „Classic Illustrated“ Nr. 50. So lange hat es gedauert, bis es Tom Sawyer in diese Reihe schaffte.
Wesentlich länger allerdings brauchte man in Deutschland für die Veröffentlichung dieses Heftes.


Erst die 113. Ausgabe war einem der Hauptwerke Mark Twains gewidmet. Es war eine der höheren überarbeiteten US-Auflagen, mit neuem Titelbild und neu gestalteten Comicteil (ein gewisser Herr Wertham hat sich an der Jungenkeilerei auf dem Titelbild und im Heftinneren gestört). Interessant finde ich, dass auch für dieses Heft – nach der Huck Finn-Ausgabe – wieder nicht Mark Twain, sondern Samuel L. Clemens als Autor genannt wird. Im Textteil wird natürlich auf das Pseudonym Clemens´ eingegangen, aber etwas unverständlich finde ich das schon. Seit den frühsten Roman-Ausgaben ist vor über einhundert Jahren ist stets von Mark Twain die Rede, aber beim bsv-Verlag schien man der Meinung zu sein, Clemens wäre korrekter, oder wieso? Die IK-Ausgabe von Huck Finn stellt dagegen Mark Twain auf das Titelbild.


Der Comicteil ist für meinen Geschmack sehr einfach gezeichnet, im Gegensatz zum grafisch gelungenen Titelbild fast schon amateurhaft. Eigentlich würde es reichen, es ohne den Comic zu behalten, sofern man den Roman hat – und Platz in seinen Regalen braucht.

Detlef Lorenz 21.10.2014 08:14

Eine weitere deutsche Tom Sawyer-Ausgabe erschien als 2. Heft in der Reihe Bastei-Sonderband:




Wurde beim vorherigen Heft (IK) noch der Verfasser genannt, wenn auch mit seinem bürgerlichen Namen, so verzichtete man bei Bastei ganz darauf den Urheber des Stoffes zu nennen. Im Einleitungstext wies man zwar auf den Handlungsort hin – Nordamerika wird ebenfalls erwähnt -, wohl um die kindlichen Leser nicht zu sehr zu verwirren, verzichtete man auf das „St.“ für St. Petersburg. Der US-Bundesstaat Missouri kommt überhaupt nicht vor*.





Für eine Innenillustration habe ich, wie schon bei Huck Finn, die Selbe Szene herausgesucht: die der Auffindung des Schatzes in der Höhle nahe der Stadt. Das Niveau war mit diesem Heft endgültig im „Vorschulkindergarten“ angelangt. Nicht, dass die Zeichnungen wirklich schlecht sind, es stimmt eigentlich alles, nur die Zielgruppe ist altersmäßig weiter nach unten gerutscht. Deshalb reichen die flüchtigen Striche, es braucht nichts detailliert ausgearbeitet zu werden. Es sind nun auch richtige Kinder und keine Jugendlichen mehr, die die Handlung bevölkern. Die Story wird ganz ordentlich rüber gebracht, es ist so ziemlich alles enthalten, was Mark Twain vorgegeben hat, nur die Maßstäbe sind halt verrutscht – aber das ist ein häufiges Phänomen „klassischer“ Literatur.

*Falls ich ihn überlesen haben sollte, liegt das an meiner, zugegebenermaßen, sehr flüchtigen Betrachtungsweise des Heftes.

Detlef Lorenz 22.10.2014 21:44

Wie es selbst heutzutage auch anders gehen kann, zeigt die nächste Abbildung:




Beim US-Verlag Berkley kamen 1990/91 siebenundzwanzig Hefte der Reihe „Classics Illustrated“ heraus. Das Heft Nummer 9 war „The Adventures of Tom Sawyer“. Eigentlich unnötig zu erwähnen, aber Mark Twain wird genannt. Gezeichnet ist es von Michael Ploog. Die Zeichnungen sind zwar auch in einem kindlichen Stil gehalten, aber detailliert, durchgearbeitet, dem damaligen kulturellen und sozialen Umfeld Rechnung getragen. Vielleicht ist das Ganze ein klein wenig zu niedlich, aber für meinen Geschmack um Längen interessanter als alle vorherigen Comicadaptionen. Auch hier die Selbe Szene wie in den vorherigen Abbildungen:




Es gibt natürlich noch weitere Tom Sawyer-Comics, z. B. diesen hier …




vom Brugera Verlag 1979. Aber schon das Titelbild deutet auf eine noch modernere Fassung der Geschichte hin. Warum auch nicht, ich denke nämlich, mit einer Neuauflage der Rudel IK – selbst bei einem besseren Druck - würde man heutzutage kaum eine bedeutende Leserschicht gewinnen, oder …? Und mit dem Stoff an sich?

Servalan 24.10.2014 22:41

Apropos Mark Twain:

Da empfehle ich The Wire Staffeln 4 und 5. Im Mittelpunkt steht eine Clique von vier Jugendlichen, die im Ghetto von Baltimore aufwachsen. Anleihen bei Our Gang / Die kleinen Strolche sind dabei unvermeidlich.
Bei zweien aus der Clique schimmern die Vorbilder durch:
Randy Wagstaff (Tom Sawyer) hat Glück gehabt. Der Junge versteht zu handeln und nach seiner Zeit in einem Pflegeheim lebt er jetzt bei Miss Anna (Tante Polly). Dann nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
Duquan "Dukie" Weems (Huckleberry Finn) hat zwei Junkies als Eltern, die buchstäblich alles versetzen, was ihnen zwischen die Finger kommt - auch die frische Kleidung, die ihrem Sohn gespendet wird. Er lebt in übelster Armut und stinkt, weil im Haus seiner Eltern das Wasser abgestellt ist.

Detlef Lorenz 28.10.2014 07:49

Zwischenbilanz:

Die beiden hauptsächlichen und bekanntesten Werke Mark Twains sind nun vorgestellt. Etwas flüchtig und in der Auswahl sicherlich unvollständig. Ich hatte mich zwar auf dieses Thema gefreut und vorbereitet, habe Material zusammen getragen. Je tiefer ich dann in die Materie eingestiegen bin, desto mehr regte sich ein ungutes Gefühl. Seine Ursachen finden sich u. a. in der Romanvorlage und dessen Adaption von diesem in ein anderes Medium. Egal, ob es sich um einen Film, ein Theaterstück handelt, einen Comic, in der Regel klappt das nie so richtig. Mein ganz oben vorgestelltes Buch über Tom Sawyer umfasst rund 270 Seiten reinen Romanstoff, wie soll der adäquat umgesetzt werden. Selbst wenn, wie im Falle der IK-Rudl Übernahme aus dem amerikanischen, sogar rund sechzig Seiten für den Comic zur Verfügung stehen. Am kritischsten und für mich am ausschlaggebendsten ist aber die Phantasie, die bei mir aus geschriebenen Szenen bestimmte Bilder entstehen lässt. Das war natürlich kein neues, mich überraschendes Phänomen, aber man will es jedes Mal nicht gleich wahr haben und hofft darauf, diesmal angenehm überrascht zu werden …

Ein einigermaßen positives Beispiel: wenn z.B. beim „Tarzan“ die Romanvorlage inhaltlich für den Comic erweitert wird und die Zeichner wenigstens die Grundhaltung des Stoffes treffen, das Umfeld den Beschreibungen des Autors anpassen, die ursprünglich handelnden Personen sich im neuen Metier wieder finden, dann kann ich damit noch leben und manchmal sogar sehr gut. Einschränkend gesagt gibt es da allerdings nicht viel gelungene Umsetzungen – vor allem, wenn die rosarote Brille abgesetzt wird. Ich habe schon selektiert und hier keine auch nur annähernd komplette Comicsammlung aufgebaut, aber das ist ein anderes Thema.

Wie geht´s weiter… geht´s weiter? ja, ein wenig schon. Ich werde weitere Comics nach Mark Twain hier vorstellen, ein paar erstaunliche Umsetzungen sind dabei und ein – kleiner – Knaller am Schluss.

Zum vorherigen Beitrag von Servalan: finde ich begrüßenswert, dass auf Comics aufmerksam gemacht wird, denen Mark Twains Texte als Vorlage dienen. Ähnlich dem vorher von mir genannten Huck Finn in Halle(Saale) erwähnten Comic.

Schlimme 28.10.2014 08:53

Dann gibt es noch "O'Boys"

Ein alter Huck Finn erzählt seine Lebensgeschichte.

http://www.lettern.de/rethirault_ob.htm

Detlef Lorenz 29.10.2014 22:14

Prinz und Bettelknabe




Zum Nachfolger des englischen Königs Heinrich Vlll (der mit den sechs Frauen) wurde der erst neunjährige Eduard (Edward) und verstarb bereits mit fünfzehn Jahren. Ein Regentschaftsrat begleitete die kurze >>Amtszeit<< Eduards, die noch nicht einmal besonders friedlich verlief (ein verlorener Krieg gegen Schottland), aber dem englischen Protestantismus zum endgültigen Durchbruch verhalf. Nach dem Tode Eduards vermutete man im Volk eine Verschwörung und glaubte nur zu gerne einigen Betrügern, die sich als Eduard ausgaben. Daraus ergab sich wie von selbst der Stoff für Romane. Mark Twain schrieb nach einer seiner Europareisen den Roman „The Prince and the Pauper“ (1881), der aus diesem Mythos eine Verwechslungsgeschichte machte. Erst 1956 gab es die deutsche Erstveröffentlichung „Der Prinz und der Bettelknabe“, etwa zeitgleich mit dem hier abgebildeten IK. Dieses Heft, die Nummer 18, erschien innerhalb dieser Reihe als erste Mark Twain-Comicadaption, noch vor Huckleberry Finn, wenn auch nur eine Ausgabe zuvor.





Im Heft wurde, wie üblich, auf den Autoren eingegangen, etwas über ihn erzählt, aber das Titelbild verschweigt ihn wieder einmal (was für die IK ziemlich unüblich ist, denn grade mit bekannten Namen sollte doch geworben werden). Der Comic ist schlecht gedruckt, jedenfalls meiner, die Farben und die Zeichnungen sind guter Durchschnitt – nur das gemalte Titelbild ist natürlich grandios.

Hinnerk 30.10.2014 02:08

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 482227)
Selbst wenn, wie im Falle der IK-Rudl Übernahme aus dem amerikanischen, sogar rund sechzig Seiten für den Comic zur Verfügung stehen.

Ist das nicht eine Übernahme aus Spanien? http://www.tebeosfera.com/obras/nume..._1970_182.html

Detlef Lorenz 30.10.2014 08:23

Die Brugera-Reihe ist natürlich spanischen Ursprungs, ich meinte mit den "60-Seiten-Fassungen" die IK-Ausgabe vom Rudl-Verlag, die sich bei den US-Classic Illustrated bedienten.

Hinnerk 31.10.2014 00:32

Alles klar, bin ich der falschen Fährte gefolgt...

eck@rt 31.10.2014 08:58

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 481605)
Eine weitere deutsche Tom Sawyer-Ausgabe erschien als 2. Heft in der Reihe Bastei-Sonderband:

Nicht, dass die Zeichnungen wirklich schlecht sind, es stimmt eigentlich alles, nur die Zielgruppe ist altersmäßig weiter nach unten gerutscht.

Ist der Zeichner bekannt? Ich finde die Zeichnungen und auch das Layout sehr gelungen – weit besser als die Illustrierten Klassiker.

eck;)rt

Detlef Lorenz 31.10.2014 09:21

Auf einigen Bildern ist das handschriftliche Kürzel RAF. zu sehen (gab´s einige Jahre davor schon einmal, hatte aber eine andere Bedeutung ...).

felix da cat 31.10.2014 11:16

Das ist das Pseudonym von Juan Rafart Roldan.
Und hier, aus der Reihe "Infantile Klassiker". :D

Detlef Lorenz 31.10.2014 13:07

Zitat:

Zitat von felix da cat (Beitrag 482488)
Und hier, aus der Reihe"Infantile Klassiker". :D


:top:

.

eck@rt 31.10.2014 16:09

Der Mann war gut und gar nicht "infantil".

eck:Drt

Servalan 31.10.2014 16:26

Um den Zeichner Raf geht es ja auch nicht.

Irgend jemand aus dem Verlag Plan S.L. hat die gesamte Reihe dummerweise "Clasicos infantiles" getauft. felix da cat und Detlef Lorenz goutieren das sarkastisch mit einer gehörigen Portion Ironie. :zwinker:

eck@rt 31.10.2014 21:45

Was anderes war es bei mir auch nicht.

eck:D:D:Drt

Detlef Lorenz 05.11.2014 20:08

Micky Maus präsentiert: Der Prinz und der Bettelknabe

Walt Disney hat sich natürlich auch bei Mark Twain bedient und eine Adaption seines „The Prince and the Pauper“ fabriziert. Allerdings ohne ihn als Ideenlieferant, weder auf dem Umschlag, noch irgendwo im Heftinnern zu nennen (jedenfalls habe ich auch hier nichts diesbezügliches gefunden). Der Mythos von „Walt Disney Präsentiert“ ist nicht tot zu kriegen. Erschienen 1991 als die Nummer 1 der Reihe. 2X Micky in der Rolle des Prinzen und des Bettelknaben, Pluto und Goofy als Freunde des bürgerlichen Mickys, Donald eher in einer Nebenrolle als Kammerdiener. Kater Karlo als Mickeys ewiger Widersacher, spielt den Hauptmann der Palastwache, der den Schwindel recht bald durchschaut.




Der hier gezeigte Comic ist aus dem knapp halbstündigen Zeichentrickfilm von 1990 entstanden.




Die Zeichnungen sind recht gelungen (in ihren extremen Bewegungslinien und -abläufen nicht unbedingt mein Fall), die Farben sind sehr knallig, es passt aber alles zusammen. Ein fröhliches, typisch märchenhaftes Happy end beschließt den Comic.

Detlef Lorenz 11.11.2014 22:47

Zurück zu Tom Sawyer:

Weiter oben hatte ich geschrieben, möglicherweise alle (die meisten) Comics um Sawyer erfasst zu haben: weit gefehlt! Während der Kölner Börse am vergangenen Wochenende habe ich nicht nur Zuspruch zum Thema erhalten, Nils „Aslak“ – danke! - brachte mir ein Lustiges Taschenbuch, die Nummer 153, in der die Tom Sawyer-Story enthalten ist. An mir ist das völlig vorbei gegangen, da diese Bücher nicht in meiner Sammlung enthalten sind (von einem Dutzend abgesehen).




Die Adaption heißt „Die Abenteuer des Mick Sawyer“. Das Micky den Part des Tom übernahm, dürfte klar sein, als Huck Finn sehen wir Goofy, der hier Huckleberry Goof genannt wird. Minni spielt die Becky Thatcher mit dem selben Nachnamen wie Toms Freundin, eine ziemlich große Mäusedame mit Brille heißt Tante Molly, bei Twain Polly und die Rolle des Bösen Indianer Joe wird von … klar, Kater Karlo (hier Joe Kater) übernommen. Die ganze Geschichte spielt lt. Text im LtB in „St. Petersburg am Ufer des Flusses Illinois.“! Auch Mark Twain wird im Einleitungstext als Autor genannt und der vorliegende Comic als freie Umsetzung in Anlehnung an seine Vorlage bezeichnet.

Das machte schon mal neugierig und ich muss sagen, sie hat mir sogar gefallen. Es ist mehr als eine „Anlehnung“, die bekannten Szenen aus dem Buch, z.B. das Streichen des Zaunes, Toms Werben um Becky, die Gerichtsverhandlung mit der Freisprechung Potters durch die Aussage Toms vor Gericht. Der Schulausflug in die Höhle, das Verlaufen in der Selben von Tom und Becky, das Wiedereindringen von Tom und Huck und das Auffinden des Schatzes, …




alles recht ordentlich, für meinen Geschmack sogar besser als einige der hier schon vorgestellten Comic-Adaptionen – wenn man von den leichten Namensveränderungen mal absieht. Nur die Rolle des Huck, von Goofy in seiner typischen Art „interpretiert“, hat mir so nicht zugesagt.

Armin Kranz 12.11.2014 07:23

Eine weitere Tom Sawyer Adaption ist bei Tokyo Pop innerhalb der Reihe "Manga-Bibliothek als Band 2 erschienen:

:da: http://www.comicguide.de/index.php/c...long&id=110703

Aslak 12.11.2014 09:13

Moin Detlef,

schön das ich auch etwas hierzu beitragen konnte.
Auch wenn ich diese Umsetzung als solche nicht mehr wirklich "auf dem Schirm" hatte,
freut es mich das sie Dir wohl gefallen hat.

Gruß,
Nils

Detlef Lorenz 18.11.2014 13:50

Tom Sawyer und kein Ende:

"Tom Sawyers abenteuerliche Ballonfahrt, erzählt von Huck Finn"

Ein weiterer (Comic-) Tom Sawyer ist mir zusätzlich in den Sinn gekommen. Der Roman ist weiter oben schon einmal erwähnt worden, hier >>unten<< habe ich ihn aber als Comicfassung beinahe übersehen. Dabei gibt es einiges über die Bastei-Ausgabe innerhalb der „Berühmte Geschichten“ – Serie zu berichten (Nummer 25, ca. 1971). Aber der Reihe nach:

Zum Zwecke der Unterschiede der Romanfassung und des Comics zeige ich das Titelbild der – deutschen - Buchausgabe hier noch einmal …




und als Vergleich dazu das Bastei Heft:





Interessanter Weise zeigen die beiden Titelbilder >>zufällig<< die Selbe Szene: die 3 unfreiwilligen Ballonfahrer über den Pyramiden. Das Gefährt des Bastei-Heftes zeigt einen normalen mit Gas gefüllten Ballon, der den Launen des Windes ausgesetzt ist. Wie sie damit ihren Standort nach ihren Wünschen dirigieren konnten, ist und bleibt unklar. Gezeigt und erwähnt wird jeweils der Einstieg in die Gondel, die Aeronautiker sprechen über ihr nächstes Ziel, z. B. Kairo und schwupps flog der Ballon dorthin. Zum Schluss auch noch in die Gegenrichtung über den Atlantik zurück nach Amerika!?





Im Gegensatz dazu hier die Abbildung aus einer Buchillustration, die ein völlig anders konstruiertes Gefährt zeigt. Es gleicht eher einem fliegenden Schiff, mit Kabinen, zusätzlichen Segeln und einem dampfgetriebenen Propeller als Anrieb. So hat es Twain beschrieben, als er den Roman 1892 in Bad Nauheim schrieb, wo er sich mit seiner Familie auf einer Deutschlandreise grade aufhielt. Mit diesem Gefährt wären beliebige Richtungsänderungen durchaus vorstellbar, wenn auch die Schiffskonstruktion viel zu schwer und Windanfällig sein dürfte.




Im Comic fiel der Professor, der den Ballon konstruierte, ins Meer (wie im Buch). Er wird von einem zufällig vorbeidampfenden Schiff gerettet, der Romantext lässt ihn auf nimmer Wiedersehen in den stürmischen Wellen verschwinden. Zum Schluss des Comics gibt es ein großes Wiedersehensfest, Tante Polly hat einen Apfelkuchen gebacken und die Dorfbewohner glauben den Jungs ihre Geschichte. Twain hat das pessimistischer geschrieben, Jim: „Master Tom, sie (Tante Polly) ist auf der Veranda und hält oben im Himmel Ausschau nach dir, und sie geht da nich mehr weg, bis sie dich zu fassen kriegt. Das gibt noch Ärger, Master Tom, und das is mal klar.“ Noch drastischer steht es in der Buch-Ausgabe von 1921: „Massa Tom, Tante Polly stehen vor die Haustür un haben ihr Aug oben an die Himmel, un sie sag´, sie rühren sich nix vom Fleck, bis Massa Tom wieder da sein. Das geben eine nasse Jahr, Massa Tom, warrhaftig!“

Die Comicfassung an sich ist weichgespült. Wahrscheinlich glaubte man in der Redaktion, den jugendlichen Lesern einen verharmlosenden Inhalt mit einem echten Happy end vorsetzen zu müssen, ihr Gemüt könnte ja sonst Schaden nehmen – das des Lesers, nehme ich mal an. Ansonsten ist die Bastei-Ausgabe ordentlich gezeichnet, etwas zu glatt, aber annehmbar.

Detlef Lorenz 21.11.2014 17:23

Querkopf Wilson, Wilson der Spinner, Knallkopf Wilson, Wilson - der Wirrkopf

Das sind alles deutsche Titel des 1894 entstandenen Romans Pudd´nhead Wilson. Twain schrieb diesen Roman kurz nach seinem finanziellen Desaster mit der innovativen und erhofften erfolgreichen Beteiligung an einer neuartigen Setz- und Druckmaschine. Er steckte immer neues Geld in die Konstruktion, die sich am Ende aber als Fass ohne Boden erwies. War er naiv genug, sich ausnehmen zu lassen? Nein, Samuel Clemens war ein Technik-Narr, er war mit Nicola Tesla*, dem genialen aber finanziell erfolglosen (sic!) Erfinder befreundet, schrieb als erster Autor ein Buch-Manuskript mit der Schreibmaschine, benutzte, ebenfalls als einer der ersten, das Diktaphone und beschrieb 1900 in dem Roman „Aus der London Times von 1904“ ein Fernseh-Telefon!




Die Comicveröffentlichung innerhalb der deutschen IK-Reihe (Nr. 87, US-IK Nr. 93) erhielt den Titel „Wilson – der Wirrkopf“. Inhaltlich ist es ein von einer Protagonistin absichtlich herbeigeführtes Verwechslungsdrama. Zwei Babys, eines einer farbigen Sklavin und das andere ihres >>Herren<<, das sie als Amme betreute, wurden von ihr absichtlich vertauscht. Beide entwickeln sich sehr unterschiedlich, das bisherige Sklavenkind drangsaliert seinen Milchbruder, wird später exzessiver Trinker und Spieler und begeht schließlich an seinem vermeintlichen (Erb-)Onkel einen Mord. Er wäre beinahe damit durchgekommen (weil er sich während der Tat als Frau verkleidete), wenn nicht David Wilson (zuvor genannt Pudd´nhead Wilson) die Tat mittels des einige Jahre zuvor (1888) von Francis Galton** erfundenen Fingerabdruckvergleichsverfahrens gelöst hätte.




Der Schlusstext der hier abgebildeten letzten Seite lobte die Befreiung des unfreiwilligen Sklaven und er „trat sein Erbe mit ruhiger Sicherheit an, so dass man den echten Driscoll in ihm erkannte.“ Wesentlich realistischer schildert es Mark Twain (in der Robert-Lutz-Verlag- Ausgabe von 1923) im „Querkopf Wilson“: „Der echte Erbe war jetzt reich und frei, befand sich aber in einer äußerst unbehaglichen Lage. Er konnte weder lesen, noch schreiben und sprach nichts als den unverfälschtesten Negerdialekt aus dem Sklavenquartier. Sein Gang, seine Haltung, alle seine Bewegungen und Stellungen waren ungeschlacht und gewöhnlich, sein Wesen – das eines Sklaven…“ usw.

Auch der Schlusssatz im Comic, dass der Verurteilte als nunmehriger Sklave auf eine Plantage verkauft wird, ist zwar im Grundsatz richtig, aber es fehlt ihm ein wichtiger Hinweis. Twain stellt die Strafe nämlich, sicherlich der damaligen Rechtsprechung folgend, so dar – kurz zusammenfasst - dass Chambers zwar für den überführten Mord zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt wurde, aber: „(…) Alle waren der Meinung, dass, wenn ´Tom` ein freier Weißer gewesen wäre, es ohne Zweifel gerecht sein würde, die Strafe über ihn zu verhängen – kein Mensch hätte einen Verlust dadurch gehabt. Aber einen wertvollen Sklaven auf Lebenszeit einzusperren – das war etwas ganz anderes. Als der Gouverneur die Sachlage begriffen hatte, begnadigte er `Tom´ auf der Stelle, und die Gläubiger (des Ermordeten, den `Tom´ beerbt hatte) verkauften ihn nach dem Süden `flussabwärts´.“ (um wenigstens etwas ihrem Geld wieder zurück zu bekommen).

Auch diese Redaktion war wohl um das Seelenheil der jugendlichen Leser besorgt und wollte ihnen anscheinend nicht die ganze Perfidität des Sklavenhaltersystems zumuten.

Die Zeichnungen von Kiefer, die Farben, der Druck sind für den IK-Standard durchaus gelungen.

*Tesla gilt als Erfinder des Wechselstroms, der sich gegenüber dem von Edison bevorzugten Gleichstrom durchsetzte.

** Francis Galton war ein Cousin von Charles Darwin und gilt auch als Begründer der – unseligen – Eugenik, die die unumstößliche Unterschiedlichkeit der menschlichen Rassen propagiert. In den 1850er Jahren bereiste er zusammen mit dem Schweden Anderson das damalige noch weitgehend unbekannte Südwestafrika. Nach Anderson ist heutzutage der Haupteingang des Etoscha National Parks benannt – war letztes Jahr im Urlaub unvergleichlich schön da.

felix da cat 26.11.2014 09:55

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz:
... und beschrieb 1900 in dem Roman „Aus der London Times von 1904“ ein Fernseh-Telefon!
Das erinnert mich an eine meiner Jugend-Lektüren, eine Kurzgeschichte von Jules Verne über einen Journalisten der Zukunft.
Es ist gar nicht mal unwahrscheinlich, dass Twain die Idee von seinem französischen Kollegen abgeschaut hat (die Kurzgeschichte erschien 1889 erstmals in den USA, illustriert; siehe die Abbildung links oben).
Der eigentlich sehr fortschrittsgläubige Verne war mit seiner Zukunftsvision allerdings vorsichtig. Seine Story spielt im Jahr 2889! Nun, so lange mussten wir ja nicht warten ...

felix da cat 26.11.2014 10:18

Mal eine Verständnisfrage:
Müsste der auf der abgebildeten IK-Seite überführte Chambers nicht schwarz statt rosa sein? Aus der Zusammenfassung entnehme ich, dass er eine farbige Mutter hatte.
Weiße Sklaven in den Staaten? Verstehe ich nicht.

G.Nem. 26.11.2014 10:46

Zitat:

Zitat von felix da cat (Beitrag 484690)
(...)
Weiße Sklaven in den Staaten? Verstehe ich nicht.

Das System der Sklaverei hat nichts mit Hautfarbe zu tun.
Es gab auch weiße Sklaven. Oder z.B. auch Indianer-Stämme haben feindliche Stämme besiegt und versklavt.

Schlimme 26.11.2014 10:54

Er muss ja weiße Haut haben, sonst hätte er nicht vertauscht werden können.

Der amerikanische Sklavenhalter-Rassismus funktionierte nach grundlegend anderen Regeln als der deutsche Nazi-Rassismus. "One-drop rule"

Servalan 26.11.2014 11:01

Soweit ich unterrichtet bin, galt in den Südstaaten die One-Drop-Rule: Ein Tropfen nicht-weißen Blutes reichte aus, um jemanden als "Schwarzen" zu kategorisieren. Die eigentliche Hautfarbe wird de facto irrelevant. Außerdem gibt es zahlreiche Personen, die African-Americans in ihrer Familie haben, aber eine so helle Pigmentierung haben, daß sie als (vielleicht sonnengebräunte) Weiße durchgehen können.
Das wird als Incognegro bezeichnet, eine Mischform aus Incognito und dem N-Wort. Wie sich das anfühlt, läßt sich in einem Comic nachlesen:

Mat Johnson / Warren Pleece: Incognegro (DC Vertigo 2008)

Was die Sklaverei als Weißer in den USA betrifft, davon können vor allem die zwangsdeportierten Iren ein Lied singen (siehe Martin Scorseses Gangs of New York). Das spielt zu der Zeit, als die Iren anfingen, freiwillig einzuwandern, im Gegenzug schlug ihnen der blanke Haß entgegen.

felix da cat 26.11.2014 13:25

Zitat:

Zitat von G.Nem:
Es gab auch weiße Sklaven.
Das ist mir natürlich bekannt, aber meines (bisherigen) Wissens nicht in den Staaten.
Zitat:

Zitat von G.Nem:
Oder z.B. auch Indianer-Stämme haben feindliche Stämme besiegt und versklavt.
Und nicht nur die.

Zitat:

Zitat von Schlimme:
Der amerikanische Sklavenhalter-Rassismus funktionierte nach grundlegend anderen Regeln als der deutsche Nazi-Rassismus. "One-drop rule"
Die "One-drop-rule" hat sicher ihren rechtlichen Status beeinflusst, aber versklavt wurden Weiße, die nicht erkennbar von Schwarzen abstammten, nach meiner (bisherigen) Kenntnis nicht.
Dafür spricht auch folgender Satz aus dem von Dir verlinkten Wiki-Eintrag:
"Many mixed-race people were absorbed into the majority culture based simply on appearance, associations and carrying out community responsibilities. These and community acceptance were the more important factors if a person's racial status were questioned, not his or her documented ancestry."

Zitat:

Zitat von Servalan:
Was die Sklaverei als Weißer in den USA betrifft, davon können vor allem die zwangsdeportierten Iren ein Lied singen
Von Zwangsdeportationen weiß ich nichts. Spätestens mit der Unabhängigkeit von GB hätten sich die Amerikaner sicher nicht gefallen lassen, eine zweite Strafkolonie der Briten zu werden (nach Australien).

Die erste Einwanderungswelle von Iren ist nach meiner Kenntnis auf die Missernten (Kartoffelfäule, die zur "Großen Hungersnot" führte) auf der damals wohl nicht ganz so grünen Insel zurückzuführen. Sicher waren die Immigranten größtenteils Hungerleider und mussten ihre Arbeitskraft für einen Appel und ein Ei verkaufen, aber Sklaven waren sie nicht.

Zitat:

Zitat von Schlimme:
Er muss ja weiße Haut haben, sonst hätte er nicht vertauscht werden können.
Ja, das hat mich auch stutzig werden lassen. Sonst würde das Grundmotiv des Romans nicht funktionieren. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass ein dem Augenschein nach weißes Kind einer schwarzen Mutter bei dieser Mutter belassen wird (und somit in der Sklaverei). Dass es auch noch Sklave ist, wenn es als Erwachsener aussieht wie ein europäisch-stämmiger Amerikaner, deckte sich nicht mit dem, was ich bisher über dieses Thema wusste (aber man lernt ja bekanntlich nie aus und bei Twain wird Chambers ja auch als Erwachsener noch verkauft :floet:).

underduck 26.11.2014 13:57

Was hat das jetzt im Kern noch mit Comics zu tun? :kratz:

Man achte bitte etwas auf den ersten Punkt in der verlinkten Hilfe, da im öffentlichen CGN-Bereich durch solche Stichworte die Suchmaschinen auch unerwünschte Besuchergruppen auf diese Themen aufmerksam gemacht weren könnten.

Ich schreibe diesen Beitrag, da Meister Lorenz aktuell im Internet nicht schreiben kann und auch nur mobil zu sprechen ist.

felix da cat 26.11.2014 14:44

Naja, Ausgangspunkt war ja meine Verständnisfrage in Post 64 und die bezog sich auf die abgebildete Comicseite.
Wenn wir hier darüber diskutieren, ob die Darstellung/Handlung einer Literatur-Adaption in Comicform und auch deren Vorlage realistisch sind, gehört das doch noch zum Thema. Es geht einfach nur um geschichtliche Fragen.
Über welche Politik sollte gestritten werden? Glaube kaum, dass sich hier jemand findet, der für die Sklaverei eintritt.

(Aber eigentlich ist für mich auch schon alles geklärt, da ich nicht glaube, dass Twain sich das alles aus den Fingern gesaugt hat)

underduck 26.11.2014 14:55

Danke. ;)

Im internen CGN-Forum könnt ihr gerne alle Themen "rauf & runter" besprechen.

Detlef Lorenz 26.11.2014 20:27

Einmal etwas zur Sachlage und zur Frage von Felix: Twain schildert die Sklavin Roxy, die Mutter vom eigentlichen Chambers, als: "Nach Roxys Redeweise zu urteilen, hätte man sie für eine Schwarze halten sollen, aber da irrte man sich gewaltig. Wenn etwas farbig an ihr war - höchstens der sechszehnte Teil - das sah man nicht. (...) Sie war sehr weiß und zart, die Wangen rosig. Dem Ansehen nach war Roxy wirklich so weiß, wie man nur irgend sein konnte, aber ihr eines farbiges sechzehntel schlug alle anderen fünfzehn Sechzehntel aus dem Felde. (...) An ihrem Kind war sogar nur ein Zweiunddreißigstel farbig, aber er galt dennoch nach Gesetz und Sitte für einen Neger und Sklaven. Er hatte blaue Augen und blonde Locken, (...)"

Ich denke das reicht für eine Erklärung des weißen "Aussehens" im IK. Es dürfte somit auch klar sein, dass ihr Kind einen weissen Vater hatte, sicherlich ihr Besitzer. War mir auch beim Lesen aufgefallen und wollte es erwähnen, ging mir aber später durch die Lappen. Dann wären all die Diskussionen hier vielleicht unnötig gewesen. Nebenbei: Twain war gegen die Sklaverei, gegen jegliche Art von Religionen, gegen den Adel, gegen den amerikanischen Imperialismus!

Das Lothar vorhin hier eingegriffen hat, ist insoweit in Ordnung, dass hier tatsächlich einige Begriffe und Stichworte gefallen sind, die einen Comicthraed ganz schnell in nicht unbedingt erwünschte Bahnen lenken kann -nicht mal unbedingt unter uns. Falls es politischen Klärungsbedarf geben sollte, bitte im nichtöffentlichen Bereich.

felix da cat 26.11.2014 20:44

Ah, Danke für das Buchzitat. Wie geschrieben: Man lernt nie aus. :wink:

Servalan 02.12.2014 15:26

Mark Twain hat recht
 
Das gibt es sogar als Comic:
Zitat:

Mark Twain Was Right: The 2001 Cincinnati Riots
by Dan P. Moore
Microcosm Publishing [2012]
$8.95

The publisher says:
In the format of a graphic novel and using journalism as a narrative, the story of the 2001 Cincinnati riots—the largest urban unrest since the 1992 Los Angeles riots—is charted in this visual history. The book traces the riot’s genesis from the police killing of a 19-year-old African American man to his funeral six days later. What resulted from the killing was a tumultuous cocktail of nonviolent civil disobedience, frustration-fueled looting, and police violence. Told from a series of varying perspectives—activists, community leaders, and bystanders—this is a tale of an inner-city community coming together. An overlooked yet crucial piece of American history is retold in a contemporary format with an engaging narrative.

Detlef Lorenz 04.12.2014 10:16

Der Yankee aus Connecticut an König Arthurs Hof – Ein Yankee am Hofe König Arthurs – Hank Morgan am Hofe von König Arthur

Eine Persiflage auf das Adelssystem des Mittelalters (was aber ziemlich problemlos bis in die Neuzeit übertragen werden könnte) wird 1889 veröffentlicht: A Connecticut Yankee in King Arthur´s Court (dt. 1923, Ein Yankee am Hofe des König Artus). Der Roman beginnt in der Gegenwart (des Verfassers) in der Hank Morgan von seinen seltsamen Erlebnissen am Hofe des frühmittelalterlichen Königs Arthur berichtet. Er gelangte auf mysteriöse Weise von Connecticut nach England und genauso seltsam wieder zurück, wobei Merlin der Zauberer seine Hände im Spiel hat. In der Vergangenheit hat Hank Morgan verständlicherweise zuerst Verständigungsprobleme, nicht so sehr sprachlicher Art, sie liegen eher im sozialen Milieu. Bald erlangt er am Hofe König Arthurs eine gewisse privilegierte Stellung, führt technische Errungenschaften seiner Gegenwart ein. Die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern sich, was dem Adel überhaupt nicht passt, da deren Macht schwindet. Es gibt einen Aufstand, der Adel gegen das Volk, bzw. gegen Hank Morgan und seine Getreuen. Sie unterliegen und Merlin, der hier nicht unbedingt einen positiven Part hat, versetzt Hank Morgan in einen dreizehn Jahrhunderte dauernden Tiefschlaf.

Twain schildert zuerst regelrecht euphorisch die von Morgan eingeführten technischen und sozialen Innovationen, versinkt zu guter Letzt aber fast in Depressionen, als er das mittelalterliche Gemetzel mit modernen Waffen schildert. Wohl nicht zufällig gehörte dieses zu den in Deutschland der Kaiserzeit ignorierten Werken.

Comics: zwei der vor mir liegenden Fassungen zeigen ein von Hal Fosters Eisenherz geprägtem Ritterbild, inklusive der Zeichnungen. Foster zeigte ein kulturelles Umfeld des Hoch- oder Spätmittelalters (ca. 1250 – 1500), im Gegensatz zur Zeitepoche des fünften und sechsten Jahrhunderts, in der er sein Epos angesiedelt hat (Römer, Hunnen), also rund 800 (!) Jahre früher. Hank Morgan spielt ebenfalls zur Zeit des König Arturs, zeichnerisch sehen sie alle wie Kopien der Foster´schen Darstellungen aus. Die IK machen insofern eine Ausnahme, als sie nur das höfische Gepränge, nicht aber Kleidung, Accessoires übernehmen.




Das Titelbild der deutschen Ausgabe (Nr. 188, US-IK Nr. 24, gezeichnet von Sparling) zeigt einen Zweikampf, eher ein seltsames Turnier, in dem der Yankee als Cowboy seinen Gegner bezwingt. Mark Twain wird außen nicht genannt, im Heftinnerin gibt es die übliche Biografie wie schon mehrmals in der Heftreihe gelesen.




Diese Szene wird uns mehrmals begegnen, ich habe sie als durchgehendes Beispiel ausgewählt. Der Text ist selbsterklärend.




Die Zeichnungen sind insgesamt ganz nett, hinterlassen durch ihre Flächigkeit wenig bleibenden Eindruck. Zwar einige Perspektivwechsel, aber Großaufnahmen, dafür wenig Hintergründe. Diese Seite veranschaulicht den Stil Sparlings recht ordentlich.

Wird die nächste Adaption einen „echten“ Mark Twain bringen … lasst euch überraschen – Fortsetzung folgt!

Hulk1104 05.12.2014 06:42

Den kennst du bestimmt auch

http://www.comicguide.de/pics/medium/8960.jpg

Detlef Lorenz 05.12.2014 07:52

Immer diese Vorsager :schorsc2:

Detlef Lorenz 09.12.2014 17:35


Das Titelbild des Bastei Sonderbandes / Berühmte Geschichten Nr. 27 zeigt die Selbe Aktion des Yankee, wie der IK-Titel. Allerdings gegenüber dem Roman falsch, das kommt aber gleich. Immerhin wird der Autor der Vorlage erwähnt, und nicht nur einfach genannt, es heißt: Wieder ein spannendes Abenteuer nach Mark Twain.




Zuerst die Szene wie aus dem IK-Heft: hier sehen wir eigentlich Ritter Gawain und König Artus aus Prinz Eisenherz. Selbst des Ritters Wappen und des Königs Diadem sind penibel kopiert …

Zum Turnier, wie es Twain schildert: Hank Morgan kämpft zuerst gegen Ritter Sagramor, dieser mit der Lanze, Morgan erfolgreich mit dem Lasso. Als Sagramor das Schwert wählt, und nicht erneut mit der Lanze anstürmt, erschießt ihn der Yankee mit dem Revolver. Sagramor ist mausetot und nicht wie im Bastei-Comic, nur gestürzt, als sein Pferd durch den Schuss erschreckt, ihn abwirft und er wütend wieder aufsteht – freiwillige Selbstzensur wie in der Bastei-Ausgabe von der Ballonfahrt Toms, Hucks und Jims.

Immer noch kein vernünftiger „Mark Twain“, aber der nächste vielleicht …

Servalan 10.12.2014 17:53

Der dürfte eher unvernünftig sein, aber ich glaube, Clare Victor Dwiggins (1874-1958) rundet deine Twain-Forschungen ab:
Zitat:

Dwig's first comic strip was Tom Sawyer and Huck Finn (1918), which used more than a half dozen of Mark Twain's characters but employed very little content from his novels. (...) In 1940, he returned to Huckleberry Finn in the pages of Doc Savage Comics and Supersnipe Comics.

Detlef Lorenz 10.12.2014 22:44

@Servalan: siehe #18

Servalan 11.12.2014 00:57

Der Beitrag muß wohl irgendwo in meinem Hinterkopf geschwirrt haben.
Allerdings hat deine Quelle jetzt gut zehn Jahre auf dem Buckel und da kann sich in der Forschung eine Menge getan haben. Ich kann mir gut vorstellen, daß der eine oder andere Irrtum mittlerweile geklärt ist.
Zwischen deinem Post #18 und der Wikipedia gibt es einige Differenzen: Dein Buch von 2003 sagt, Dwig hätte durchgehend gezeichnet, während es bei Wikipedia heißt, er hätte die Twain-Adaption 1940 nach einer Pause wieder aufgegriffen. Hätte ja sein können, daß du ein kleines Update bringst.

Meine 2 ¢.

Ich mag deine Rubrik. :top:

guenkos 11.12.2014 05:41

http://www.toonopedia.com/schoolda.htm
erklärt den Ablauf so:

1918: Dwiggins kreiert Tom Sawyer and Huck Finn bei The McClure Syndicate.
Der Titel ändert sich verschiedene Male, wird u. a. zu The School Days of Tom Sawyer & Huck Finn.

Frühe 30er-Jahre: School Days wird beendet.

1940: Dwiggins verwendet die Figur des Huck für The Ledger Syndicate (Lady Bountiful, Somebody's Stenog) für einige Jahre.

Später in den 40er-Jahren: Er verwendet die gleichen Figuren in Comic Books, die von Street & Smith hergestellt werden. Street & Smith produziert auch Doc Savage.

August 1943: Huck, mit Unterstützung von Tom, startet auf den Rückseiten der Doc Savage Comics und übernimmt vier Monate später sogar das Cover der letzten Ausgabe.

Nach Dezember 1943: Huck wechselt über auf die Rückseiten von Supersnipe.

Oktober 1946: Die letzte Huckleberry Finn-Story erscheint in Supersnipe.

So haben sich seine Figuren also unter verschiedenen Titeln auf unterschiedlichen Plattformen über Jahrzehnte gehalten, mit nicht genau dokumentierten Pausen.

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 486330)
Ich mag deine Rubrik. :top:

Dito!
(Mein Geld behalte ich aber! ;))

Detlef Lorenz 11.12.2014 09:20

@guenkos: super arbeit hier gemacht ...

und dank auch an Servalan und die anderen, die sich hier einbringen :top:

Detlef Lorenz 16.12.2014 14:12




Die zwischen 1974 – 1978 erschienene Reihe „Classicomics“ brachte als Band 3 „Hank Morgan am Hofe von König Arthur“ heraus. Es gibt eine Soft- und eine Hardcoverausgabe, jeweils mit unterschiedlichen Titelbildmotiven. Mark Twain wird auf dem Umschlag genannt, allerdings Marc geschrieben. Der „Verfasser“ des Vorwortes ist sogar Mark Twain, es ähnelt dem im Roman. Allerdings gibt die Redaktion Twain Worte in den Mund, die im Bezug zum vorliegenden Comic stehen: Im zweiten Satz räumt er ein, 1910 gestorben zu sein, indes hindert ihn diese Lappalie nicht daran, dem Verlag Schwager und Steinlein dieses >>Vorwort<< zu schreiben und den Lesern viel Spaß mit den schönen, aber komischen Bildern des Herrn de la Fuente zu wünschen – wie weit er damit recht hat, werden wir gleich sehen.




Da ist erst einmal die Verschwörungsszene, die Hank Morgan und König Arthur sieht, wie sie den Plan aushecken, die Stimmung unter dem Volke zu erforschen (verkleidet wie weiland Harun al Raschid). Keine äußere Ähnlichkeit mit Prinz Eisenherz, Donnerwetter!




An der Tafelrunde mit dem entsprechenden Tisch konnte es sich de la Fuente dagegen nicht verkneifen, den Prinzen dort unterzubringen.






Mit diesem Bild hat er es dann übertrieben, denn wir finden dessen Ursprung fast 1:1 bei Prinz Eisenherz, …




… auf der Sonntagsseite 23 wieder.

Alles in allem sehr schön gezeichnet, inhaltlich allerdings mit einigen Veränderungen: de la Fuente hat Hank Morgans Leben, bevor er seine Zeitreise antritt, in die aktuelle Gegenwart verlegt, in die der siebziger Jahre. Dagegen ist die Turnierszene ziemlich genau adaptiert, allerdings wird das Schicksal des Ritter Sagramore (getötet durch einen Revolverschuss) nicht gezeigt noch erwähnt, dafür wird sein Name in Sir Weapon (!) geändert … na ja, ganz witzig, aber nötig?

user06 16.12.2014 19:21

Donnerwetter, sowohl das Classicomics Album als auch der Eisenherz gehören seit Kindheitstagen zu meiner immer wieder hervorgekramten Lektüre...und trotzdem ist mir dieser Bilderklau nicht aufgefallen...:heul:

guenkos 16.12.2014 19:36

Keeeeiiin Grund zur Beunruhigung! :tatschel:
Das liegt daran, dass man für gewisse Auftritte eine bestimmte Vorstellung hat. Der Comiczeichner jeweils auch.
Der eine Comic erfüllt sie, der andere auch.
Hier ein Colt, dort ein Colt. Sieht immer aus wie ein Colt.
Wer hat den ersten Colt gezeichnet?
Also nicht verwunderlich, dass solche Auftritte nicht als Plagiat auffallen. Wenn sie überhaupt ein Plagiat sind.

guenkos 16.12.2014 19:46

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 487033)
Die zwischen 1974 – 1978 erschienene Reihe „Classicomics“ brachte als Band 3 „Hank Morgan am Hofe von König Arthur“ heraus. Es gibt eine Soft- und eine Hardcoverausgabe, jeweils mit unterschiedlichen Titelbildmotiven. Mark Twain wird auf dem Umschlag genannt, allerdings Marc geschrieben.

Die Softcover-Ausgabe bezeichnet ihn als Mark Twain.
http://www.amazon.de/CLASSICOMICS-Bd.../dp/B0037IRJYM

Detlef Lorenz 16.12.2014 19:51

Zitat:

Zitat von guenkos (Beitrag 487083)
Also nicht verwunderlich, dass solche Auftritte nicht als Plagiat auffallen. Wenn sie überhaupt ein Plagiat sind.

Also, die Rittertruppe mit König Artus an der Spitze ist schon, dezent gesagt, gut abgekupfert und für den Comic-Yankee aus Connecticut verwendet (ohne viel Veränderungen) :D

@Eymen: :wink:

Detlef Lorenz 18.12.2014 09:16

Als Nachtrag das Titelbild der Softcoverausgabe in ORIGINALGRÖßE (@Hulk ;) )





Neben Tom Sawyer und Huck Finn scheint mir der Yankee aus Connecticut von allen nach Mark Twain produzierten Comics am häufigsten als Vorlage gedient zu haben. Ist von mir allerdings eher gefühlt als wirklich recherchiert.

Das war jetzt die vorletzte Folge, der Abschluss dieser Betrachtungen erfolgt demnächst, wahrscheinlich Anfang 2015 :wink:

user06 22.12.2014 13:59

Classicomics
 
Die Softcoverversionen der Classicomics waren in meiner Kindheit unheimlich präsent. Das lag vor allem daran, dass sie auch Jahre nach dem Erscheinen auf den Wühltischen von Plaza und vor allem Woolworth - für uns Kinder "Wollwortt" ;) - zu ermässigten Preisen angeboten wurden.

Die Serie in sehr gutem Erhaltungszustand (1) oder besser und allen Variationen inkl. HC und Sammelband zusammen zu bekommen, ist übrigens recht schwer. Ich habe das nach diversen Versuchen aufgegeben :grumpy:, kann aber mit den gemütlichen Lesezuständen der von mir sehr geschätzen ersten neun Bände mittlerweile gut leben ;).

Detlef Lorenz 14.01.2015 08:28




Das letzte in der Reihe um Comics nach Mark Twain hätte eigentlich an erster Stelle stehen sollen. Aber ich habe mich mehr an den Comicveröffentlichungen orientiert und da war „Huck Finn“ zeitlich eben früher da.

Die „Abenteuer in Wildwest“ sind Erlebnisse Samuel Clemens´ im Westen der USA nach seiner Zeit als Lotse auf dem Mississippi. Seine Hoffnungen auf schnellen Reichtum bei der Gold- und Silberbonanza in Nevada zerstoben allerdings sehr rasch. Clemens erkannte, dass seine Fähigkeiten auf ganz anderem Gebiet lagen. Wie hier in seiner Biografie eingangs erwähnt, fing er bei der „Territorial Enterprise“ in Virginia City als Reporter an. Wie es dazu kam, welche Probleme und Schwierigkeiten er beiseite räumen musste, schildert er im Buch:




Dieses Exemplar sieht am Rücken leider etwas verschlissen aus, aber ein 115 Jahre altes Buch darf auch schon mal leicht ausgefranst sein.




Ein Comicbild aus dem Heft zeigt die selbe Szene wie die Deckelillustration des Romans. Die Zeichnungen des Basteiheftes sind ganz nett, die Story ist so weit wie möglich an den Schilderungen Clemens angelehnt. Der eine oder andere jugendliche Leser wird mit „Jimmy“ oder „Jim“ nicht viel anfangen können. So wird die Hauptfigur genannt. Es handelt sich um Clemens, was wohl die Kurzform von Samuel sein soll. Im Buch kommt diese Redewendung höchst selten vor, aber das wollen wir nicht zu sehr bekritteln. Mark Twain selbst erschien im Comic als Erzähler im Bild und das jeweilige Porträt sieht ihm recht ähnlich. Insgesamt gehört dieser Comic mit zu den besseren Bildgeschichten nach Mark Twain und eine leichte Versöhnung mit etlichen seltsamen und leider auch schlechten Adaptionen stellt sich bei mir ein.

Das war nun der letzte Abschnitt über die Twain-Comics. Wahrscheinlich hat man mein nachlassendes Interesse an diesem Thema bemerkt, die Vorlagen besserten meine Laune nicht auf. Trotzdem hat mir dieses Thema Spaß gemacht, viele Reaktionen der Mitlesenden haben mich wach gehalten. Die nächste Rubrik sollen ja nun endgültig die „Abenteuer der Weltgeschichte“ aus dem Hause Lehning werden, aber ein gestern geschildertes Ereignis im Bezug auf Robinson wird meine Zeit leider etwas beschneiden.

felix da cat 07.02.2015 11:34

Ich weiß, hier geht's um Twain-Comics in Deutschland (mal abgesehen von Post 18), aber einen der besonders gelungenen - zumindest grafisch, verstehe Italienisch nur bruchstückhaft - möchte ich hier dennoch mal verlinken (wenn's hier keinen interessiert, wo sonst? :D).

Die Micheluzzi-Version von Prince & Pauper.

2. Teil

3. Teil

4. Teil

5. Teil

6. Teil

7. Teil

8. Teil

arne 11.05.2015 18:42

Hatten wir das schon? Comic-Biographie zu Mark Twain aus Spanien in der Reihe "Vidas Illustres" (Teil 1):

http://tebeosycomics.blogspot.de/201...-n-089_11.html

arne 12.05.2015 15:54

Teil 2:

http://tebeosycomics.blogspot.de/201...n-2-n-091.html

Servalan 17.08.2015 09:49

Mark Twain wird immer wieder neuentdeckt. Einer der Gründe ist die berühmte Strafarbeit von Tom Sawyer, der den Gartenzaun weißen muß.

Viola Schenz: "Gratisarbeit? Gerne!"
in: Süddeutsche Zeitung (16. August 2015, 15:12 Uhr)
http://www.sueddeutsche.de/karriere/...erne-1.2606785
Zitat:

Wie gut er die Menschen durchschaut, hat Mark Twain immer wieder bewiesen, auch im Roman "Die Abenteuer des Tom Sawyer". Tom wird zum Weißeln des Gartenzauns verdonnert, an einem heißen Samstagnachmittag. Widerwillig legt er los. Die Nachbarskinder sind auf dem Weg zum Baden und machen sich über seine Strafarbeit lustig. Da dreht Tom den Spieß um. Er erklärt ihnen, was für ein Privileg das Zaunstreichen ist, wie viel Verantwortung und Kunstfertigkeit darin stecken. Am Ende weißeln die Nachbarskindern den Zaun, einige geben ihm dafür sogar Geld, und Tom schreitet zufrieden zum See. Er hat erreicht, was er wollte, indem er "Arbeit" neu definierte: Weißeln ist keine Pflicht mehr, sondern eine Spaßaktion. Aus Arbeiten macht er Spielen, also genau das, was die Kinder im Sinn hatten.

"Tom Sawyer" ist 1876 erschienen, und man könnte meinen, Twain habe mit diesem Psychogramm dem folgenden Jahrhundert vorgegriffen. Eigentlich nehmen uns heute ja Maschinen und Computer lästige, unangenehme, zeitraubende Arbeit ab - aber wir nehmen sie gleichzeitig wieder auf uns, willig und unentgeltlich. Wir halsen uns Aufgaben auf, oft unbewusst, die bisher andere erledigt haben - Konzerne, Dienstleister, Behörden.
Ist diese Episode in allen Comicversionen enthalten oder nicht?

Detlef Lorenz 18.08.2015 07:06

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 505298)
Ist diese Episode in allen Comicversionen enthalten oder nicht?

Aus der Erinnerung heraus: ja.

Meine Mark-Twain-Comics sind auf Anhieb nicht mehr verfügbar, entweder wieder ein-, oder aussortiert. Heute morgen habe ich zur Beantwortung deiner Frage als erste die Illustrierten Klassiker gesucht und nur die von Rudl gefunden (da ist Tom Sawyer nicht bei). Hört sich für die bsv-Hefte vielleicht komisch an, immerhin gibt es ja über 200 Hefte, aber ich hab´ da ja nur ein gutes Dutzend - und das kann sonst wo liegen. Mein Zimmer ist zwar weitgehend fertig, aber vieles noch nicht beschriftet. Wenn sie demnächst auftauchen, schaue ich da auch noch rein, ansonsten ... siehe meine erste Aussage. Immerhin ist diese Szene fast die bekannteste aus dem Roman, da wäre es ja leichtsinnig, diese nicht zu bringen - aber Comicredakteueren könnte man auch so was zutrauen :rolleye:

Durango 18.08.2015 16:00

Eine wundervolle Ausgabe von Tom Sawyer ist im Bertelsmann Lesering (Mohn)
1963 erschienen mit Bildern und Zeichnungen von Horst Lemke. Einige sind in Farbe ,die meisten in s/w Erinnern schon fast an Comics ohne Sprechblasen. Auch eine Anmerkung von Mark Twain aus dem Jahre 1876 also 40 Jahre nach der Zeit in der die Handlung stattfindet wurde abgedruckt (Siehe unten) Hier äußert sich Mark Twain über seine Motivation wofür er dieses Buch geschrieben hat, und warum es nicht nur für Kinder ist.


falkbingo 18.08.2015 16:43

Danke für den Buchtip. ;)

Durango 18.08.2015 17:46

Stelle gerade fest,daß der genaue Buchtitel "Tom Sawyers Abenteuer" heißt, nicht "Tom Sawyer",darunter findet man auch Angebote

Detlef Lorenz 18.10.2016 08:41

Mark Twain – Tom Sawyer – Walter Trier


Im neusten „Alfonz“ wird in der Kolumne „Die obligatorische Kampfszene“ über das Comic-Buch „Das doppelte Lottchen“ von Isabel Kreitz nach Erich Kästner gestritten. Es geht hierbei auch um den Vergleich von Kreitz mit dem damaligen Illustrator Walter Trier. Dem einen – Ralf Trommler – erscheint eine Annäherung an Trier zu weit hergeholt, Trier ist für ihn „charmanter und Frecher“. Dem anderen – Stefan Svik - ist der Comic „ansprechender gezeichnet als Triers Illustrationen“…


Beim Lesen dieses Zwiegespräches fiel mir eine Erwerbung zu meiner Mark-Twain-Sammlung ein: Es ist eine Ausgabe von „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ im Williams & Co-Verlag / Berlin, vom Oktober 1947! ein. Das im A4-Format herausgegebene Buch im gehefteten Format ziert auf dem Umschlag eine Abbildung der Hauptfiguren Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Dieses Motiv und die weiteren Illustrationen des Buch/Heftes sind allesamt von Walter Trier. Ich persönlich finde sie in der Tat „charmant“, auch dem Zeitrahmen der Handlung sehr gut angepasst.








Das hier gezeigte und geschriebene hat natürlich nichts mit Isabel Kreitz zu tun, ich fand es aber so interessant, das ich hier darüber berichte. Das Trier Twain illustriert hat, war mir unbekannt und darum habe ich mir diese Ausgabe zugelegt. Der Menge der immerhin 65 Textseiten ist weitgehend identisch mit der der Ausgabe des Romans im Robert Lutz Verlag von 1897. Beim Querlesen habe ich nur geringfügige Textveränderungen festgestellt. Beispielsweise: „Die alte Dame zog ihre Brille gegen die Nasenspitze herunter und starrte darüber weg im Zimmer herum.“ Dieselbe Textzeile liest sich 50 Jahre später so: „Die alte Dame schob ihre Brille fast auf die Nasenspitze hinunter und schaute über sie hinweg im Zimmer umher.“ Das zweite Beispiel klingt etwas weicher in der Formulierung, ansonsten finde ich keinen wesentlichen Unterschied. Selbst einen heutzutage politisch völlig inkorrekten Begriff findet man in beiden Ausgaben, es ist der „Nigger“.
Interessanterweise gehörte der Williams & Co. Verlag einer Cecilie Dressler. „Das doppelte Lottchen“ von Isabel Kreitz ist nämlich ebenfalls im Dressler Verlag erschienen. Der Williams Verlag wurde 1924 von Edith Jacobsohn, der Ehefrau des „Weltbühne“-Herausgebers Siegfried Jacobsohn gegründet. Beide emigrierten nach 1933 und Cecilie Dressler bekam den Verlag überschrieben. Spezialisiert war er auf englischsprachige Kinder- und Jugendbücher. Dazu passt die Vorschau auf der letzten Umschlagseite des Tom Sawyer Buches/Heftes, in der die bisher erschienenen Titel genannt werden. Es waren „Pu der Bär“, von A.A. Milne, „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner, mit Illus von Trier?, den hier vorgestellten „Tom Sawyer“ und „Heidi“ von Johanna Spyri. Seit 1971 gehört der Verlag zum Oetinger Verlag Hamburg („Pippi Langstrumpf“). Wem es übrigens noch nicht aufgefallen sein sollte, der Preis des Buches/Heftes betrug RM 1,50, kam also noch vor der Währungsreform heraus, zweieinhalb Jahre vor der Gründung der Bundesrepublik und genau zwei Jahre vor dem Beginn der DDR heraus. Die Reihe erschien noch mit der Genehmigung der Nachrichtenkontrolle der Amerikanischen Militärregierung mit der Lizenz Nummer B 209.


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