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Detlef Lorenz 04.04.2016 10:03

Nummer 17


Der Läufer von Marathon – Um Griechenlands Freiheit





Dieses Heft beinhaltet den 2. Teil einer Trilogie über die „Perserkriege“, den Kampf um die Unabhängigkeit der griechischen Kleinstaaten gegenüber dem übermächtig erscheinenden Perserreich. Nun müsste allerdings das vorliegende Heft das erste in der Reihenfolge sein, beschäftigt es sich doch mit den Geschehnissen um 490 v.d.Z. Band 15 (Verrat am Thermopylen-Pass) schildert einen späteren Versuch der Perser, auf der westlichen Seite der Ägäis endgültig Fuß zu fassen, nämlich um 485 v.d.Z. Hoffentlich hat sich der Autor, eventuell immer noch Hans-Jürgen Linden (?), nicht durch die absteigenden Jahreszahlen irritieren lassen …

In diesem Geschichtsabschnitt geht es um die berühmte Schlacht beim nicht minder berühmten Ort Marathon. Dort haben die Athener unter ihrem Anführer Miltiades ein an Zahl überlegenes persisches Heer geschlagen. Damit verhinderten sie einen weiteren Vormarsch der Perser über Land auf Athen zu. Die persische Invasionsflotte, die zuvor die Insel Euböa eroberte, fuhr nach der Niederlage des Landheeres nach Athen weiter. Miltiades eilte mit den Soldaten im Eilmarsch die gut 40 Kilometer nach Athen und erreichten die Stadt, kurz bevor die Perser anlangten. Nun waren die Verteidiger im Vorteil und die Invasionsflotte zog ab.





Habe ich etwas vergessen? ach ja, den Marathon-Läufer. Im Heft wird sein Name mit Diomedon angegeben, gefunden habe ich desweiteren Thersippos oder Eukles, aber es ist egal, welcher Name genannt wird: sie dürften alle falsch sein! Der zeitlich am nächsten der Schlacht von Marathon lebende und berichtende antike Historiker war mal wieder Herodot. Ungefähr 50 Jahre später entstand sein Bericht und er nennt einen Läufer Phedippies als Bote nach … Sparta. Der sollte die Spartaner zur Beteiligung an den Abwehrkämpfen auffordern. Sie sagten zwar zu, aber erst nach dem Ablauf eines religiösen Festes und erschienen so zu Schlacht überhaupt nicht. Also eilte der Bote nach Athen zurück und legte für die Strecke von ca. 245 Kilometer hin und zurück in jewils 2 Tagen, ohne tot zusammen zu brechen. Das war auch kein Wunder, denn solche Läufer waren als Boten in der griechischen Antike die Regel. Vielleicht war der Marathon-Läufer krank, oder nicht in Form, jedenfalls brach dieser auf den Stufen des Tempels mit den Worten: „Wir haben gesiegt!“ tot zusammen. Um der Wahrheit Genüge zu tun: es ist alles erfunden! Denn erst gut 500 Jahre nach der Marathon-Schlacht schildert Plutarch und noch einmal 100 Jahre später Lukian dieses Ereignis. Aber es hörte sich so spannend und heroisierend an, dass die Tat des fiktiven Läufers von Marathon in der Gegenwart als Olympischer Wettkampf seinen Einzug fand.

Was gibt es aus dem Heft noch zu berichten: gleich auf der 2. Umschlagseite sind die Untertexte der Abbildungen für Diomedon und Artaphernes (persischer Oberbefehlshaber) vertauscht worden, banal.

Ein grober Fehler hingegen sind die dargestellten Schiffstypen der persischen Invasionsflotte. Solche Kriegsschiffe hat es zu diesem Zeitpunkt im Mittelmeer nicht gegeben, egal welcher Partei sie angehörten. Sind sie teilweise mit Lateinersegeln versehen, was hier nicht erkennbar ist, diese aber erst frühestens für das erste Jahrhundert v.d.Z. nachgewiesen werden können. Vorherrschend für die Kriegsschiffe zur Zeit der Perserkriege – und in leicht abgewandelter Form, bis ins 2. und 3. Jahrhundert n.d.Z. - war der hier abgebildete Schiffstyp aus dem Comic Der Namenlose Pirat und das hat schon einen anderen Charakter, als die im Comic eher Handelsschiffen ähnelnden Persersegler.




Nachtrag zum Heft 15 und den dort gezeigten Schiffstypen: diese sehen erstaunlicherweise den gebräuchlichen Kriegsschiffen recht ähnlich. Sie haben keine flott geschwungene Bordwand, einen horizontalen Decksaufbau, allerdings auch Lateinersegel. Auf der Seite 9 ist zu lesen: „In den dicken Leibern der Trieren legen sich die Ruderknechte in die Riemen, dass sie sich fast durchbiegen.“ Sofern ich nichts übersehen habe, sind hier alle Schiffstypen, griechische wie persische, mit nur einer Ruderreihe abgebildet ausgestattet, statt mit deren 3 übereinander. Ich denke mal, der Zeichner, auch hier Herbert Hahn, wird sehr wohl um dieses Detail gewusst haben, allerdings aus praktischen Gründen nur je eine Ruderbank gezeichnet haben, wie die nur 4 Finger uns bekannter anthropomorpher Tiere -

Auf der weiter oben abgebildeten Doppelseite sieht man ein Täuschungsmanöver der Athener, die in der Stadt ohne ihre Armee ausharren mussten. Sie besetzten deshalb die Stadtwälle mit wenigen Leuten und können damit die Anwesenheit der ganzen Heeresmacht vortäuschen – wäre nicht notwendig gewesen, denn … siehe oben. Enttäuscht ziehen die Perser auf ihren Schiffen ab, mit Kurs auf Persien. Diese Chance hätte sich der Autor des vorliegenden Heftes nicht nehmen lassen sollen und darauf hinzuweisen, dass es zu dieser Zeit einen „Sues-Kanal“ gegeben hatte. Dieser, auch „Ismailia-Kanal“ genannt, weil vom Nil zum Roten Meer, wurde vom Pharao Necho im 6.Jahrhundert v.d.Z. begonnen von den Persern unter Darius (549-486v.d.Z.) fertiggestellt.

Auf der Landkarte der letzten Comicseite sind einige Städte Griechenlands eingezeichnet, leider nicht der namensgebende Ort für das antike Geschehen …
Herbert Hahn hat das Heft gezeichnet, mit klarem Strich, guter Bildkomposition, auch die Anatomie beherrschte er perfekt. Selbst der schwarz/rote Farbton stört den positiven Gesamteindruck nicht.

Detlef Lorenz 11.04.2016 22:05

Nummer 18

Der Schatz des Ministers





Das vorliegende Heft muss im Jahre 1661 in Frankreich spielen. In diesem Jahr wurde der Finanzminister Foucquet auf Anweisung König Ludwigs XIV verhaftet. Aber nicht krimineller Delikte wegen, z.B. wegen unrechtmäßiger Bereicherungen, konspirativer Kontakte zu Spanien, wie im Heft beschrieben, sondern aus purem Neid und Missgunst seiner Majestät wegen. Ludwig konnte es nicht ertragen, dass jemand reicher war als er selbst und sich zudem nicht scheute, es öffentlich zu zeigen. Also wurde er kurzerhand verhaftet, ihm der Prozess gemacht, der aber nicht das vom König gewünschte Urteil erbrachte: Statt zum Tode verurteilt zu werden, wurde es nur eine lebenslange Verbannung inklusive der Konfiszierung des Vermögens selbstverständlich. Ludwig intervenierte und Foucquet musste 18 Jahre in einer Festungshaft verbringen, wo er dann starb.

Das Heft macht aus der Historie eine Geschichte, die eher zu einer 3 Musketiere-Story passen könnte. Nicht ganz zufällig natürlich, denn der Finanzminister wurde von niemand geringerem als Charles d´Artagnan verhaftet. Ihn hat es nämlich tatsächlich gegeben und sein Leben wurde zuerst um 1700 von Gatien de Courtilz de Sandras’ Roman Les mémoires de M. d’Artagnan. Dieser wiederum inspirierte Dumas zu seinen Historienromanen, die weitaus populärer als der seines Vorgängers wurde – aber das nur am Rande.

Auf der 2. Umschlagseite sind die Hauptakteure der Geschichte abgebildet (wie üblich). Neben König Ludwig (Louis), sind es natürlich der Finanzminister Foucquet, ein Graf Alberti, der Chef der königlichen Geheimpolizei, sowie ein Kapitän d´Armand, ein Gardeoffizier und Freund des Schatzministers. Als Hauptperson mit freundlichen Gesichtszügen – und blond natürlich – Graf Isigny nicht nur aus der Normandie, sondern normannischer Abstammung. Also ein Kerl aus echtem Schrot und Korn. Treu und Loyal dem König gegenüber. Er rettet den riesigen Schatz, den Foucquet durch d´Armand nach Spanien vor dem Zugriff Albertis retten will, wobei der letztere ihn für sich haben will. D´Armand dagegen will Oberbefehlshaber eines Heeres zu werden, das mit dem Schatz aufgestellt und finanziert werden soll um Frankreich zu überfallen und den König zu stürzen. Also insgesamt eine ziemliche Räuberpistole.

Zu diesen ganzen Verschwörungs- und Verwicklungstheorien habe ich nichts gefunden, vielleicht auch nur nicht genügend recherchiert. Aber nehmen wir es einmal als nette Story hin, schließlich sind die Erlebnisse der 3 Musketiere, mit Ausnahme der vorkommenden historischen Persönlichkeiten einschließlich der 3 Musketiere selber, auch pure Phantasie.





Eugen Blumentritt hat es nach einem Plot (vermutlich wie immer von Linden), recht düster in schwarz/rot in Szene gesetzt. Es überwiegen Porträtzeichnungen mit wenig Hintergründen. Auf den Comicseiten habe ich diesmal nicht so viel „Prinz-Eisenherz-Vorlagen“ gefunden, wie es für Blumentritt sonst üblich ist. Die abgebildete Comicseite zeigt unten rechts seine Unterschrift, deshalb habe ich sie gewählt.

Hinnerk 11.04.2016 23:45

Die klassische Pose von Ludwig hat der Eugen ja einigermassen hingekriegt:


https://upload.wikimedia.org/wikiped..._of_France.jpg

Wer braucht schon Oberschenkel?

Detlef Lorenz 15.04.2016 08:29

Nummer 19


Alexander der Große – Ein Weltreich zu Füssen





Mit den Begriff „Weltreich“ gingen die Autoren/der Autor* der Abenteuer der Weltgeschichte recht großzügig um: schon im ersten Heft hieß es doch: „Ein Mann erobert ein Weltreich“. Gemeint war da das mittelamerikanische Aztekenreich, dass bei aller Stärke nur lokale Bedeutung hatte. Hier ist es ebenfalls so, von einem begrenzten Kontakt mit einem indischen Heer abgesehen, beschränkte sich der Machtbereich Alexanders – und vor ihm das der Perser – auf das östliche Mittelmeer und den vorderasiatischen Raum. Wenn auch die griechisch/mazedonische Kultur für zwei Jahrhunderte dominant wurde (im Nahen Osten, im Oströmischen Gebiet noch einige Zeit länger), ist bis auf ein paar Ruinen und die Stadt Alexandria nichts mehr davon vorhanden.

Dieses Heft ist sozusagen der Schlusspunkt der Trilogie um die Auseinandersetzung der Griechen – und Mazedonier – gegen die Perser. Nun sind es die Mazedonier und griechische Verbündete, die zum Gegenangriff übergingen. 334 v.d.Z. griff Alexander in die Gefechte an der Küste Kleinasiens ein, besiegte am Granikos ein erstes persisches Heer (dem auch 20 000 griechische Söldner angehörten) und befreite die Küstenstädte von der persischen Herrschaft. In Gordion zerschlug er den berühmten Knoten. Bei Issos (333) schlug das makedonisch/griechische Heer das der Perser im Beisein Dareios lll, dem persischen Großkönig. Dareios bot Alexander die Hälfte des Reiches an, neben der Hand seiner Tochter, aber der Makedone lehnte bekanntermaßen ab. Über Tyros (erobert), Gaza (erobert) gelangte er nach Ägypten (ergab sich kampflos). Dort gründete er Alexandria, die erste Stadt einer weiteren Reihe.

Es ging zurück nach Tyros, hier erhielt er Verstärkung aus Mazedonien und Thrakien. Mit insgesamt 40 000 Fußsoldaten und 7 000 Reiter ging es weiter, ins persische Kernland. Dareios hatte inzwischen eine weitere Armee aufgestellt, über deren Stärke keine genauen Angaben zu bekommen sind. Klar ist, dass Dareios Heer sehr groß sein musste, allein die Kavallerie dürfte fast der Stärke des Alexander-Heeres betragen haben. Allerdings waren sehr viel unausgebildete Soldaten dabei, die höchstens in ihren schieren Anzahl hätten entscheidend werden können.

Bei Gaugamela erfolgte 331 der letzte und endgültige Zusammenstoß um die Herrschaft über Asien – wie es damals in völliger Verkennung der tatsächlichen Ausdehnung des Kontinents in nördlicher und östlicher Richtung hieß. Um es kurz zu machen, trotz seiner Überlegenheit geriet Dareios in Panik, als er Alexander und seine Reiterei auf sich zukommen sah, flüchtete und daraus resultierte bei den Persern und Verbündeten eine Massenpanik. Alexanders Taktik war aufgegangen und das Persische Reich lag ihm zu Füssen – auch wenn er noch bis an die Westgrenze Indiens seinen Feldzug weiterführte.




Der Grund, warum ich hier aufhöre, ist der, auch der Comic endet bei Gaugamela. Hier allerdings in einer völlig absurden Abfolge: Die Perser sollen über eine Million Mann unter Waffen gehabt haben, die Mazedonier Sichel-Kampfwagen auf denen Alexander selbst in die Schlacht fährt. Als es um die Mazedonier schließlich schlecht aussieht, weil Dareios halt über unerschöpfliche Reserven verfügt, stürzen sich plötzlich Beduinen auf die Perser, was eine Wende zugunsten Alexanders bewirkt. Als Erklärung muss ein verbannter General herhalten, der trotz Verleumdung zu Alexander gehalten hat und die Beduinen als Verbündete in den Kampf geführt hat. Seltsam, aber so steht es geschrieben …

Die Handlung des Heftes dreht sich im großen Umfang überhaupt um Verschwörungen, Königsmord, Verleumdungen, Intrigen, usw. Dies alles ist von Lothar Linkert, in schwarz/rot, wie üblich insgesamt recht mäßig in Szene gesetzt. Allein schon das Titelbild, wenn der Leser darauf noch einmal sein Augenmerk richten möchte: Da sieht man einen Kopf, allem Anschein nach der Alexanders, aber wo ist sein Körper geblieben? Unter der Decke jedenfalls scheint er nicht zu liegen!
*hier ist natürlich Hans-Jürgen Linden gemeint.

Detlef Lorenz 20.04.2016 21:08

Nummer 20


Die Türken vor Wien – Eine Stadt verteidigt Europa





So ganz abwegig ist der Untertitel „Eine Stadt verteidigt Europa“ nicht von der Hand zu weisen: wer weiß, wie die Geschichte nach 1529 weitergegangen wäre, wenn den Türken unter Sultan Süleyman ll, im Heft Soliman genannt, die Einnahme Wiens gelungen wäre.

Der Reihe nach: 1453 gelingt den Türken die Eroberung Konstantinopels und damit ist das Oströmisch/Byzantinische Reich Geschichte. Die Angriffskraft des Osmanischen Reiches (nach Osman l, dem Gründer des türkischen Staates), ist danach ungebrochen. Als die Türken am 27.September Wien komplett eingeschlossen hatten, standen den inklusive Tross rund 150 000 Angreifern, nur etwa 17 000 Verteidiger gegenüber. Streitigkeiten, religiöser und politischer Art, was kaum zu unterscheiden ist, verhinderten eine größere Anzahl von Hilfstruppen des Reiches. Trotzdem gelang den Türken nirgends eine Überwindung der schon etwas brüchigen Stadtmauern. Auch unterirdische Attacken schlugen fehl, große, mit Wasser gefüllte Bottiche zeigten mit leichten Wellenschlag Vibrationen, die durch die Grabungsarbeiten verursacht wurden. Dann gingen die Verteidiger in den Untergrund und schlugen die türkischen Mineure zurück. Selbst die an Zahl weit überlegene Artillerie (300 gegen gut 70 wienerische) war nicht ausschlaggebend, da es sich türkischerseits nur um leichte Geschütze handelte. Die starken Belagerungskanonen waren im herbstlichen Schlamm der sich im schlechten Zustand befindlichen ungarischen Straßen steckengeblieben. Diese waren auch der Grund für den überaschenden Abzug nach noch nicht mal einem Monat (15. Oktober) Belagerung und vergeblichen Angriffsversuchen, denn Nachschub kam nicht durch.

Im Heft wird das alles recht anschaulich geschildert, wobei das Hauptaugenmerk auf einen Graf Wolfsburg* als handlungstragender Person liegt. Diesen habe ich bei meinen Recherchen nicht gefunden, gehe also erst einmal von einer fiktiven Person aus. Ansonsten stimmt so ziemlich alles, wenn auch Wolfsburg an vielen Aktionen in vorderer Linie beteiligt war – aber was soll´s. Es wird natürlich vieles übertrieben, so dass die Verteidiger besser dastehen, ohne ihre „Leistung“ abwehrten zu wollen.




Das interessanteste am Heft war für mich aber die Beteiligung der es herstellenden Personen: vom Texter abgesehen, der wieder Hans-Jürgen Linden gewesen sein dürfte (immer der selbe Stil, der gleiche Anfang), teilten sich die Zeichnungen die zwei bisher am häufigsten aktiven Zeichner. Lothar Linkert und Helmut Hahn sind die Akteure, erkennbar an den Signaturen beider Zeichner. Deutlich sind sie an der abgebildeten Beispielsseite unten rechts zu sehen. Vom fertigen Produkt ausgehend, vermute ich, dass Linkert die Vorzeichnung erstellt hat und Hahn getuscht.** Warum das so geschehen ist, kann nur spekulativ beantwortet werden. Keine Zeit von einem von beiden, keine Lust, andere besser bezahlte Jobs in Aussicht? Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass von Linkert nur noch ein Heft folgte (die Nr. 21), für Hahn war es das letzte Comic Heft für die Reihe „Abenteuer der Weltgeschichte“.

*Ist das etwa ein Hinweis auf den Wohnort einer der beiden Zeichner – so ganz von der Hand zu weisen ist das wohl nicht.
**Steht so jetzt im Widerspruch zur Illustrierten Deutschen Comic Geschichte, aber ich denke, es ist hier so richtig gedeutet.

Detlef Lorenz 26.04.2016 15:34

Nummer 21


Stützpunkt Arktis – Männer im ewigen Eis





In diesem Heft geht es um die Festlegung und Sicherung einer Flugroute über den Nordpol. Mit diesem Kurs würden sich die Zeiten – und Kilometer – von Kontinent zu Kontinent erheblich verkürzen. Also erwartete ich eine, zwar dramatisch geschönte, Schilderung zur Geschichte der heutzutage selbstverständlichen Abkürzung über den Nordpol. Das Vorwort, das für mich immer ein Indiz für die Zuverlässigkeit des kommenden Stoffes ist, versprach auch interessantes. Im Gegensatz dazu musste ich dann ein reines Märchen lesen, einen simplen und, an den Tatsachen weit, weit vorbei geschriebenen Comic!

Da will ein Captain Brand vom Militärflughafen Portland (1) in Alaska bei einem Routineflug über der Polregion eine Insel entdeckt haben. Bei späteren Nachprüfungen stellte man fest, dass diese Insel in Wirklichkeit eine gigantische treibende Eisscholle ist (2). Diese sollte nun als Stützpunkt für die Polarroute dienen, Flugzeuge leiten und als Behelfsflughafen dienen. Einige „dramatische“ Zwischenfälle bei der Errichtung der Basis auf der schwimmenden Eisscholle (ich wiederhole das so gerne), bei der auch große, sehr große Flugzeuge, wie eine viermotorige DC-4, Material dort hin transportierten.




1: Ich habe in ganz Alaska keinen Ort namens Portland gefunden, dabei bin ich auf einer Liste bis zum kleinsten bekannten, mit 2 Einwohnern runter gegangen (Painunit – wenn ich mich nicht verlesen habe). Dabei soll er sich bei Portland um einen Flottenstützpunkt handeln, in dem ein Schlachtschiff, die Missouri, Kreuzer, U-Boote und Zerstörer von einer, auch hier imaginären, Alaskaflotte stationiert sind.

2: Zum Einen erinnert mich das sehr an den Vorkriegsspielfilm „F.P.1. antwortet nicht“, da sollte ein stationärer gigantischer Flugzeugträger als Zwischenlandemöglichkeit im Atlanktik dienen. Ist von der technischen Entwicklung rasch überholt worden. Außerdem, was heißt hier treibende Eisscholle? Wie wir seit Nansen (Heft 12) wissen, ist die ganze Nordpolare Eismasse in stetiger kreisender Bewegung um den Pol herum. Da kann es auch keine bemerkenswerte Eisscholle geben, alles Eis ist irgendwie zusammenhängend.

Der ganze Inhalt ist schlichtweg Unsinn, hat nichts mit „Bilderhefte voll Spannung und Wissen“ (so die Werbung) zu tun. Ist sein Geld nicht annähernd wert, jedenfalls nicht unter dieser Prämisse. Zusätzlich ist das Heft von Lothar Linkert …

P.S. Die ersten kommerziellen Flüge via Polarroute fanden 1954 mit der SAS zwischen Kopenhagen und Los Angelas statt. Nicht nur mit einer, sondern gleich 2 Zwischenlandungen in Söndre/Grönland und Winnipeg/Kanada. Das Heft, vom Februar 1955 war so gesehen ziemlich dicht an Geschehen, wenn auch inhaltlich ziemlich seltsam, aber so steht es auch diesmal geschrieben.

Detlef Lorenz 29.04.2016 15:02

Nummer 22 Im Lande des Inka – Pizarro gegen Atahualpa





Das vorliegende Heft, Ende Februar 1955 erschienen, wartet mit gleich mehreren positiven Überraschungen auf: die Wichtigste, endlich sind die unansehnlichen Schmuckfarben rot und blau verschwunden. Der Druck wird ab jetzt mit schwarzer Farbe bewerkstelligt. Zudem ist nach langer Zeit mal wieder Eugen Blumentritt als alleiniger Zeichner vertreten. Im Vergleich zu seinem letzten Heft, der Nummer 18, kommen hier seine teils filigranen Zeichnungen viel besser zur Wirkung. Auch wenn er erneut etliche Anleihen beim Prinz Eisenherz genommen hat, sein Stil ist sicherer geworden.






Die oben stehende Abbildung der Seite 23 zeigt interessante Aspekte. Der erste Streifen ist aus Prinz Eisenherz, aber aus welcher Sonntagsseite? In der rechten unteren Ecke der ersten beiden Streifen hat er seine Initialen eingefügt, EB. Auf der Abbildung weiter unten, der Seite 29, eine eindrucksvolle ganzseitige und querformatige Schlacht(en)szene finden wir seinen hier ausgeschriebenen Schriftzug ebenfalls unten rechts.
Der Titel des Heftes „Im Lande des Inka“ erfreute mich, immerhin heißt es hier völlig zu recht „des Inka“. Schließlich handelte es sich um einen Titel, der später auf das ganze Volk umgedeutet wurde, aber eben noch nicht zu diesem Zeitpunkt. Bisher war es in der Reihe des Öfteren üblich, die Geschichten nicht abzuschließen, das behandelte Geschehen wurde nicht zu Ende erzählt. Hier ist es genau umgekehrt: Die Handlung setzt ein, als der Inka Atahualpa bereits von den Spaniern festgesetzt wurde und für seine Freilassung einen ganzen Raum voll Gold anbot, etwas was die Konquistadoren in Südamerika schließlich gesucht hatten. Ich zitiere mich hier ausnahmsweise einmal selber und zwar aus der Sprechblase 148, in der Teil 1 meiner damaligen Beschreibung der Serie schon einmal lief – nur nicht so ausführlich und jedes Heft behandelnd, wie hier. Wenn es mir unpassend erscheint, kürze oder verändere ich den damaligen Text etwas, das wird aber erkennbar sein.

In den bisherigen Heften, z. B. der Nummer 1, wurde zwar die Goldgier der spanischen Eroberer herausgestellt, aber immer wurde versucht, ihnen hehre Motive zu unterstellen. Zitat: „Das inhaltlich völlig anderes möglich war, zeigt der (vorliegende) Band. Hier zeigt Blumentritt unverblümt die Habgier der Spanier, die es ausschließlich auf das Gold der Inkas angesehen haben (der Raub- und Vernichtungszug des Cortez in Mexico war ihnen da ein Vorbild, dieser war schließlich ein Verwandter Pizarros). Er scheut sich auch nicht, den Kulturfrevel zu schildern, die den gesamten Gold- und Silberschatz der Einfachheit halber eingeschmolzen haben, da er so leichter zu transportieren war. Auch die hinterlistige Art und Weise , wie die Spanier mit Atahualpa umgesprungen sind, wird fast genüsslich geschildert. Die spanischen Hauptleute überlegen, wie sie mit dem Inka nach der Zahlung des Lösegoldes weiter verfahren wollen. „Wenn der Inka frei ist, wird er das Volk gegen uns aufrufen und sich die Schätze wieder holen.“ Das macht Pizarro nachdenklich: “Wenn ich ihn aber nicht freilasse, holt sich vielleicht das Volk seinen Kaiser.“ Aber Riquelme hat einen Plan. „Wir bezichtigen ihn des Verrats und stellen ihn vor ein Gericht. Dann wird er zum Tode verurteilt und das Recht ist auf unserer Seite.“ Es versteht sich von selbst, dass der Inka wenige Bilder weiter vor dem Inquisitionsgericht den spitzfindigen Fragen und Winkelzügen der Spanier nicht gewachsen ist … und den Tod durch Erdrosselung erleidet. Weshalb wird nun das spanisch/katholische Raub- und Machtgebaren so anschaulich geschildert, während die zwar zuerst auch katholischen, aber die nach der Reformation protestantisch/preußischen Eroberungszüge eher wohlwollend geschildert werden? Da der selbe Zeichner derart gegensätzliche Texte bearbeitet, drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass die Zeichner zwar die Episoden und wohl auch einen gewissen Text vom zuständigen Redakteur zur Verfügung gestellt bekamen, aber die endgültige Bearbeitung im Verlag stattfand. Und hier war es entweder Hans-Jürgen Linden oder (inzwischen und nicht im Impressum vermerkt) Dr. Knoop. Zitat Ende.

Das war meine damalige Sichtweise der Dinge und ich kann da immer noch zu stehen. Einen Punkt habe ich im letzten Satz in Klammern gesetzt, der damals nicht dort stand. Für die Heftreihe war inzwischen, womöglich mit diesem Heft, ein Wechsel des Redakteures vonstatten gegangen. So weit wie ich informiert war und bin, schied Linden aus und wurde durch Dr. Knoop ersetzt. Die Begrüßung der Leserschaft hier und in anderen Lehning-Heftserien „Euer Hans-Jürgen“ war nur noch ein fake, häufig wurde es auch von Frau Reuter, der Chefsekretärin in Hannover verwendet. Woher ich diese ganzen Infos habe, entzieht sich heutzutage meiner Kenntnis, ich habe damals leider vergessen, entsprechende Quellenangaben zu machen :grumpy:



Diese Abbildung kommt mir auch irgendwie bekannt vor, eventuell die „Alexanderschlacht“, im Ausschnitt und Hintergrundmäßig bearbeitet natürlich.


Zurück zum Heft: Nach der Zahlung des unglaublichen Lösegeldes wird der letzte Widerstand der „Inkas“ geschildert und die internen Machtkämpfe der Spanier um die Beute um die alleinige Macht im indianischen Reich. Ähnliches war schon in Mexico passiert, warum sollte es hier anders sein. Das Heft endet mit dem Tode Pizarros bei einer Revolte kaltgestellter spanischer Truppenteile. Alles in allem hat es mir gut gefallen und macht Neugierig auf das folgende, das wiederum von Blumentritt gestaltet wurde.

Zum Schluss die üblichen und notwendigen Zahlenangaben: Nachdem Pizarro erstmals 1526-28 im nördlichen Südamerika Raubzüge erfolgreich durchgeführt hatte, erhielt er von Karl V die Erlaubnis für weitere Erkundungen und Eroberungen weiter südlich, also im Inka-Reich durchzuführen. 1532 landete er im Norden Perus mit rund 300 Mann. Atahualpa verfügte über tausende von Kriegern, aber die Spanier waren nicht nur besser bewaffnet, sie hatten auch Pferde, Kanonen und Musketen, die zusammen genommen die Überlegenheit der Angreifer ausmachten. Nach den Siegen auch gegen den letzten Inka, Manco Capac, bekriegten sich die Spanier untereinander. Almagro revoltierte gegen Pizarro, unterlag, aber der Sieger wurde bei einer Meuterei der Unterlegenen 1541 getötet. Soweit die Fakten und nichts anders steht im Heft!

P.S. Bei meinen Netzrecherchen zu Pizarro wurde ich überwiegend auf einen gewissen „Claudio“ statt Francisco verwiesen …

Servalan 29.04.2016 16:02

Schönreden läßt sich da wenig: Nach heutigen Maßstäben wäre Pizarro ein skrupelloser Warlord, weniger ein romantischer Glücksucher.
Dennoch hat sich in den letzten Jahrzehnten der Fokus leicht verschoben.

Den Kenntnisstand der Geschichtswissenschaften Mitte der 1950er kann ich heute nicht beurteilen. Aber schon im entsprechenden Band (12) von Kindlers Kulturgeschichte Europas wird darauf verwiesen, daß die Suche nach einem Eldorado quasi von Beginn eingepreist war. Die Eroberer und "Entdecker" waren nämlich keine Angehörigen der regulären Krone, sondern outgesourcte Hilfstruppen (ähnlich wie heute Söldner von Haliburton & Co.).
Als Chef des Unternehmens hatte Pizarro vor allem eine Unsumme Schulden bei der Krone, und seine Untergebenen mußte er aus eigener Tasche durchfüttern. Die meisten von denen waren ebenfalls maßlos überschuldet. Seine Gier war lediglich der Ausdruck seiner prekären Zwangslage.
In neueren Filmen wie Darren Aronofskys The Fountain wird das offen ausgesprochen.

user06 29.04.2016 18:16

@ Detlef Lorenz: :danke: für diesen hochinteressanten Beitrag. Das Heft 22 habe ich mir davon angeregt eben antiquarisch bestellt und freue mich schon auf das Lesen.

Hinnerk 29.04.2016 19:43

Das Prinz-Eisenherz-Vorbild für das erste Panel findet sich auf Sonntagseite 127. Allerdings nur die Figur, nicht der Hintergrund.

Detlef Lorenz 29.04.2016 20:16

Das befestigte Lager findest du, in besserer Qualität, auf der Seite 140. Sicherlich hat jeder seinen Prinz Eisenherz zu hause und kann die Unterschiede des liegenden Spähers erkennen: Blumentritt hat nicht bloß abgekupfert, er hat seine Figur grafisch den Gegebenheiten angepaßt. Da gab es ganz andere Koryphäen: Fritz Tasche z.B. hat für seine Robinsonfassung bei Nickel - schlecht - abgekupfert und sich nicht die Mühe gemacht, eigenständiges herauszuarbeiten. Da war Blumentritt schon besser.

Aber danke, Hinnerk. Habe mir fast gedacht, dass du am schnellsten bist ...

pirg 30.04.2016 12:51

Eine kurze Anmerkung zu Heft 20 mit der ersten Türkenbelagerung Wiens - so überraschend war der Abzug der Osmanen im Nachhinein betrachtet nicht. Süleyman hatte zu diesem Zeitpunkt den Feldzug schon um ca. 2 Wochen über den geplanten Zeitrahmen hinaus verlängert und war damit ein ziemliches Risiko eingegangen. Auf dem Rückmarsch durch Ungarn und den Balkan soll das osmanische Heer auf Grund der schlechten Witterungsbedingungen (noch verschärft durch einen verfrühten Wintereinbruch) noch eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Mensch, Tier und Material verloren haben.

Detlef Lorenz 19.05.2016 16:48

Nummer 23
Die Abenteuer des Marco Polo – Durch Unbekanntes Land




Marco Polo dürfte eine der bekanntesten Personen der Weltgeschichte sein. Wer hat nicht von den Geschichten dieses Chinareisenden gehört, der im 13. Jahrhundert mit seinem Vater und Onkel nach Fernost reiste, der die Gunst des Kublai Khan errang und heil nach Europa zurück kehrte. Zu damaligen Zeiten ein nicht unbeträchtliches Abenteuer. Allerdings gibt es auch Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Reiseberichte Polos. Kurioserweise nährt schon das Titelbild die Skepsis: es zeigt den Potala, den Palast des Dalai Lama in Lhasa, der Hauptstadt Tibets. Zum einen ist der heute bekannte Bau erst im 17. Jahrhundert entstanden und von einem See ist nichts bekannt. Auch die von ihm hinterlassene Reiseroute umrundet das Dach der Welt.

Ein weiterer Punkt in der Liste des Misstrauens gegenüber dem Bericht ist die Chinesische Mauer, die Polo nirgends erwähnt. Im Heftinneren stehen die Polos staunend davor und keiner weiß warum, denn so wie sie hier gezeichnet ist, gibt es sie auch erst ab dem 15./16 Jahrhundert. Mit dem Bau selbst wurde bereits ab dem 7. Jahrhundert v.d.Z. begonnen, Teilbereiche, Fragmente der ständig erweiterten Mauer standen mit Sicherheit noch zu Polos Zeiten.






Auch war Marco Polo beileibe nicht der erste Europäer, der China, das damals von den Mongolen beherrscht wurde, bereiste. Es gab durchaus Berichte und Handelsbeziehungen über die Seidenstraße und über den Seeweg (Indischer Ozean, Persischer Golf, Rotes Meer) pflegten schon die antiken Völker des Mittelmeerraumes mit dem Reich der Mitte kontakte. Schon seine Zeitgenossen nahmen ihn nicht ernst, der „Millionenschwindler“ nach den vielen unglaublichen Zahlenangaben (Städte, Längenangaben, Handelsvolumen und mehr) war noch die harmloseste Titulierung. Auch gibt es über ihn keine Aufzeichnungen in chinesischen Schriften. Falls die Chinesen ihn aber nicht mit seinem eigentlichen Namen geschrieben hätten, ich denke beispielsweise an den Apachen Geronimo, dessen eigentlicher Name Goyaalé war, muss das kein Indiz für Schwindeleien sein. Ich selbst zweifele mehr, als ich an Polos Aufenthalt in China glaube – aber auf mich hört ja keiner …

Gezeichnet hat dieses Abenteuer Eugen Blumentritt. Er hat es für meinen Geschmack sehr gut gemacht, die Prinz-Eisenherz-Adaptionen halten sich in Grenzen.

guenkos 20.05.2016 06:57

Von dem dargestellten Potala war im 13. Jahrhundert ist bekannt, ebenso nichts von einem See davor.
Auch die gezeichnete Mauer war im 13. Jahrhundert nicht bekannt.
Der Titel stimmt also.
:D

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 522581)
Nummer 23
Auch die von ihm hinterlassene Reiseroute umrundet das Dach der Welt.

... du meinst "umrundet nicht", oder?

Ansonsten meine Anerkennung über diese mit viel Liebe und Mühe erstellten Beiträge. Ich lese sie immer wieder gerne. :top:

Detlef Lorenz 20.05.2016 07:45

Zitat:

Zitat von guenkos (Beitrag 522615)
Von dem dargestellten Potala war im 13. Jahrhundert ist bekannt, ebenso nichts von einem See davor.
Auch die gezeichnete Mauer war im 13. Jahrhundert nicht bekannt.
Der Titel stimmt also. :D

So habe ich das noch gar nicht gesehen :grins:


Zitat:

Zitat von guenkos (Beitrag 522615)
... du meinst "umrundet nicht", oder?

Die Hinreise der Polos ging über die Seidenstrasse, die nördlich Tibets verläuft. Also konnte er weder den "alten" Palast des Dalai Lamas sehen und den neuen ohnedies nicht. Die Rückfahrt erfolgte per Schiff, erst durchs Südchinesische Meer, dann der Indische Ozean.

guenkos 20.05.2016 12:09

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 522616)
Die Hinreise der Polos ging über die Seidenstrasse, die nördlich Tibets verläuft. Also konnte er weder den "alten" Palast des Dalai Lamas sehen und den neuen ohnedies nicht. Die Rückfahrt erfolgte per Schiff, erst durchs Südchinesische Meer, dann der Indische Ozean.

Hast recht, ich hatte den Begriff "umrundet" viel enger gesehen, also mehr als Runde um den Potala. Miesverständnis meinerseits. :rolleye:

Detlef Lorenz 20.05.2016 12:21

Zitat:

Zitat von guenkos (Beitrag 522638)
Hast recht, ich hatte den Begriff "umrundet" viel enger gesehen, also mehr als Runde um den Potala. Miesverständnis meinerseits. :rolleye:

Runde um den Potola: jetzt weis ich endlich, wo der Begriff "Runde" entstanden ist. Beim Hobbytischtennis gibt es eine Spielart, die nennt sich "Runde". Wenn zu viel Leute gleichzeizig spielen wollen, es aber nur eine Platte gibt, stellt sich EIN Spieler auf die eine Seite, alle anderen gegenüber. Nun macht der Spieler auf der Seite mit dem Dutzend Leuten hinter sich eine Angabe, der Einzelspieler retourniert und beide rennen gleichzeitig um die Platte. Das geht immer so weiter, bis einer einen Fehlreturn macht und ausscheidet. Am Schluß, wenn nur noch 2 Spieler übrig sind, spielen die den Gesamtsieger aus. Nun nennt sich diese Spielart in Berlin "Chinesisch" und da Tibet fast schon China ist, schließt sich da der Kreis ... :P

michidiers 01.06.2016 10:20

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 522640)
Runde um den Potola: jetzt weis ich endlich, wo der Begriff "Runde" entstanden ist. Beim Hobbytischtennis gibt es eine Spielart, die nennt sich "Runde". Wenn zu viel Leute gleichzeizig spielen wollen, es aber nur eine Platte gibt, stellt sich EIN Spieler auf die eine Seite, alle anderen gegenüber. Nun macht der Spieler auf der Seite mit dem Dutzend Leuten hinter sich eine Angabe, der Einzelspieler retourniert und beide rennen gleichzeitig um die Platte. Das geht immer so weiter, bis einer einen Fehlreturn macht und ausscheidet. Am Schluß, wenn nur noch 2 Spieler übrig sind, spielen die den Gesamtsieger aus. Nun nennt sich diese Spielart in Berlin "Chinesisch" und da Tibet fast schon China ist, schließt sich da der Kreis ... :P

Im Ermangelung von genügend Tischtennisplatten auf dem Schulhof haben wir diese Art früher in den Schulpausen spielen müssen. Manchmal standen bis zu 20 Schüler um die Platte herum, so dass man den Ball einfach in an der Platte wartende Schlange schlug um den Gegenüber rauszuwerfen ...:P

Wir nannten es übrigens "Rundlauf".

Aslak 01.06.2016 10:45

Zitat:

Zitat von michidiers (Beitrag 523474)
Wir nannten es übrigens "Rundlauf".

Bei uns nannte man es immer "Ringelpiez".

Gruß,
Nils

Detlef Lorenz 02.06.2016 09:47

Den Begriff "Ringelpiez" gabs bei uns auch, hieß aber komplett: "Ringelpietz mit Anfassen" und betraf eine gänzlich andere Situation :zwinker:

Aslak 02.06.2016 12:17

:D Keine weitere Ausführung nötig !

Gruß,
Nils

Detlef Lorenz 07.06.2016 15:00

Nummer 24
Gefahr am Khaiber-Pass





In Konkurrenz zum Russischen Reich der Zaren, die ihre Eroberungsgelüste weit nach Asien ausdehnten, versuchten die Briten, diesen durch Besetzung weiter Gebiete im Norden Indiens entgegen zu stehen. Nachdem die Russen Buchara mit der Hauptstadt Samarkand erobert hatten, gingen die Briten nach Afghanistan rein. Die Afghanen waren von alle dem nicht begeistert und wehrten sich nach Kräften. Die Folgen waren drei Auseinandersetzungen, die sogenannten Anglo-Afghanischen Kriege (1839-42, 1878-1880, 1919). Nach dem letzten erkannten die Engländer die Unabhängigkeit des heutigen Afghanistans an, aber aktuell wird noch immer um die Herrschaft des Landes gemordet, zerstört und Schlachten geführt.

Im Heft 24 der Abenteuer der Weltgeschichte geht es um eine Episode der Russisch-Britisch-Afghanischen Auseinandersetzungen, damals als The Great Game bezeichnet. Dies kann natürlich nur sehr zynisch gemeint gewesen sein, schließlich kosteten diese Gemetzel abertausende von Menschenleben. Nur weil der Britischen Ostindienkompanie eine Fortsetzung der ersten Auseinandersetzung zu kostspielig geworden war, wurden diese beendet – nicht weil sie bisher so viel Menschenleben gekostet hatten. Im Heft habe ich keinerlei historische Daten gefunden und auch bei den Recherchen um die Handlungstragenden Personen keine Übereinstimmungen mit gelebten Menschen. In der Geschichte wird aus dem dem Pass nahegelegenem britischen Fort mit dem Hauptquartier in Jaipur telefoniert, was erstaunlich ist, den eine der beiden indischen Städte mit diesem Namen liegt im östlichen Assam und das andere in der Nähe von Mumbai, dem früheren Bombay. Also kommen zeitlich gesehen die ersten beiden Kriege wohl so und so nicht in Betracht und das ganze Inventar der Briten 1919 passt nicht zur dritten Auseinandersetzung, denn dort setzten die Engländer bereits Flugzeuge und entsprechende moderne Waffensysteme ein. Also gehe ich mal von einer insgesamt zusammen gesponnenen Story aus, was ich nicht negativ meine.

Ein Captain Grant leistet seinen Militärdienst in Indien ab, rettet einen Elefanten aus einer Tigergrube (sein Kollege wollte diesen sogleich abknallen), befreit ein Dorf von einem Tiger, der ihr Vieh dezimiert und gerät in einen Hinterhalt von aufständischen Pathaner*. Diese wollen ihn in einer großen Volksbelustigung von einem Elefanten zertreten lassen, was dieser verweigert. Es ist, wie man sich denken kann, der von ihm gerettete, und wie dieser in der erstaunlich kurzen Zeitspanne aus den Dschungeln Indiens in das sehr weit nördlich gelegene Afghanistan gekommen sein mag, weiß wohl nur der Autor … wenn überhaupt. Grant wird vom Elefanten, dem die Paschtunen aus Wunderglauben heraus nichts antun, in ein nahe gelegenes Dorf gebracht. Dort versorgt sich Grant mit Waffen und gelangt an den Khaiber Pass. Inzwischen sind die Engländer ausgerückt und geraten in Gefahr, auf eine nicht vermutete Übermacht zu stoßen. Grant erkennt von einer Anhöhe aus die Situation und morst mittels eines Handspiegels die Stellungen der Aufständischen zu seinen Kameraden, die mit ihren Kanonen die Paschtunen und ihre Verbündeten zusammen schießen. Grant reitet mit seinem Elefanten und den Kameraden wieder in die Garnison ein und die englische Herrschaft über Indien ist für weitere Jahrzehnte gesichert …






Gezeichnet hat die Geschichte Eugen Blumentritt und wenn man gelegentliche – auch häufigere – Anleihen bei Foster akzeptiert, kann auch dieses Heft grafisch gefallen.






Gelegentlich nahm sich Blumentritt auch Wäscher als Vorbild, jedenfalls sahen wir das Motiv dieser Szene bereits im Piccolo Sonderband 7 „Peterle, Feinde im Dschungel“.






Wäscher wiederum hat sich den Tiger bei Hogarth geliehen (Seite 919) und diese Verknüpfungen sind für mich insgesamt Interessant, amüsant und akzeptabel.






*Pathaner ist eine persische Bezeichnung für Paschtune, wie der größte Bevölkerungsteil Afghanistans bei uns bekannt ist.

Servalan 07.06.2016 15:32

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 523844)
Im Heft 24 der Abenteuer der Weltgeschichte geht es um eine Episode der Russisch-Britisch-Afghanischen Auseinandersetzungen, damals als The Great Game bezeichnet. Dies kann natürlich nur sehr zynisch gemeint gewesen sein, schließlich kosteten diese Gemetzel abertausende von Menschenleben. (...). Also gehe ich mal von einer insgesamt zusammen gesponnenen Story aus, was ich nicht negativ meine.

Soweit ich das beurteilen kann, erkenne ich folgende Quellen für den Stoff:
Der heldenhafte Captain erinnert mich einerseits an den Vater des Titelhelden in Rudyard Kiplings Roman Kim. Ein Engländer, der sich in Afghanistan zum Helden über die dortige Bevölkerung aufschwingt, findet sich Kiplings berühmter Erzählung "The Man Who Would Be King" / "Der Mann, der König sein wollte".
Und den Strang mit dem Elefanten verdankt der Stoff wohl dem Elefanten-Boy, dem Kinofilm und Kiplings Geschichte über "Toomai von den Elefanten" im Dschungelbuch.

Detlef Lorenz 08.06.2016 08:26




Ich habe mir im abgebildeten Filmprogram die Inhaltsangabe durchgelesen: außer Indien und einem Elefanten konnte ich keine Ähnlichkeit mit dem Comic finden. Und für den Kinofilm "The Man Who Would Be King" / "Der Mann, der König sein wollte" kann ich so aus der Erinnerung heraus auch keinen inhaltlichen Zusammenhang herstellen. Beide spielen in Afghanistan und ein Europäer ist der „Held“, aber das war´s dann auch.

Aber auf die genannten Beispiele kommt es nicht an, ich suche hier immer Vergleiche mit historischen Begebenheiten und nicht mit literarischen Vorlagen :wink:

Detlef Lorenz 14.06.2016 14:39

Als nächstes Heft wäre die Nummer 25 an der Reihe: sie wird auch beschrieben, aber nicht nur diese Ausgabe, sondern gleich noch die Hefte 26, 29 und 30 mit. Diese schildern in Fortsetzungen die Lebensgeschichte des Dschingis Khan, des Gründers des Mongolenreiches. Diese Form der Geschichtserzählung stellt einen einmaligen Vorgang innerhalb der Abenteuer der Weltgeschichte dar.

Zwischen dem Erscheinen der Nummer 24 und 25 lagen ganze zweieinhalb Monate (vom März bis Mitte Juni 1954. Aber nicht nur diese Heftreihe war davon betroffen, der ganze Lehning Verlag schlidderte zu diesem Zeitpunkt am Rande einer totalen Pleite entlang: Walter Lehning genügten seine erfolgreichen Roman- und Comicserien nicht mehr, er wollte im Konzert der „richtigen“ Verleger mitspielen. Der Stern, die Quick, Frankfurter Illustrierte, das schwebte ihm vor. Für die Produktion einer ähnlich gearteten Zeitschrift zeigte er sich nicht, wie sonst üblich, finanziell knauserig, das Projekt Wir Zwei, später umbenannt in Moderne Illustrierte, versuchte er dauerhaft und in Konkurrenz zu den vorgenannten Blättern an den Kiosken durchzudrücken, koste es was es wolle. Allerdings ging im bald die Puste aus, die Käufer ignorierten sein „Kind“. Es verursachte sogar immense Schulden und brachten den Verlag in arge Finanzierungsprobleme. In einem Vergleichsverfahren konnte Lehning die endgültige Pleite grade abwenden, die übrige Produktion musste aber stark reduziert, eingestellt oder verzögert werden. Lizenzen wurden zurück gegeben, deutsche Autoren bekamen weniger Geld, was nicht alle akzeptierten und meist endgültig in die Werbung abwandern lies.

Um die Serie Abenteuer der Weltgeschichte am Leben zu erhalten, sie war wegen der lehrreichen Inhalte eines der erfolgreichen und angesehenen Produkte, musste eine Pause im Veröffentlichungszeitraum eingelegt werden. Damit die Serie nicht aus dem Gedächtnis der Leser entschwindet, wurde ein Thema gewählt, das gut in die Reihe passte, und zudem in Fortsetzungen präsentiert werden konnte. Das Konzept einer bebilderten Geschichtserzählung, ähnlich der Prinz-Eisenherz-Bücher aus dem Badischen Verlag, diente als Vorbild (ohne in den Zeichnungen nur mehr als etwas besseres Amateurniveau zu erreichen). Das Leben und Wirken des Dschingis Khan war die Wahl. Hier erst einmal die 4 angesprochenen Titel:


Nummer 25
Dschingis-Chan, Der Fahle Steppenwolf





Nummer 26
Dschingis-Chan, Das Flammende Schwert






Nummer 29
Temudschin, Der Herr Der Nujakins






Nummer 30
Dschingis-Chan, Die Geisel Asiens






Diese Seite aus dem Heft 25 sollte insgesamt als Beispiel für die Qualitäten der Illustrationen reichen. Die Titelbilder, obwohl nicht besser gezeichnet, suggerieren allein durch ihre Farbgebung einen höheren Standard, sie sind sogar, dem Thema entsprechend, beeindruckend und dämonisch. Wer sie gezeichnet hat, entzieht sich meiner Kenntnis, gefunden habe ich nichts darüber.

Der geschichtliche Inhalt der Hefte beruht auf mehreren Publikationen, die im letzten Heft (Nr. 30) in einem Literaturverzeichnis aufgeführt werden, was so auch noch nicht vorgekommen ist. 4 Bücher – oder Broschüren – werden genannt: LUX-Lesebogen, Nr. 117*, Jabonah, Abenteuer in der Mongolei von Haslund Christensen, Tschingis-Chan, von Michael Pradwin, Taki, Abenteuer eines jungen Wildpferdes in der Mongolei von Niels Meyn. Das Buch von Michael Pradwin scheint mir das bedeutendste zu sein, gibt es doch eine große Anzahl von Hinweisen über ihn im Netz. Zusätzlich gibt es im Heft Tafeln und Abbildungen, in denen Wörter und Begriffe erklärt werden. Alles in allem ein interessanter Versuch, Geschichte in anderer Form zu vermitteln – wenn nur die grausigen Zeichnungen nicht wären.

Den damaligen Käufern/Lesern wurde das neue Konzept auf der „Liebe Jungen und Mädel!“ – Seite vorgestellt, bzw. schmackhaft gemacht. Es erfolgte der Hinweis zum Wunsch einiger Leser, doch auch einmal etwas über Dschingis-Chan und zu bringen und, Zitat**: „ob nicht rote, gelbe oder schwarze Menschen auch einmal die Helden unserer Reihe sein könnten.“ Wenn es stimmt und daran zweifele ich nicht, ein bemerkenswerter Wunsch. Zusätzlich wird die Bitte um Fortsetzungs-Geschichten angeführt, der man mit dem vorliegenden Konzept nunmehr nachkam. Es wird seitens Hans Jürgens, des Lesebriefonkels (nicht despektierlich gemeint), um Reaktionen auf dieses neue Art in den Abenteuern der Weltgeschichte gebeten. Das Heft 26 enthält dazu keine Leserbriefseite, dafür wird in der Nummer 27 „Kampf mit dem Bären“ (von Hansrudi Wäscher und dazu später mehr) um Geduld gebeten, Zitat: „Wenn auch schon viele geantwortet haben, so möchte ich doch das Ende der Ferien abwarten, bis ich mich an dieser Stelle über Eure Meinungen äußere.“ Am Ende der Seite wird der Brief eines Berliners abgedruckt. Dort heißt es, er habe sich das Heft über Fernando Cortez (Nr. 1) gekauft und in der Schule habe der Lehrer gesagt: „Erzähle mir etwas über Fernando Cortez.“ Und ich erzählte aus dem Heft. Der Lehrer sagte: „Ich würde mich sehr freuen, wenn Du sonst auch soviel wüßtest.“ (Zitat Ende) Grinsen musste ich dabei schon, denn es erinnerte mich an meine eigene Schulzeit.

Auf der Leserbriefseite des Heftes 29 geht „Hans Jürgen“ dann auf die Diskussionen zur Veröffentlichungsform der Dschingis-Chan Ausgaben ein: Ein Teil der Leser möchte doch die alte Form beibehalten, was der Verlag schon mit den Heften 27 und 28 getan hatte. Einige Leser fanden die Versuchsausgaben besser, was ein >>erwachsener Leser aus Sechten/Rhld. in seiner Zuschrift zum Ausdruck bringt<<: „Die allzuvielen Bilder machen doch wohl auch die Kinder denkfaul, statt sie anzuregen. Daß sie die ´Abenteuer der Welt´ (alten) Geschichte unseren Kindern kurz und interessant vermitteln wollen, finde ich lobenswert.“ Ein Leser aus Berlin (ich nicht), der ungenannt bleiben möchte, meinte, wir sollten keine Fortsetzungsgeschichten bringen, sondern in jedem Heft nur eine in sich abgeschlossene Geschichte. Ein Leser aus Hamburg dagegen forderte: „(…) Ich hoffe, daß du die Hefte so weitergestaltest“. Aus Kulmbach kam dann die letzte – heftige – Meinungsäußerung: „Ich protestiere gegen die Einstellung der Serie Dschingis-Chan. Zwar mag die Überzahl der Meckerer Recht behalten. Sie sind natürlich von Schundromanen her an Bilder und wenig Text gewöhnt. Aber ich möchte gerne das nächste Heft „Temudschin, der Herrscher der Nujakins“ lesen. Wenn die anderen es aber so, wie es bisher war, wollen, dann bitte. Aber ich will die Fortsetzung von „Dschingis-Chan“. Wie Hans Jürgen dann in seiner Antwort richtig bemerkt, ist es nicht einfach „einem jeden von euch gerecht zu werden.“

Auf der Seite 3 der Nummer 30, des letzten Dschingis-Chan Heftes, wird noch einmal auf die allgemeine politische und gesellschaftliche Situation des 12. Jahrhunderts in Europa eingegangen. Das Kaisertum jener Tage wird heroisierend als Retter des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation*** gewürdigt. Genauso wie das Rittertum, das als militärischer Bewahrer vor den angreifenden Arabern und Ungarn gerühmt wird. Gemäß seinem Stand wird am Ende dieser Betrachtung „der Deutsche Bauer zum Mittelpunkt politischen Geschehens“ hervorgehoben. „Er vollbrachte seine größte Leistung: die Wiedergewinnung des deutschen Ostens.“ Sollte hier das Jungvolk damaliger Tage auf die Revision der Ergebnisse des 2. Weltkrieges vorbereitet werden. „Nur dort konnten der erblose Jungbauer Land finden (das anderen gehörte) und der unfreie Bauernsohn freier Bauer mit eigenem Hof werden (auf deutscher Scholle fehlt hier noch). Ritter und Mönche folgtem den gewiesenen Weg (diese Eroberungen bekamen vom Klerus den Status eines Kreuzzuges verpasst), und bald war aus der wilden Naturlandschaft eine Kulturlandschaft geworden (weil, wie im Heft 28 beschrieben, nur wilde, mit Keulen bewaffnete Kerle das Land lange vor den Rittern und Bauern aus dem Westen besiedelt hatten).

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, das Walter Lehning sich nie um die Gestaltung, Inhalt und den Gehalt einer Heftserie gekümmert hatte, dann haben wir ihn her. Der Text im vorherigen Absatz hat schon leichte revanchistische Tendenzen, Lehning muss dies wirklich übersehen haben und zwar nicht nur weil er zu diesem Zeitpunkt mehr mit den Gerichten und dem Insolvenzverwalter seine Zeit verbrachte, sondern es interessierten ihn nicht. Erstaunlicherweise, denn grade er hatte in der Zeit zwischen 1933 und 1945 politische Probleme. 1937 wurde sein Verlag wegen nicht opportunistischem Verhalten dem Regime gegenüber geschlossen – was seiner Familie wirtschaftlich schwer schadete - und erst 1946 wieder gegründet.
Was zeigt uns die Heftreihe über Dschingis-Chan, den wohl größten – und gewalttätigsten - Eroberer aller Zeiten: In 3 ½ der 4 Hefte werden die Erlebnisse des Temudschin, so der Geburtsname des später Dschingis-Chan genannten, geschildert. Dies geschieht in Romanform, die bekannten historischen Daten werden entsprechend verarbeitet. Sicherlich sind die wörtlichen Reden so nicht gefallen, in den wichtigen Passagen aber wahrscheinlich so oder ähnlich. Nach der gewaltsamen Vereinigung der mongolischen Stämme geht es beutesuchend gen Süden, nach China. Dieses hat sich da bereits seit Jahrhunderten mit gigantischen Schutzwällen gegen die immer wieder sporadisch einfallenden Nomaden zu erwehren versucht. Nun steht ihm aber eine geeinte mongolische Nation gegengenüber, deren Reiterheeren die Chinesen nichts entgegen zu setzen vermögen. Die Mauer**** ist kein Hindernis, Peking fällt fast leicht in die Hände der Mongolen. Dann drängen die Mongolen nach Westen, Turkestan, Persien folgen als nächstes. Das südliche Russland kommt danach und für die nächsten Jahrhundert ist es – und die Krim – Herrschaftsgebiet der goldenen Horde. Länger als sie Russland je besessen hat. Vor den Mongolen herrschten hier das Reitervolk der Kumanen, davor Jahrhunderte die Römer, Goten, Griechen usw. Nach dem Tode des Dschingis-Chan wurde noch Nord-Indien erobert, das Zweistromland verheert, und in Schlesien verlor ein deutsch/polnisches Ritterheer 1241 die Schlacht bei Liegnitz. Im Grunde hätte es bis zum Atlantik nur noch wenig gefehlt, aber der Tod des Großkahn Ugedai, des Nachfolgers des Dschingis-Chan und die zu erwartenden Streitigkeiten um die Nachfolge in der fernen Heimat ließen die Mongolen abziehen. Das alles steht aber nicht mehr in den Heften der Abenteuer der Weltgeschichte, ich wollte es nur ein wenig vervollständigen.

*Ist diese Reihe bekannt, wenn nicht und der Wunsch besteht, könnte ich sie hier einmal kurz vorstellen.
**Zitate sind so wieder gegeben, wie gedruckt.
***Zum wiederholten Male wird die Phrase vom Heiligen Römischen Reich >>Deutscher Nation<< hervorgekramt. Diese Bezeichnung entstand erst viele Jahrhunderte später, als sich das einst multistaatliche Gebilde langsam auf den Kern der überwiegend deutsch sprechenden Völker reduzierte.
***Allen Behauptungen zum Trotz, ist sie vom Mond aus nicht zu sehen.

FrankDrake 14.06.2016 14:53

Detlef, es macht einfach Spass Deine Beiträge zu lesen :top:

Servalan 14.06.2016 15:40

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 524218)
Auf der Seite 3 der Nummer 30, des letzten Dschingis-Chan Heftes, wird noch einmal auf die allgemeine politische und gesellschaftliche Situation des 12. Jahrhunderts in Europa eingegangen. Das Kaisertum jener Tage wird heroisierend als Retter des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation*** gewürdigt. Genauso wie das Rittertum, das als militärischer Bewahrer vor den angreifenden Arabern und Ungarn gerühmt wird. Gemäß seinem Stand wird am Ende dieser Betrachtung „der Deutsche Bauer zum Mittelpunkt politischen Geschehens“ hervorgehoben. „Er vollbrachte seine größte Leistung: die Wiedergewinnung des deutschen Ostens.“ Sollte hier das Jungvolk damaliger Tage auf die Revision der Ergebnisse des 2. Weltkrieges vorbereitet werden. „Nur dort konnten der erblose Jungbauer Land finden (das anderen gehörte) und der unfreie Bauernsohn freier Bauer mit eigenem Hof werden (auf deutscher Scholle fehlt hier noch). Ritter und Mönche folgtem den gewiesenen Weg (diese Eroberungen bekamen vom Klerus den Status eines Kreuzzuges verpasst), und bald war aus der wilden Naturlandschaft eine Kulturlandschaft geworden (weil, wie im Heft 28 beschrieben, nur wilde, mit Keulen bewaffnete Kerle das Land lange vor den Rittern und Bauern aus dem Westen besiedelt hatten).

Als ich die Schulbank gedrückt habe, drehten sich einige Geschichtsstunden um den Deutschordensstaat (1230-1561) und die Kolonisierung der Gebiete östlich der Elbe. Dazu passen dann auch "edle Ritter".
Wie du ganz richtig bemerkst, kommt die Idee von den Kreuzfahrern. Ob mein Geschichtslehrer ein alter Nazi gewesen ist (möglich wäre das in den 1970ern durchaus), weiß ich nicht, aber über die Slawen wurde ähnlich herablassend gesprochen wie über die "Indianer" im Wilden Westen. Mein Lehrer hast fast dieselben "Textbausteine" benutzt, die dir gegen den Strich gehen und dich mißtrauisch werden lassen.
Soweit ich mich erinnere, war das sogar Stoff einer Klassenarbeit.

Detlef Lorenz 16.06.2016 19:18

Nummer 27


Kampf mit dem Bären, Das Schicksal des Schwedenkönigs Karl






Wem die Titelfigur, der Schwedenkönig Karl XII, bekannt vorkommt, hat die Reihe bisher aufmerksam verfolgt: das Heft 27 ist eine direkte Fortsetzung des Heftes 8. Dort erleben wir den Versuch Schwedens seine beherrschende Militärmacht in der Ostsee zu behalten. Dies gefiel den Nachbarn nicht und sie griffen Schweden an. Karl XII wandte sich zuerst gegen die Dänen, Polen, Sachsen, besiegte sie und errang einen Teilerfolg gegen die Russen. Hier hört die Erzählung im Heft 8 auf. Unter dem Zaren Peter (später der Große genannt), setzten die Russen inzwischen weitere militärische Vorbereitungen fort, u.a. wurde St. Petersburg gegründet. Während dessen dienen sich die ukrainischen Kosaken Karl als Verbündete an um die Russen aus ihrem Lande zu vertreiben. Alles misslingt: die Kosaken und die Schweden werden bei Poltava geschlagen, Karl verwundet und muss nach Konstantinopel zu den Türken fliehen. Hier hält er sich gut 4 Jahre lang auf, hetzt die Türken gegen Zar Peter auf. Dieser besticht aber den Sultan und Karl flieht aus Adrianopel innerhalb von 14 Tagen nach dem schwedischen Stralsund. Hier versucht er seine Gegner, die Polen, Sachsen, Russen, Dänen und bald auch die Preußen zu vertreiben. Es misslingt und er flieht kurz vor der Kapitulation der Stadt nach Schweden. Mit der Lage unzufrieden, zettelt er sofort neue Feindseligkeiten an und greift Norwegen an. Die Festung Friedrichshall (Fredrikshald) ist sein Ziel und hier ereilt ihm sein Schicksal: bei einer Inspektion der Schanzgrabungen wird er von einer Gewehrkugel tödlich getroffen. Als sein Tod bekannt wird, ziehen die Schweden ab, da im schwedischen Lager keiner genau weiß, um was es hier eigentlich geht. Daher auch die Vermutungen, eine schwedische Kugel hätte ihn niedergestreckt, da seine Soldaten des Kämpfens müde waren.






Die Geschichte im Heft spielt sich in etwa so ab, natürlich mit notwendigen Kürzungen. Leider auch mit unnötigen falschen geschichtlichen Begebenheiten. So entzieht sich Karl der Umklammerung Stralsunds nicht mittels seiner Flotte (siehe Abbildung), sondern klammheimlich auf einer Jacht. Auch sein Tod bei Friedrichshall zieht nicht die Eroberung der Festung nach sich, sondern den Abzug der Schweden.






Hansrudi Wäscher ist für die Zeichnungen verantwortlich, nicht für den Inhalt. Dieser soll, laut dem „Allmächtigen“ von Andreas Knigge, Hans- Jürgen Linden gewesen sein. Das Impressum nennt Linden allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Zwei Möglichkeiten bieten sich hier an: Linden hat weiterhin die Storys für die Abenteuer der Weltgeschichte geschrieben, oder es existierte noch sein Manuskript vom ersten Abenteuer des König Karl. Das würde auch erklären, weshalb die Geschichte dort nicht wirklich beendet wurde. Linden schrieb vielleicht die komplette Geschichte, die mit dem Tode Karls erst wirklich beendet wäre, aber der Platz für ein Heft natürlich nicht ausreichte. Allerdings könnte es auch möglich sein, das Wilhelm Knoop den Text verfasst hat und eine Verwechslung der Personen seitens Wäschers nach so langer Zeit passiert ist.

Die Zeichnungen Wäscher waren zu diesem Zeitpunkt auf einem hohen Niveau, was vielleicht mit seiner nicht so hohen Auslastung begründet werden kann. Wir erinnern uns: Lehning steckte in Schwierigkeiten, Wäscher hatte deswegen nicht viel zu tun. Die Sigurd Piccolos und auch die erschienen nur sporadisch, gelegentlich einen Piccolo-Sonderband, 2 Titanus-Hefte bei Gerstmayer, Gert eingestellt und das war´s dann für ihn. Alles in allem ein schönes Heft, wenn nur nicht immer die kritiklose Begeisterung des Storyschreibers für kriegerische Auseinandersetzungen wäre.

Detlef Lorenz 18.06.2016 20:23

Nummer 28


Die Eidechsenritter, Von Tannenberg bis Marienburg






Nach dem Verlust des sogenannten >>Heiligen Landes<< wandelte sich der Deutsche Orden von einer eher karitativen Organisation in eine politisch – kirchlich agierende Vereinigung um (um es mal verkürzt auszudrücken). Nach einigen vergeblichen Versuchen, sich in Europa eine territoriale Basis zu schaffen (u.a. in Ungarn) ging der Orden 1226 auf ein Hilfegesuchen des polnischen Herzogs Konrad I ein, ihn beim Kampf gegen die Pruzzen (Bewohner des später Ostpreußen genannten Gebietes) zu helfen. Kaiser Friedrich II und Papst Gregor IX garantierten, dass dem Orden alle eroberten Gebiete im Baltikum gehören sollten. Konrad gewährte dem Orden diese Rechte, nach einigem Zögern.

Soweit die Lage, natürlich blieb es nicht dabei, der Orden vergrößerte sein Gebiet ständig, die Polen und Litauer versuchten dem Einhalt zu gebieten und es kam zu ständigen Reibereien. Diese kulminierten 1410 in der Schlacht bei Tannenberg, die der Orden verlor. Ausschlaggebend war der >>Verrat<< der Ritter des Eidechsenbundes, die zum polnisch/litauischen Lager umschwenkten.

Das ist in etwa das Thema, um was es im vorliegenden Heft geht. Der Eidechsenbund wird hier als Verräter an der Sache dargestellt. Allerdings scheint er sich 1397 überhaupt erst gebildet zu haben, um sich gegen den Orden und dessen starren Regeln und erhöhten (Kriegs-)Steuern zu behaupten. Um diese Thematik wird eine Geschichte gesponnen, die um einen erfundenen Gernot von Landfried als zentraler Figur handelt, der aus dem Reich aufgebrochen war um in (Ost-)Preußen zu siedeln. Die eigentlichen Pruzzen werden dabei nur am Rande, in einigen Bildern abgehandelt. Die jeweiligen Gegner waren dabei die historischen Figuren des Heinrich von Plauen, der allerdings erst nach Tannenberg Hochmeister des Ordens wurde, Helmut von Kulm, der Anführer des Eidechsenbundes und König Jagiello von Polen/Litauen. Dieser wird als verschlagener, finsterer, meineidiger, schwarzhaariger Typus dargestellt – wie auch sonst. Am Ende des Heftes, das in der Errettung der Marienburg seinen Höhepunkt findet, wird so getan, als ob es den titelgebenden Eidechsenbund nicht mehr gab, obwohl er Jahre später noch (nach 1440) dem Preußischen Bund betrat und ihn gegen den Orden unterstützte.

Gezeichnet ist das Heft von Eugen Blumentritt. Es war sein letztes im Rahmen der Abenteuer der Weltgeschichte und auch sein zeichnerisch schönstes. Allerdings zeigten die Darstellungen eine Unzahl von Vorbildern bei Prinz Eisenherz, wohl die meisten in seinen Heften.






Diesmal erscheinen Abbildungen zu den Illustrationen der Geschichte komplett am Ende des Berichtes. Um meine These vom Stibitzen Blumentritts bei Fosters Prinz Eisenherz zu untermauern, sind es diesmal mehr Seiten als sonst geworden. Wem´s Spaß macht, kann ja Vergleiche anstellen und die betroffenen Zeichnungen herausfinden. Die von Blumentritt schon des Öfteren verwendeten Handzeigungen nach hinten, sind auch diesmal dabei.

Peter L. Opmann 18.06.2016 22:08

"Handzeigung nach hinten" - ist ja interessant. Sieht man in Comics wirklich glaube ich selten, aber diese Darstellung hat den Vorteil, daß der Leser wirklich das präsentiert bekommt, worauf die Figur zeigt. Sonst wird das sozusagen mit Schnitt und Gegenschnitt gelöst. Oder der Leser muß sich selbst vorstellen, worauf die Figur zeigt.

guenkos 19.06.2016 10:06

Zum Text "Der Flibustier gibt keinen Schuss ab" im letzten Bild:
Das konnte er auch an diesem Ort und im max. 15. Jahrhundert noch nicht. Der Begriff "Flibustier" gilt für Piraten der Karibik im 17. und 18. Jahrhundert. :weissnix:
(Klugscheiß-Quelle: Wikipedia)

Detlef Lorenz 19.06.2016 11:24

Die Geschichte um den Eidechsenbund spielt sogar schon im 13. Jahrhundert, also lange, bevor der Ausdruck "Flibustier" allgemeiner Sparachgebrauch - im 17.Jahrhundert - wurde.

Habe ich überlesen, danke für die Mitarbeit :wink:

Detlef Lorenz 19.06.2016 13:29

Im Folgendem habe ich einige der Foster-Prinz-Eisenherz-Abbildungen herausgesucht, die Blumentritt als Vorlage gedient haben:




Bild 2 der Sonntagsseite 204

Hier zerrt der Prinz den Kapitän des Seglers aus der Kajüte, in der dieser sich verkrochen hatte, heraus. Im Hintergrund ist der Steuermann.



Bild 6 der Sonntagsseite 204
Auf diesem Bild schaut der Prinz und einige Mannschaftsmitglieder erstaunt und verängstigt zum feuerspeienden Vesuv. Blumentritt hat sich aus beiden Zeichnungen bedient und daraus eine gemacht. Vergleiche dazu aus der Heftbeschreibung die dritte abgebildete Seite und dem letzten Panel.




Bild 2 der Sonntagsseite 205

Hier erblickt der Seekönig Angor Wrack ein kleines Segelboot, dessen Besatzung er als Rudersklaven grade gebrauchen könnte*.
Blumentritt hat ihn seines Helmes beraubt, und die charakteristische „Handzeigung nach hinten“** hier zum wiederholten Male verwendet. Siehe dazu ebenfalls die vierte Heftseite mit dem dritten Bild.





Hier deutet der Prinz mit ausgestreckter Hand zeigend nach hinten. Abgewandelt finden wir es bei Blumentritt auf der vierten Seite und dem zweiten Bild.





Bild 3 der Sonntagsseite 250

Minimal verändert finden wir diese Szene bei Blumentritt ebenfalls auf der vierten Seite mit dem ersten Bild wieder.

Damit haben wir allein auf der vierten abgebildeten Seite des Blumentritt-Dramas von den Eidechsenrittern von 6 Panelen 3 bei Fosters Eisenherz wieder gefunden.

*Gerne noch einmal: Rudersklaven wurden auch in der Spätantike – und da befinden wir uns, bei aller Vorsicht, in der zeitlichen Einordnung in der Prinz Eisenherz Erzählung - NICHT zur „Ausstattung“ von Galeeren und Ruderschiffen allgemein. Ruderer war ein Beruf, Menschen wurden erst im christlichen Hochmittelalter und der Renaissance, also dem 15./16. Jahrhundert als Sklaven zum Rudern missbraucht.

**Mir fiel so schnell kein passendes Wort für diese zeigenden Geste ein. Da kam mir der Ausdruck „Handreichung“ in den Sinn und habe ihn zu „Handzeigung“ umgeformt :zwinker:

Servalan 19.06.2016 13:44

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 524470)
**Mir fiel so schnell kein passendes Wort für diese zeigenden Geste ein. Da kam mir der Ausdruck „Handreichung“ in den Sinn und habe ihn zu „Handzeigung“ umgeformt :zwinker:

Laut Duden heißt die Geste "Fingerzeig", den Foster und Blumentritt bildlich in Szene setzen.
Das berühmteste Vorbild dürfte der Fingerzeig Gottes aus dem Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle in der Vatikanstadt sein. Das Gemälde Die Erschaffung Adams (ca. 1508 - 1512) stammt von Michelangelo.

74basti 19.06.2016 19:43

Schon perspektivisch ist das Gemälde von Michelangelo nicht vergleichbar.
Ausserdem haucht er Leben mit dem Finger ein und bindet den Leser nicht in die Geschichte ein, als sei er selbst in dem Panel.

Servalan 19.06.2016 23:31

Es ging um den Namen der Geste und nur um den.
Für Gott gelten andere Regeln als für gewöhnliche Menschen: Menschen wie Adam und Eva im Garten können mit ihren Worten Dingen Namen geben. Wenn Gott spricht, wird das, was er spricht, zur Realität (siehe Genesis: "Im Anfang war das Wort.") ... Michelangelos "falsche" Perspektive bringt diesen feinen Unterschied plastisch zur Geltung.

74basti 20.06.2016 07:37

Und für Dich gelten scheinbar auch andere Regeln.

Die Geste von Michelangelo ist definitiv anders. Daher passte es nicht zu Detlefs Beispielen.

underduck 20.06.2016 08:09

Michel & Angelo hin oder her.

Der Drops ist bitte gelutscht. :zwinker::grins:

Detlef Lorenz 23.06.2016 08:19

Nummer 31 Troja in Flammen, Griechen gegen Griechen






In dieser Geschichte geht es natürlich um den Raub Helenas durch den trojanischen Königssohn Paris. Hier haben wir keine historisch belegte Geschichte vor uns, sondern die Erzählung des Dichters Homer, der als Person selbst nicht 100%ig greifbar ist. Und das sogar schon in der Antike, wo über den Zeitraum seines Lebens spekuliert wurde – und bis auf den heutigen Tag, ob seine bekanntesten Werke, die ILLIAS, also ein Abschnitt des Trojanische Krieges und die daran anschließende ODYSSEE, die 10 Jahre währende Irrfahrt des Odysseus, von dem die Idee mit dem berühmtesten aller Pferde stammen soll, tatsächlich von Homer bzw. von einem einzelnen Künstler stammt. Also ist aus mehreren Gründen eine kritisch/historische Betrachtung dieses Heftes kaum möglich, da es sich um eine Dichtung handelt, der aber anscheinend ein wahrer Kern zu Grunde liegen kann. Bei Ausgrabungen (u.a. Heinrich Schliemann) hat man für den in Frage kommenden Zeitpunkt, also etwa 1200 v.d.Z. in den verschiedenen Schichten entsprechende Zerstörungsspuren identifiziert.

Getextet hat die Heftgeschichte vermutlich Wilhelm Knoop, jedenfalls nach den Aussagen Wäschers. Knoop hat der Geschichte nicht nur die Ilias zugrunde gelegt, sonder ist auch auf den Anfang des zehnjährigen Gemetzels zwischen Achäern und Trojanern eingegangen: der Raub Helenas durch den geilen Paris (siehe Abbildung weiter unten) und den Aufruf König Menelaus, sie mit Gewalt an seinen Herd oder Hof zurück zu holen. Für diese Liebschaft mussten im Laufe der Jahre hunderte, eher tausende Männer und später, bei der Plünderung und Zerstörung Trojas, auch Frauen und Kinder sterben. Hansrudi Wäscher war für die Zeichnungen verantwortlich, wieder einmal als Helfer in der Not. Ihm sind schöne Bilder gelungen, 2 Seiten mögen dies veranschaulichen.









Abschließend ein Textvergleich von Knoop mit Homer:

„Als Hektor seinen Gegner sieht, vermag er nicht mehr still zu stehen, er flieht. Aber hinter ihm jagt, wie ein Falke der Taube nachsteigt, Achill. Viermal umkreisen sie die Mauern der Stadt, dann verweilen sie. Jetzt stürmt Hektor, sein gewaltiges Schwert in der Rechten schwingend, heran, aber Achills Auge erblickt, geschützt durch seinen
Schild, die Kehle Hektors etwas entblößt. Schnell lenkt er seinen Stoß dahin, und zu Tode getroffen sinkt Hektor in den Staub.“

„So von der Schärfe des Speers auch strahlte es, welchen Achilleus

Schwang in der rechten Hand, wutvoll den göttlichen Hektor,

Spähend den schönen Leib, wo die Wund´ am leichtesten hafte.

Rings zwar sonst umhüllt´ ihm den Leib die eherne Rüstung.

Blank und schön, die er raubte, die Kraft des Patroklos ermordend;

Nur wo das Schlüsselbein den Hals begrenzt und die Achsel.

Schien die Kehl´ ihm entblößt, die gefährlichste Stelle des Lebens;

Dort mit dem Speer anstürmend durchstach ihn der edle Achilleus,

Daß ihm hindurch aus dem zarten Genick die Spitze hervordrang.

Doch nicht gänzlich den Schlund durchschnitt der eherne Speer ihm,

Daß er noch zu reden vermocht im Wechselgespräche;

Und er entsank in den Staub; da rief frohlockend Achilleus:

Hektor, du glaubtest gewiß, da Patroklos´ Wehr du geraubet,

Sicher zu sein, und achtetest nicht des entfernten Achilleus.

Törichter! Jenem entfernt war ein weit machtvollerer Rächer

Bei den gebogenen Schiffen, ich selbst, zurück ihm geblieben,

Der dir die Knie gelöst! Dich zerren nun Hunde und Vögel,

Schmählich entstellt; ihn aber bestatten mit Ruhm die Achaier.

Wieder begann schwachatmend der herumflatternde Hektor:

Dich beschwör ich beim Leben, bei deinen Knien und den Eltern,

Laß mich nicht an den Schiffen der Danaer Hunde zerreißen;

Sondern nimm des Erzes genug und des Köstlichen Goldes

Zum Geschenk, das der Vater dir beut und die würdige Mutter!

Aber der Leib entsende gen Ilios, daß in der Heimat

Troias Männer und Frauen des Feuers Ehre mir geben.

Finster schaut´ und begann der mutige Renner Achilleus:

Nicht beschwöre mich , Hund, bei meinen Knien und den Eltern!

Daß doch Zorn und Wut mich erbitterte, roh zu verschlingen

Dein zerschnittenes Fleisch für das Unheil, daß du mir brachtest!

So sein fern, der die Hunde von deinem Haupt dir verscheuchte!

Wenn sie dir auch zehnmal soviel und zwanzigfälltige

Sühnung Hervorgebracht darwögen und mehreres noch mehr dir verhießen,

Ja, wenn dich selber mit Gold auch aufzuwägen geböte

Priamos, Dardanos´ Sohn, auch so nicht bettet die Mutter

Dich auf Leichengewand und bejammert, den sie geboren;

Sondern Hund´ und Vögel umher zerreißen den Leichnam!

Wieder begann, schon sterbend, der herumflatternde Hektor:

Ach, ich kenne dich wohl und ahnete, nicht zu erweichen

Wärest du mir; denn eisern ist, oh, dein Herz in dem Busen.

Denke nunmehr, daß nicht dir Götterzorn ich erwecke,

Jenes Tages, wann Paris dich dort und Phoibos Appolon

Töten, wie tapfer du bist, am hohen skaiischen Tore!

Als er dieses geredet, umschloß ihn das Ende des Todes!"

Der oberste Text beschreibt den Zweikampf und die Sterbeszene Hektors aus dem Heft. Die darunterliegenden Zeilen schildern den letzten Zweikampf der Helden und sind aus der deutschen Übersetzung von J. H. Voß, aus dem Taschenbuch Nummer 411 des Goldmann Verlags, und daraus die Verse 315 bis 360 des zweiundzwanzigsten Gesanges. Wilhelm Knoop hat, finde ich, eine ganz passable Übertragung der Sterbeszene Hektors hinbekommen. Zumal sie für jugendliche Leser gedacht war, denen hier, ähnlich wie in den „Illustrierten Klassiker“, das vermutlich älteste europäische Epos, nahe gebracht werden sollte. Der Urtext ist schon in der Ausschmückung, vom Stil mal ganz abgesehen, gewöhnungsbedürftig. Wenn man sich aber einmal eingelesen hat – und das auch durchhält – liest es sich zügig und interessant. Mir kam gelegentlich der Gedanke, dass Homer ein Zeilenhonorar mit dem damaligen Verleger oder Theaterdirektor ausgehandelt hatte … mal ein wenig despektierlich vermutet.

Mein Rechtschreibprogram hat schon normalerweise genug zu tun, aber bei der wörtlichen Übertragung der Originalübersetzung wollte es gelegentlich die Segel streichen … ;)

FrankDrake 23.06.2016 08:42

Herrn Wäschers Kunst ist eigentlich so gar nicht meins, aber Du hast völlig recht, bei den Abenteuern der Weltgeschichte war er richtig gut.

Detlef Lorenz 25.06.2016 07:57

Nummer 32


Andreas Hofer, Ein Leben für Tirol







Um Andreas Hofer (1767 – 1810) ranken sich Heldengeschichten und verklärender Volksheldenmythos, der ihn sogar zum Nationalhelden hochstilisiert. Hofer, Wirt im Gasthaus am Sand („Sandwirt“) Kommandant der Passeir Schützengilde und Anführer des Widerstandes gegen die Abtrennung von Österreich und gleichzeitige Einverleibung des Landes nach Bayern. Auch gegen die Einführung von neuen Gesetzen, teils sogar Reformen, die vor allem der Tiroler Kirchenleitung nicht passten, sowie Zwangsrekrutierungen in die bayerische Armee. Hofer wurde zum Oberkommandierenden der Tiroler Freiwilligenarmee gewählt. Kaiser Franz von Österreich schaute von Wien aus interessiert zu, schwächte doch jede Schlacht die Franzosen, den Hauptgegner. Im Laufe des Jahres 1809 kam es zu mehreren Gemetzeln der Tiroler mit den Bayern, Franzosen und den mit ihnen verbündeten Sachsen. Drei Mal siegten Hofers Leute, dann versagten den Tirolern die Kräfte, obwohl sie Hofer zu einem weiteren Waffengang aufforderte. Ein Franz Raffel verriet seinen Landsmann – gegen 1500 Gulden, was einen Batzen Geld für ihn bedeutete, aber ihm die ewige Schmähung der Tiroler einbrachte. Hofer wurde nach Meran verbracht, dort in einem Schnellverfahren am 19. Februar 1810 zum Tode durch erschießen verurteilt. Schon am folgenden Tag wurde das Urteil vollstreckt, die Besatzer wussten um die Gefährlichkeit ihres Gefangenen.










Soweit die Historie, an die sich, mit einer Abweichung, der Comic in stark geraffter Form auch hält. Wie oben geschildert, fordert Hofer einen weiteren Waffengang und im Comic versucht er seine Landsleute von diesem sogar abzuhalten. Das passt dann zur scheinbar unvermeidlichen Deutschtümelei, die sich in solchen Sätzen, wie: „Tapfer erträgt der Passeir Sandwirt die Haft, er schwört seinem Deutschtum nicht ab.“ zeigt. Hansrudi Wäscher hat zwar mit kräftigen Bildern die Texte von Wilhelm Knoop (?) umgesetzt, aber längst nicht so detailliert, wie z.B. im Kampf um Troja. Mir drängt sich der Gedanke auf, dass er hier nur gescribbelt und das Tuschen jemand anderen überlassen hat. Etliche Bilder sind in der Ausführung flüchtig. Vielleicht fehlte ihm auch die Zeit, denn im Oktober / November 1955 scheint die durch das Vergleichsverfahren erfolgte Verzögerung der Comicproduktion sich langsam wieder zu normalisieren. Als Folge erschienen die Sigurd Piccolos wieder wöchentlich, Wäscher musste außerdem eine neue Serie vorbereiten (Akim Neue Abenteuer sollte die stets von der Zensur bedrohte Pedrazza-Serie ablösen), auch die Abenteuer der Weltgeschichte und ein neuer Piccolo-Sonderband, der aufwändig gezeichnete Sigurd Band Nr. 15 (Das Geisterschiff) stand an. Wie dem auch sei, ich empfinde Andreas Hofer in seinen Zeichnungen zwiespältig.

Detlef Lorenz 25.06.2016 19:48

Zwischenbilanz:


In der Reihe der Abenteuer der Weltgeschichte habe ich bisher versucht, die Inhalte, den Gehalt und die Zeichnungen zu beschreiben, zu beurteilen und zu bewerten – alles aus meiner Sicht heraus. Nun sind 32 Ausgaben kein echtes Jubiläum, weder Nummernmäßig noch vom Zeitraum her, das es zu bejubeln oder überhaupt zu bemerken gäbe. Allerdings findet mit dem nächsten Heft eine Zäsur innerhalb der Reihe statt: von nun an wird diese Serie von einem einzelnen Zeichner betreut, es findet kein Wechsel mehr statt. Einerseits ist das gut, der Inhalt gewinnt an Kontinuität, der Leser weiß, was ihn erwartet. Es könnte aber auch ein Risiko – für den Leser und dem Verlag – bedeuten, denn falls der neue Zeichner nicht ankommt, war´s das mit der Serie. Um es vorweg zu nehmen: der Wechsel ging gut, die Serienkontinuität blieb erhalten. Selbst als mit dem Heft 84 die Schlussnummer erschien, geschah dies nicht wegen einer Absatzflaute – aber darauf werde ich an entsprechender Stelle genauer eingehen.

Vielleicht habe ich nach dem „Logbuch des Robinson Crusoe“ die Messlatte für mich und den Lesern zu hoch angelegt: nur, so etwas wie das Logbuch bekommt man nicht alle Tage zu Papier (auf den Bildschirm). Es wäre vielleicht auch langweilig, erschienen die Abenteuer der Weltgeschichte doch im selben Zeitraum wie die Robinson-Serie (jedenfalls deren erste 125 Hefte). Für ein Zeitgeschehen blieb nicht mehr so viel neues zu erzählen, außer, ich würde aus entsprechenden Nachschlagewerken Daten und Fakten heraussuchen und sie einfügen. Das hielt ich für nicht sinnvoll, ich legte hier von Anfang an mehr den Finger auf die Beschäftigung mit dem historischen Duktus der abgehandelten Themen. Ob mir das bisher ausreichend gelungen ist, bezweifele ich manches Mal selbst ein wenig. Mitunter suche ich Ursachen für mangelnde Umsetzungen bei den Zeichnern/Textern, die eine geschichtliche Betrachtung unserer Vergangenheit für damalige Zeiten (50er Jahre und Comics = Kinderkram) und verlagstechnische Möglichkeiten (kein Vergleich mit franko/belgischen Comics, die auf einen wesentlich längeren Erscheinungszeitraum hin angelegt waren. Dies ermöglichte es den Zeichnern, z.B. Martin mit seinem Alex, ausführlichere Studien zu betreiben*) zwar ganz ordentlich hinbekommen zu haben, aber doch in mitunter wesentlichen Details geschludert haben. Mitunter entgeht mir auch der eine oder andere Fauxpas, sei er geschichtlich, geografisch oder kulturell; ich müsste mitunter noch mehr in die Tiefe recherchieren, weiß aber nicht, ob das sinnvoll ist. Wahrscheinlich würde die Beschäftigung mit einem Heft dann wesentlich länger dauern und ich wäre jahrelang daran gebunden. Und ob ich Euch so lange mit diesen Beiträgen hier fesseln könnte, ist mir auch unklar.

Ein neuer Zeichner: Charlie Bood, ein Schwede, der 1952 mit seiner Frau für einige Jahre nach Deutschland übergesiedelt war. Sie war eine Opernsängerin und tourte durch Deutschland. Er war Grafiker und entdeckte bald sein Interesse an Karikaturen und an Comics. Als die Engagements seiner Frau beide nach Hamburg führten, kontaktierten ihn die Verleger Glöss und Danehls. Diese wollten sich am hiesigen Comicmarkt beteiligen. Bood war der Zeichner, den sie für realistische Serien brauchten, Bob Heinz hatten sie bereits unter Vertrag. Es entstand das Magazin-Heft „Horrido“. Boods erste Serie war eine Geschichte um den Germanen Tilo zur Zeit Julius Cäsars´. Nicht zufällig, denn historische Geschichten interessierten ihn schon immer. Daran angelehnt etablierte Bood eine zweite Reihe, die zwar in der Jetztzeit spielte, aber auf geschichtlicher Basis beruhte: Ralf, so der Titelheld, war der erwachsene Sohn eines Archäologen und bereiste mit ihm Kontinente auf der Suche nach bisher unbekannten, nicht entdeckten Artefakten und versteckten Schätzen (u.a. fanden sie das bisher nicht aufgefundene Grab des Dschingis Khan). Eine Sonderheft Reihe wurde bald gestartet, die erste Nummer war von Heinz (Cowboy Jerry), das zweite Heft von Bood (Ralf der junge Entdecker). Eine Weile lief alles gut, aber wie es bei kleinen Verlagen meist so läuft, vor allem bei denen, deren Basis sehr schmal ist, irgendwann warfen die Verleger das Handtuch. Bood wurde über Heinz, mit dem er befreundet war, von Lehning kontaktiert und bekam die Abenteuer der Weltgeschichte zur alleinigen Betreuung.




*Auch die hatten natürlich ihren Abgabeterminstress, selbstverständlich.

Matthias 26.06.2016 11:40

Sehr schön aufbereitet, Detlef. Die Danehl's-Kolibri (Basil, Jerry Gray) fristen ja
-trotz horrender Preise - in der Sammlerszene ein Schattendasein.

Detlef Lorenz 26.06.2016 13:07

Bis auf Alan Frank, der ist durch den Nachdruck der INCOS inkusive des Abschlusses mit den zusätzlichen Heften 6 und 7 wenigstens mal wieder ins Gespräch gekommen.


Da es nur ein Liliput-Heft ist, dachte ich, eine kleine Abbildung würde reichen :zwinker:

user06 26.06.2016 14:36

Wäschers Bild von der Entführung Helenas in “Troja“ ist für die damalige Zeit ganz schön gewagt...

Matthias 27.06.2016 17:02

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 524842)
Bis auf Alan Frank, der ist durch den Nachdruck der INCOS inkusive des Abschlusses mit den zusätzlichen Heften 6 und 7 wenigstens mal wieder ins Gespräch gekommen.

Ja, nachdem ein Sammlerfreund aus dem hiesigen Raum und ich über Jahre hin immer mal wieder bei der INCOS nachgefragt haben, ist dann endlich dieser Nachdruck erschienen. Wir hatten schon gar nicht mehr dran geglaubt.

Detlef Lorenz 02.07.2016 17:37

Nummer 33


Columbus, Der Entdecker der neuen Welt





Kolumbus hat, bevor er seine erste Fahrt nach „Indien“ antreten konnte, einige europäische Königshöfe abgeklappert. Niemand wollte seine Geschichte von der Fahrt nach Westen um nach Osten zu gelangen, für bare Münze nehmen. Allerdings nicht, weil die Erde für eine Scheibe gehalten wurde, sondern weil Er den Umfang der Kugel als wesentlich geringer angab, als er tatsächlich war!? Seit dem Altertum ist bekannt und unter Gelehrtenkreisen und selbst von der Kirche akzeptiert, das die Erde eine Kugel ist. Kolumbus reklamierte für sich aus der Karte von Paolo dal Pozzo, mit dem er korrespondierte, einen wesentlich geringeren Abstand von Europa nach Ostasien (was in der Regel mit Indien bezeichnet wurde). Als weiteren Hinweis führte er den antiken Geografen Ptolemäus an, der Eurasien in Ost-West-Ausrichtung als halb so groß wie die gesamte Erdbreite angab. Tatsächlich sind es nur 130° statt 180°. Anders ausgedrückt, vermutete er einen Abstand von 4.500 Kilometer bis Japan (Zipangu), der in Wirklichkeit 20.000 Kilometer betrug. Viele Gelehrte an den Königshöfen wussten allerdings um die wahre Ausdehnung und beschieden ihm ihre Ablehnung (seit Eratosthenes um 240 v.d.Z. den Umfang um nur ~ 4% falsch berechnet hatte). Also musste die Wasserfläche zwischen Europa und Indien, ohne Amerika dazwischen, von einer solchen Ausdehnung sein, dass sie mit den damaligen Schiffen und auch lange danach, nicht passierbar sei. Kurz und gut, irgendwann gelang es ihm jedoch die gute Laune Isabellas von Kastilien auszunutzen, die sie unmittelbar nach der Vertreibung der letzten maurischen Eroberern vom europäischen Kontinent hatte und bekam 3 Schiffe zur Verfügung.






Die Geschichte im Heft sieht auf den ersten Bildern einen nachdenklichen Kolumbus, dem „bald die Einsicht kommt: die Erde ist eine Kugel.“ >>Donnerwetter!<< da hatte er aber eine Eingebung, die es in sich hatte. Schade, dass hier bereits eine Überhöhung Kolumbus` angenommen wurde, die so keine Grundlage besaß. Eine Seite später sieht man ihm beim portugiesischen König, der aber lieber seine Seeleute rund um Afrika schickte, und die dann auch tatsächlich Indien als erste erreichten (siehe Heft 13). Jahrelang hielt er sich dann bei Isabella auf, die ihn hinhielt. Erst als er nach Frankreich abreisen wollte, hatte sie erbarmen, bzw. wollte niemand anderen die Möglichkeit einer eventuell doch erfolgreichen Reise nach Indien zu gönnen. Die dann geschilderten Probleme entsprechen den bekannten Erlebnissen. Am 12. Oktober gehen sie vor San Salvador an Land, Kolumbus glaubt in Indien zu sein. Dort findet er nicht das Gold, was er glaubte zu finden, auch keine Gewürze oder sonstige Reichtümer. Dann geht die Santa Maria defekt und muss aufgegeben werden. Eine Siedlung wird gegründet, die Rückreise geht grade so gut. Er wird dann zwar mit Ehren überhäuft, aber die mitgebrachten Schätze entsprechen nicht den Erwartungen der Majestäten. Weitere Reisen folgen, Zusammenstöße mit den Kariben, der Untergang der gegründeten Kolonie, Missgünstige schwärzen ihn an. Er wird seines Amtes enthoben. Zurück in Spanien „erhebt sich Isabella tief bewegt und befiehlt, seine Ketten zu lösen.“ Nun kann Kolumbus noch eine 4. Reise unternehmen, auf der er (mittel-)amerikanisches Festland betritt. Unbeirrt glaubt er Indien gefunden zu haben. Isabella stirbt, Ferdinand, ihr Gatte, hält sich nicht an die Versprechen und etwas vereinsamt stirbt er und erlebt nicht mehr, wie 1507der neue Kontinent von Martin Waldseemüller nach Americo Vespucci auf der ersten Karte mit den östlichen Umrissen Amerika genannt wird.

So weit, so gut. Der Comic ist von Charlie Bood anschaulich, detailliert , allemal sogar mehr als die für Horrido und im Großen und Ganzen historisch korrekt beschrieben und gezeichnet. Hier streiten sich allerdings heutzutage schon „Gelehrte“: mancher behauptet, Bood hätte nicht allein gezeichnet und getextet. Woher auch immer dieses Wissen stammt, mir hat er in einem Gespräch versichert, die Story und die Zeichnungen völlig allein gestaltet zu haben. Lediglich ein Text am Ende des Heftes über „Die Entdeckung des Erdballs“ scheint von W. Knoop zu stammen, das Kürzel am Ende des Artikels - kp. - deutet auf den Redakteur der Hefte hin. Bood selbst wird nirgends erwähnt, auch nicht im Impressum. Auf der vorletzten (Comic-)Seite hat er seinen Namen untergebracht.






Beim Betrachten der Abbildungen wird so mancher auf den Gedanken kommen, diese und die folgenden Heftgeschichten überhaupt nicht zu den Comics zu zählen. Schon Prinz Eisenherz kämpft ja um Anerkennung, hier wie da gibt es keine Sprechblasen und so gut wie keine Dialoge. Viele Textklötze ergänzen die Bilder, oder soll man sagen, die Bilder begleiten den Text. Da kann sich jeder aber selbst seinen Reim draus machen und seine Ansichten und Meinungen dazu hier vielleicht mal posten.

underduck 02.07.2016 20:23

Dann ist Mosaik aber auch kein Comic. :zwinker::grins:

Detlef Lorenz 03.07.2016 10:35

In der Tat, So was kann dabei rauskommen, wenn Definitionen zu eng gesetzt werden :kratz:

Pickie 04.07.2016 10:45

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 525156)
Beim Betrachten der Abbildungen wird so mancher auf den Gedanken kommen, diese und die folgenden Heftgeschichten überhaupt nicht zu den Comics zu zählen. Schon Prinz Eisenherz kämpft ja um Anerkennung, hier wie da gibt es keine Sprechblasen und so gut wie keine Dialoge. Viele Textklötze ergänzen die Bilder, oder soll man sagen, die Bilder begleiten den Text. Da kann sich jeder aber selbst seinen Reim draus machen und seine Ansichten und Meinungen dazu hier vielleicht mal posten.

Denke schon, dass sich auch in diesem Fall die Bilder und der Text ergänzen. Für mich sind diese Kombinationen aber schwer lesbar (und daher - dank besserer Alternativen - uninteressant).

Für den Lesefluss und das spezielle (Comic-)"Leseerlebnis" optimal ist es dagegen, wenn die Textbestandteile ([kurze] Erklärungen, Sprache und Geräusche) mit den Bildern eng verbunden werden. ;)

underduck 04.07.2016 12:16

Die Weiterentwicklung davon nennt sich glaube ich Zeichentrickfilm ... und macht das ganze noch kurzweiliger als statische Bildpanele mit Sprechblasen. :zwinker::grins:

Pickie 04.07.2016 13:29

Ja, nein, ich mein: jein. Zeichentrick ist wieder was anderes. Das ist "Kino" (was großartig sein kann). Beim Comic schließt die Phantasie des Lesers die Lücken zwischen den Panels. Das ist eher "Kopf-Kino" (und macht das Ganze bisweilen noch kurzweiliger als passives Betrachten).

Detlef Lorenz 08.07.2016 16:25

Nummer 34


Wallenstein, Feldherr und Rebell






Hier das Original des Titelbildmotives, welches Bood im Hintergrund mit der Ankunft einer dänischen Flotte vor Stralsund ausschmückte. Es ist von Anthonius van Dyck.





Wallenstein (Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein) war ein tschechischer Adliger, der durch Heirat zu einem beträchtlichen Vermögen gelangte. Im 16. und 17. Jahrhundert war Böhmen und Mähren ein Teil des Heiligen Römischen Reiches und Prag ein Hauptsitz der Habsburger. In den Jahren ab 1610 entzweiten sich die Brüder Rudolf (Kaiser) und Matthias. Der Kaiser schickte Truppen nach Mähren und Mähren, sie besetzten kurzzeitig Prag, aber die erzwungene Abdankung Rudolfs beendete den Zwist (Matthias wurde später Kaiser). Dessen ungeachtet gingen die religiösen Auseinandersetzungen, Katholiken vs. Protestanten, in Böhmen und Mähren weiter. Sie führten schließlich zum sogenannten „Prager Fenstersturz“ *, der 1618 als Auslöser des 30jährigen Krieges betrachtet wird. Wallenstein stellte sich auf die Seite des Kaisers, bekam von diesem eine sogenannte Bestallungsurkunde und lies seine Werber Soldaten anwerben. Kurz danach weitete sich der ursprünglich tschechische Aufstand immer mehr aus, bis schließlich nicht nur die Schweden, sondern auch Dänen, Franzosen, Engländer mit Hilfskontingenten oder ganzen Armeen in den Krieg eintraten.

Die Bevölkerung im Reich litt am schlimmsten unter diesen Auseinandersetzungen, in denen es nur Vordergründig um Religion ging: das Festigen der Macht, die Ausdehnung derselben, egal ob persönlicher oder wirtschaftlicher, war der Hauptgrund. Die Furie des Krieges führte dazu, das die Bevölkerung von Anfangs rund 16 Millionen auf knapp die Hälfte schrumpfte. Ganze Landstriche wurden verwüstet, so das am Schluss, 1648, fast nichts mehr da war, um was es zu kämpfen lohnte. Man einigte sich auf einen Frieden, der schon viel früher hätte erreicht werden können.







Das vorliegende Heft, im Januar 1956 erschienen, behandelt die Rolle Wallensteins im 30jährigen Krieg bis zu seiner Ermordung im Februar 1634 in Eger, Böhmen. Einleitend wird der Prager Fenstersturz sehr richtig als Auslöser des kommenden Schlachtens vorangestellt. Allerdings fällt Bood auf die nicht mal annähernd sichergestellte Anekdote vom unter dem Fenster liegenden Misthaufen herein: direkt unter dem Fenster, im Burggraben, dürfte kaum ein solcher angelegt worden sein. Entstanden scheint sie mit der Behauptung der Katholiken von einer „göttlichen Fügung“ für die Unversehrtheit der in die Tiefe gefallenen Opfer entstanden zu sein. Die daraus aufkommende Replik seitens der Protestanten, die den Misthaufen an Stelle „Gottes“ setzten, setzte sich schließlich im Volksmund durch.

Ein weiteres Panel zeigt Wallenstein sein Horoskop – von Johannes Kepler erstellt – studierend und suggeriert damit einen abergläubischen künftigen Befehlshaber der kaiserlichen Truppen. Das ist natürlich insofern unsinnig, da nicht nur zur damaligen Zeit der Aberglauben ein nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die meisten Menschen ausübte: Glauben gebiert Aberglauben, das eine kann ohne das andere nicht existieren. Ansonsten wird der Lebensweg Wallensteins, seine Schlachten und Entscheidungen, seine beginnenden Gegensätze zum kaiserlichen Hof in Wien, abermaliges Erheben zum Generalwachtmeister der katholischen Liga, zwar knapp, dem begrenzten Platz des Heftes geschuldet, aber recht anschaulich geschildert und gezeichnet. Seinen Tod durch eine Gruppe schottisch/irischer Offiziere wurde nie gesühnt, sein Vermögen unter ihnen Aufgeteilt (Jahre später erhielt seine Witwe einen kleinen Teil zuerkannt).







Diese Seite zeigt die Erstürmung Magdeburgs durch die kaiserlichen Truppen General Tillys. Dieses Ereignis, eher Gemetzels, markiert eines der schrecklichsten Geschehnisse in diesem von unsäglichen Gräuel nicht armen Krieges: etwa 30 000 Menschen fielen diesem zum Opfer, die Stadt völlig zerstört.

Auf der Seite 3, 4 und 31 beschreibt Knoop (vermutlich) unter dem Titel „Bombardiere Musketiere – Pikeniere, Soldaten im dreissigjährigen Krieg“ die Eigenarten, die Bewaffnung und Kampfesweise der Armeen in dieser Zeit. Im Nachwort an die „Lieben jungen Freunde“ erklärt „Euer Hans Jürgen“ diese Neuheit in der Heftgestaltung. Er habe das absichtlich so gemacht: „(…) denn wenn man die furchtbaren Jahre (1618-48) mit ihrem Unglück, das sie über unser Land gebracht haben, verstehen will, muß man auch wissen, welche verschiedenen Arten von Soldaten es gab, wie sie ausgerüstet waren, und wie sie ihre Zeit außerhalb des Dienstes verbrachten.“ Wenn denn auch gelegentlich über das Leben der Bevölkerung genau so ausführlich berichtet wird, kann man damit leben sein. Wir werden sehen …

Dann kündigt Hans Jürgen noch einen neuen Erscheinungstermin an, der nunmehr auf den Anfang eines jeden Monats stattfindet. Außerdem erteilt er Wünschen der Leser nach Tagesaktuellem, aber auch Geschehnissen aus dem ersten und zweiten Weltkrieg eine Absage, weil sie seiner Meinung nach genügend und ausführlich in den Illustrierten behandelt werden.

*Das war bereits der zweite, der erste fand im Juli 1419 statt und löste die „Hussitenkriege“ aus.
Ein dritter, 1948, führte zum Tode des tschechischen Außenministers Jan Masaryk, der der Tschechoslowakei bis 1990 eine kommunistische Regierung bescherte.

Pickie 08.07.2016 16:39

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 525156)
Viele Textklötze ergänzen die Bilder, oder soll man sagen, die Bilder begleiten den Text.

Dies sind "stumme" Comics. Anachronistisch schon bei Erscheinen. Der Stummfilm war auch längst abgelöst.

Detlef Lorenz 08.07.2016 16:58

Sie sind nicht komplett "stumm", denn in den Textklötzen gibt es gelegentlich auch Redebeiträge. Beim Columbus öfter, beim neuen Wallenstein nur am Schluss, in der Mordsequenz. Ob das nun anachronistisch ist, ist eigentlich egal, aber ich schließe aus deinen Ausführungen, dass du diese Art der Geschichtenerzählung für nicht Comic-Like hälst - richtig!? Prinz Eisenherz fällt dann auch in diese Kategorie!?

Pickie 08.07.2016 17:44

Nein, ich halte diese Art der Geschichtenerzählung nicht nur für "Comic-like" - also nicht nur für Comic-ähnlich oder Comic-typisch (ich weiß nicht genau, was Du mit "Comic-like" meinst) -, sondern sie fällt für mich direkt unter den Begriff "Comic".

Prinz Eisenherz auch.

Aufgrund der Qualität der Zeichnungen bietet der ein wiederum anderes, ganz eigenes Leseerlebnis. "That´s all."

Detlef Lorenz 08.07.2016 18:22

Da gehen wir in der Kategorisierung schon konform, also siehst du "Die Abenteuer der Weltgeschichte" auch als Comic an!

Wenn du jetzt aber Prinz Eisenherz allein der Qualität der Zeichnungen wegen als Comic einstufst, finde ich das schon gewagt; unabhängig davon, dass sie tatsächlich einen besonderen Lese- und Betrachtungsgenuß bieten ... jedenfalls die Hal Foster - Storys.

Pickie 08.07.2016 18:50

Hatte schon mit meiner Antwort auf die Ausgangsfrage sagen wollen, dass ich "Die Abenteuer der Weltgeschichte" als Comic ansehe:

Zitat:

Zitat von Pickie (Beitrag 525236)
Denke schon, dass sich auch in diesem Fall die Bilder und der Text ergänzen.


Die Statements zu speziellen "Lesbarkeiten" sind persönliche Betrachtungen von mir und sollten mit "Comic-Definitionen" gar nichts zu tun haben.

Das gilt auch für die Arbeiten von Hal Foster. ;)

Detlef Lorenz 11.07.2016 21:41

Nummer 35


Nelson, Der Held von Trafalgar






Nelson: wer von den 8-12 jährigen damaligen Lesern – Mitte der 1950er Jahren – konnte etwas mit diesem Namen anfangen. Vielleicht ein paar, aber die Mehrheit nicht. So kommt es mir auch fast etwas gewagt vor, dieses Thema in die Heftserie einzureihen. Aber für mich war es auch damals schon mehr als interessant, am „Geschichtsunterricht“ der Abenteuer der Weltgeschichte teilzunehmen (und das Lady Emma Hamilton, die Mätresse Horatio Nelsons dabei nicht vorkam, störte nicht, denn die kannte man sowieso nicht).






Außer im Einleitungstext und auch da nur knapp, wurde nichts über Nelson Privatleben geschrieben. Es ging im Heft nur um bekannte Seeschlachten, angefangen 1779 bei Cadiz bis Cap Trafalgar im Oktober 1805. Dazwischen reihten sich die Kämpfe vom Eroberungsversuch Teneriffas, der Seeschlacht 1798 bei Abukir, die Beschießung Kopenhagens einschließlich der Vernichtung der dänischen Flotte, bis zum schon erwähnten Zusammentreffen der vereinigten spanisch/französischen Flotte gegen die britische, bei der Nelson sein Leben verlor. Etwas privates kommt dann zum Schluss: die endgültige Glorifizierung des inzwischen zum Lord ernannten Admirals. Diese hat er selbst eingeleitet, in dem er verbot, seinen Leichnam, wie üblich, der See zu „übergeben“, sondern nach England zu überführen. Dort wurde er mit Pomp beigesetzt und als „Held“ in den Geschichtsbüchern verewigt.







Tja, wer ist der eigentliche Held dieser Gemetzel, der Oberbefehlshaber, dessen „Chef“, hier die Admiralität, oder noch höher, der König oder sonst ein Regierender, oder der verführte Seemann, der an das Flaggensignal „England erwartet, dass jeder Mann seine Pflicht tut!“ glaubt hat. Das ist, andere Ländernamen verwendet, ein Problem auf der ganzen Welt, bis auf den heutigen Tag.

Charly Bood hat den kriegerischen Ablauf recht „ausdrucksvoll“ in Szene gesetzt, 2 Flottenkarten der jeweiligen Kampforte (Abukir und Trafalgar) illustrieren auch für den maritimen Laien das Geschehen auf See verständlich. Die zeitlichen Abläufe zwischen den Gemetzeln auf den Meeren werden mit umfangreichen Textklötzen überbrückt – wie üblich ist dies dem zur Verfügung stehenden Platz geschuldet. Die Sprache ist leider wieder sehr martialisch (er ist ähnlich dem der bisherigen Heften) und deutet somit nicht unbedingt auf die Urheberschaft Boods hin. Was dem Kriegsgegner trösten mag, auf einem Kriegsschiff sind die Befehlshaber selbst höchst gefährdet: nicht nur Nelson verlor sein Leben, weitere Admirale und Kapitäne wurden in den diversen geschilderten Seegefechten getötet … Allerdings ist die See eines der absurdesten und für die „Anstifter“ der Gemetzel höchst willkommener Ort, denn schon wenige Stunden nach den Kämpfen ist von den Toten, selbst den meisten Verwundeten und das gesamte zerstörte Material spurlos verschwunden; die Meeresoberfläche zeigt sich so unschuldig wie eh und je.

Das Heft beinhaltet 2 Artikel, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Gleich auf Seite 3 heißt es: Das Gespenster-Wrack (von Karl Heinz Koizar) und schildert Erlebnisse des Tauchers Jack, der bei der Bergung eines Schatzes von einem Polypen attackiert wird. Der zweite Beitrag, Tahiti, Sammelplatz der Geisterschiffe, von Harry Williams, stellt den Franzosen Jacques Bracour vor, der auf dem Pazifik sogenannte Geisterschiffe birgt und mit gutem Gewinn weiter verkauft.

„Euer Hans Jürgen“ erzählt noch einmal von den in diesem Heft geschilderten „interessanten und abwechslungsreichen Kämpfen auf dem Wasser, das bekanntlich keine Balken hat“. Was es mit den „keine Balken“ auf sich hat, habe ich schon weiter oben geschildert und ansonsten lasse ich diesen Kommentar mal unkommentiert so stehen … was natürlich auch schon eine Meinungsäußerung ist. Auf die folgende Ausgabe der Serie, die Hans Jürgen vorstellt, freue ich mich schon besonders, hat sie doch eine der mich am meisten interessierenden Zeitabläufe zum Inhalt!

Pickie 13.07.2016 10:29

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 525418)
Sie sind nicht komplett "stumm", denn in den Textklötzen gibt es gelegentlich auch Redebeiträge. (...) Ob das nun anachronistisch ist, ist eigentlich egal (...).

Für die Ausgangsfrage ist das egal, ja. - Dazu noch die Anmerkung, dass es für den Begriff "Comic" ja nicht einmal ein Ausschlusskriterium sein kann, wenn in einer Bildgeschichte überhaupt keine Schrift vorkommt. Denn ob in der Geschichte, die erzählt werden soll, gesprochen oder (sichtbar) gedacht wird oder Geräusche entstehen oder nicht, kann ja kaum auf die Definition zurückschlagen.

Ich finde übrigens das Cover-Konzept der "Abenteuer der Weltgeschichte" recht gelungen.

Detlef Lorenz 15.07.2016 14:43

Nummer 36


Herman der Cherusker, Sieger über die Römer






HERMANN!, welcher klang, welcher Held, der Germanien von der Römerplage befreit hat. Alle jubelten ihm zu, vor allem die ab dem 19. Jahrhundert, denn Hermann … wieso eigentlich Hermann? Einen Helden solchen Namens ist uns aus der antiken Geschichtsschreibung nicht überliefert, vielleicht ist er ja ein Trug- ein Wunschbild eines in größere und kleinere Staaten zerrissenen Volkes. Hermann scheint eher ein Synonym eines starken Anführers zu sein, auf den das Volk gewartet hat – hat es das, oder eher die Mächtigen, die mächtiger werden wollten.

Wie dem auch sei, Hermann ist eine Eindeutschung des lateinischen Arminius, der uns aus mehreren antiken Quellen überliefert ist. Schließlich kann ein „Arminius“ nicht der Anführer eines Aufstandes gegen die Unterjochung ausländischer Mächte sein, es muss schon etwas einheimischer klingen. Hermann wurde als Vorbild für nationales Heldentum herausgestellt und von entsprechenden Kreisen immer mehr vereinnahmt. Die Eindeutschung des Namen Arminius zu Hermann soll zur Zeit und im Umfeld Martin Luthers stattgefunden haben. Das Hermannsdenkmal ist der übergroße Ausdruck dieses Nationalgedankens.






Hier sehen wir Arminius (im Text stets so genannt, hier mit dem Zusatz: „uns als Hermann bekannt“) in seine Hütte zurückkehren, begrüßt von seiner Frau und beider Kinder. Nur kurz der Hinweis, das Arminius zu dieser Zeit noch in römischen Diensten stand. Thusnelda, so ihr Name (und die kürzeste Allee in Berlin mit nur 100 Meter Länge und direkt auf die Arminius-Markthalle zuführend, nicht Hermann-Markthalle!), ist wohl erst um die Zeit der Auseinandersetzungen mit Varus seine Frau geworden. Seinen einzigen Sohn hat Arminius nie gesehen, da Segestes seine Tochter Thusnelda um das Jahr 15, zu dieser Zeit hochschwanger, freiwillig übergebenan die Römer hat. Segestes mochte Arminius nicht und dieser ihn ebenfalls nicht. Dort erst wurde Thumelicus (ein germanischer Name des Kindes ist nicht bekannt) geboren.

Während einer öffentlichen Bestrafungszeremonie im römischen Lager erscheint ein Offizier und „verbeugt sich vor Varus“. Soweit mir bekannt ist, ist die Ehrerbietungsgeste, vergleichbar mit der Hand an die Schläfe, das Schlagen der rechten Faust auf die linke Brustseite (man möge mich ev. korrigieren). Das Lager, in dem sich diese Szene abspielt, ist schon fast „natürlich“ einem Wildwest-Fort ähnlich. Römische Feldlager, auch wenn sie auf Zeit errichtet wurden, sahen so aus:




In der Regel wurde als erstes ein Graben ausgehoben, der Aushub als Wall aufgeschüttet. Oben drauf wurden angespitzte Pfähle eingerammt. Wenige Gebäude, vor allem im rechtsrheinischen Germanien, bestanden aus Stein (Verwaltungsgebäude), der Rest waren Holzbauten.

Der Verlauf der „Schlacht im Teutoburger Wald“ folgt im Heft ansonsten der Darstellung des römischen Historikers Cassius Dio, abgefasst etwa im Jahre 200. Dio schildert die Topografie als stark bewaldet, mit Moor durchdrungen, teilweise von sehr hohen felsigen Hügeln eingerahmt. Dem widerspricht natürlich die vor einigen Jahren in Osnabrücker Land bei Kalkriese aufgefundenen archäologischen Fundstellen. Anfangs glaubten die Historiker endlich den tatsächlichen Ort gefunden zu haben (es wurde sogar ein Museum errichtet), aber inzwischen mehren sich die Zweifel…







Auf dem letzten, Arminius zeigendem Bild, dankt er seinen Männern für die gezeigten Leistungen und fordert sie auf: „Geht nun wieder zu Frau und Kind zurück, und ich möchte nur hoffen, dass ich Euch nicht noch einmal zu rufen brauche, sondern wir alle in unserer Heimat in Frieden leben können!“ Ein doppelter frommer Wunsch, denn die Römer dachten mitnichten daran, Germania Magna so ohne weiteres aufzugeben. Außerdem galt es eine militärische Schmach zu tilgen und es erfolgten in den kommenden Jahren noch diverse Kämpfe zwischen ihnen und den Germanen, hauptsächlich unter der Führung Arminius´. Zusätzlich brachen unter den Germanen wieder die alten Streitigkeiten aus. Arminius zieht gegen die Markomanen, er selbst wird von Segestes entführt, flieht, greift die Befestigung seines Schwiegervaters an, dieser ruft die Römer zu Hilfe und wie es weiter geht, habe ich schon oben beschrieben.

Alles in Allem sind die Abläufe aber recht ordentlich wiedergegeben und gezeichnet, nur die überlangen „Kurzschwerter“ der Römer können leichtes Kopfschütteln bereiten. Der Schlusssatz der Geschichte ist wieder typisch für die Abenteuer der Weltgeschichte: „Mögen recht viele Jungen und Mädel diesen für die Geschichte so bedeutsamen Ort aufsuchen und an die Zeit zurückdenken, wo ein Mann wie Hermann der Cherusker im September des Jahres 9 nach Chr. den Mut fand, Männer um sich zu scharen, die den Kampf um die Freiheit ihres Volkes gegen fremde Herren aufnahmen und siegreich beendeten.“ Was haben die Germanen denn nun tatsächlich davon gehabt und wieso ist ihnen gelungen, was den Galliern unter Vercingetorix nicht gelang. Erst einmal hatten die Gallier eine deutlich höhere Kulturstufe als die Germanen. Es gab Straßen, richtige Städte, damit Zentren lokaler Machtausübung. Dies fehlte in den germanischen Wäldern, hier gab es hauptsächlich einzelne Höfe, kleine Siedlungen, aber kein Zentrum – außer befestigten Burgen ähnlicher Bauten der Stammesfürsten. Die Germanen versammelten sich, kämpften, zerstreuten sich, sammelten sich, usw. Die Römer stießen, im Gegensatz zu Gallien, in einen nachgiebigen Stammesverband, in dem man sich zusätzlich nicht einmal grundsätzlich einig war. Und was haben sie im Gebiet zwischen Rhein und Elbe von der Vertreibung der Römer gehabt: sie mussten immer damit rechnen, nach Plünderungen auf römischen Gebiet, denn dort gab es das, was in Germanien nicht produziert werden konnte, von Strafexpeditionen heimgesucht zu werden. Es war ihnen auch unmöglich eine Zentralregierung, selbst für einen Stamm, zu bilden. Sie blieben zerrissen, uneins, stets das Opfer stärkerer Nachbarn. Es hat sich also gelohnt …

Auf den Seiten 4 und 5 findet sich ein Widerspruch zur Lebensweise der Germanen (Lektor!). Im Artikel zur Einleitung des Heftes findet sich unter dem Titel: „Die Germanen“ (Seite 3-4) von –kp- folgender Satz, der die Germanen als kriegerisch aus eigenem Antrieb beschreibt: „Durch Verteilung der Beute, durch Geschenke von Pferden und Waffen und durch reichliche Bewirtung band der Häuptling seiner Männer enger an sich. Die Mittel lieferten Krieg und Raub*. Daher rührte auch die unersättliche Kriegslust der Anführer und ihrer Leute.“

Im Vorwort zum Comic heißt es dazu: „Aber in Wirklichkeit führten die damaligen Bewohner Germaniens einen harten Kampf um ihr Dasein, rodeten die Wälder, setzten sich gegen fremde Eindringlinge tapfer zur Wehr und wollten in Ruhe ihre Felder bebauen (sic!).“

Desweiteren unterstellt der Texter (Bood, Knoop?) den Lesern im Vorwort die Kenntnis – auch inhaltlicher Art – von Cäsars „Gallischem Krieg“, erstaunlich! Sicherlich werden Gymnasiasten diese Buch in den Händen gehalten und sich damit abplagen gehabt haben müssen, aber die überwiegende Anzahl der Leserschaft wird den Namen Cäsar im geschichtlichen Zusammenhang natürlich schon kennen, aber den „Gallischen Krieg“? Zumindest hat man ihn hier dann erstmals gehört und später, bei Interesse, auch zugelegt (und gelesen). Wieder mal ein Baustein zur Widerlegung der –damaligen- These, das Comics verblöden. 

Nebenbei, Arminius kommt als Abbildung im ganzen Heft nur auf 4 Bildern vor. Das dürfte für die namensgebenden Titelfigur auch nicht so oft vorkommen.

*Auch und grade untereinander. Denn ihnen, den Germanen, fehlten die Möglichkeiten zu ausgedehnten Beutezügen auf weit entfernte Gebiete. Erst als jenseits des Rheins die Römer ihre Kultur errichteten (Köln, Xanten, Mainz, Regensburg, usw.) gab es dort Überfälle sporadischer Art – was ja auch einfacher ist, als selbst in die Hufe zu komme und mit dem eigenen Volk etwas Kultur zu Hause (in der immer wieder und auch in dieser Heftreihe so oft beschworenen „Heimat“, der eigenen „Scholle“) zu schaffen.

Detlef Lorenz 26.07.2016 20:00

Nummer 9

Armin der Cherusker






Aus gegebenem Anlass schiebe ich ein Sonderheft der Reihe „Illustrierte Klassiker“ vom bsv Verlag Hannover dazwischen. Es ist in diesem Monat herausgekommen und behandelt das selbe Thema, wie das vorherige Heft der „Abenteuer der Weltgeschichte“. Ich habe da mal reingeschaut und war sogleich einigermaßen konsterniert: die Germanen, jedenfalls die Männer, laufen in Bärenfellen herum, tragen teilweise und nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Kampf, die berühmt/berüchtigten Hörnerhelme der Wikinger. Die Handlung ist gradlinig, von der Geburt Armins, seiner römischen Zeit, in der er eine militärische Ausbildung erhielt und sein Kampf gegen die drei römischen Legionen des Varus (natürlich nicht alleine, sondern zusammen mit den verbündeten Stämmen).






Soweit stimmt es mit den Erzählungen über Arminius überein, so wie wir sie allgemein kennen. Die Zeichnungen stellen alles etwas einfach dar, vom tollen Titelbild abgesehen, das von Ertugrul gefertigt ist. Erwähnt wird auch noch die mangelnde Solidarität der Germanen untereinander, als die sogenannte römische Gefahr beseitigt ist.






Auf dem letzten Bild wird das Hermannsdenkmal dargestellt und das sieht schon etwas sonderbar aus – man schaue es sich auf dem vorherigen Titelbild an und vergleiche die dortige, korrekte, Darstellung mit der von diesem Illustrierten Klassiker – Heft … Schade, das Delia Larios, dem Geschichtenzeichner, kein vernünftiges Referenzmaterial zur Verfügung stand. Ansonsten gibt es nicht viel zu bemerken, vom kulturhistorischen ist das Heft mäßig, das es der bsv Verlag überhaupt bringt, schon positiv und bemerkenswert.

Detlef Lorenz 14.09.2016 08:48

Heute geht es mit den Abenteuern der Weltgeschichte weiter: wegen unseres Urlaubes und anderen Dingen, die erledigt werden mussten, gab es eine größere Pause. Dafür ist die folgende Ausgabe der Serie inhaltlich von mir etwas ausführlicher behandelt worden.


Nummer 37


Afrika Lockt, H.M. Stanley, Abenteurer und Forscher






Henry Morton Stanley wurde 1841 in der walisischen Stadt Denbigh als John Rowlands geboren (nichtehelich) und kam, nachdem ihn seine Mutter zum Großvater gegeben hatte, mit fünf Jahren in ein Arbeitshaus. Dort wurde er, wie alle jugendlichen Insassen von den Wärtern geschlagen und missbraucht und von den älteren Kindern gedemütigt. Seine Mutter kam ihn vielleicht einmal jährlich besuchen. Das alles, vor allem die uneheliche Abstammung, formte sein Leben, und das nicht unbedingt zum Positiven – was durchaus verständlich ist. Was er vom Arbeitshaus mitnahm, war eine für damalige Zeiten ordentliche Schulbildung.

Mit 17 heuerte er als Schiffsjunge an und landete in New Orleans. Beim Baumwollhändler Henry Hope Stanley fand er Arbeit und wurde – nach eigenen Angaben – adoptiert. Von nun an nannte er sich Henry Morton Stanley. Im Bürgerkrieg kämpfte er für den Süden, wurde gefangen genommen, wechselte die Seiten, wurde entlassen, trat der Kriegsmarine bei, desertierte und nahm in St. Louis einen Job bei einer Lokalzeitung an. Später nahm Stanley als Berichterstatter an den letzten Indianerkriegen im Westen teil. Seine Schilderungen erregten das Aufsehen des Herausgebers des New York Herald. Dieser schickte ihn nach Abessinien, dort waren Unruhen ausgebrochen und Stanley schafft es mit Glück und Bestechung, dass nur seine Berichte nach New York gesendet wurden. Später, in Madrid, erhielt er aus Paris den Auftrag „Finden sie Livingston!“

So steht es auch in der Einleitung zum vorliegenden Heft, allerdings knapper und natürlich mit der Auslassung des Arbeitshauses. Ich habe die Biografie Stanleys bis zu zur Aufgabe den seit einiger Zeit im Inneren Afrikas zu suchen, um den Werdegang seiner Charakterbildung zu schildern und womöglich zu begreifen. In seiner Zeit in Afrika tat er schließlich Dinge, die nicht so leicht zu begreifen sind, auch nicht aus heutiger Sicht. Stanley stellte ab Anfang 1871 auf Sansibar seine Expedition zur Suche von Livingston zusammen, das zu dieser Zeit ein mehr oder weniger unabhängiges Sultanat. Einige Kolonen schickte er mit Material aufs Festland voraus und brach Ende März 1871 mit insgesamt 190 afrikanischen Trägern und nur Briten auf. Der Marsch quer durch das spätere Tanganjika genannte Land war sicherlich nicht einfach, aber schon die schiere Anzahl seiner Leute bewahrte ihn vor größeren Unannehmlichkeiten. Außerdem, und das sollte man nicht übersehen, auf so ganz unbekannten Terrain bewegte er sich nicht. Arabische Händler zogen schon lange durch das Land, betrogen und beuteten die afrikanischen Einheimischen seit Jahrhunderten aus, Elfenbein und Sklaven waren dabei die wichtigsten „Handelsprodukte“. Von einem dieser Händler hörte er von einem Weißen am Tanganjika-See. Vorher allerdings hilft er einen anderen arabischen Händler lästige einheimische Konkurrenten loszuwerden. Stanley schließt sich mit seinen Leuten einem regelrechten Heer von gut 2500 Mann an und überfällt zusammen mit diesen zusammen ein afrikanisches Dorf, dessen Häuptling das arabische Handelsmonopol bedroht. Etwas versimplifizierend beschreibt es Bood im Comicheft: „Der befestigte Ort Simbesi wird am folgenden Tag angegriffen. Von allen Seiten umstellt, fällt das Dorf nach kurzer, aber heftiger Gegenwehr den Arabern und den Leuten Stanleys in die Hände. Nach afrikanischem Kriegsbrauch werden alle Hütten geplündert und in Brand gesteckt. Der Häuptling kann entkommen.“
Hier werden, bis auf den heutigen Tag weltweit vorkommende Verbrechen so dargestellt, als ob so etwas nur auf dem afrikanischen Kontinent geschehen kann!






Am 10. November trifft Stanley am Ort Ujiji Livingston und begrüßte ihn mit den inzwischen berühmten Worten: „Doctor Livingstone, I presume?“ – „Doktor Livingstone, nehme ich an“, so soll er gesagt haben. Da es dafür keine weiteren Zeugen gibt, Livingston selbst äußert sich bis zu seinem Tode 1872 nicht dazu und europäische Zeugen gibt es nicht mehr, muss es wohl so hingenommen werden. Im Heft wird dieser Vorgang mit völlig anderen Worten dargestellt, vor allem hält hier Livingston selbst eine kleine Rede, die so auch nicht überliefert ist – seltsam, aber so steht es geschrieben. Beide erforschten aber noch das nördliche Tanganjika, dann reiste Stanley zurück nach Hause.

In London erwartete ich ein kühler Empfang, die Royal Geographical Society ignorierte ihn fast (die Herren waren sauer, das ihre Expedition Livingston nicht gefunden hatte und Königin Victoria soll sich auch nicht freundlich über ihn geäußert haben. Bood schreibt im Heft dazu: „In England, wohin sich der Forscher sogleich begibt, wird er sehr gefeiert und zum Ehrenmitglied der Königlich-geograhischen Gesellschaft ernannt“ - was stimmt nun? Ich misstraue da eher Charlie Bood und habe erst viel später, nachdem ich damals das Heft gelesen hatte, lernen müssen, wie teilweise niederträchtig und skrupellos Stanley gehandelt hat, um seinen Ruhm zu steigern.
Stanleys nächste afrikanische Expedition galt der Suche nach den Quellen des Nil, ein Thema, das schon in der Antike die Griechen und Römer beschäftigte. Insgesamt 360 Mann umfasste die Mannschaft, sogar ein zusammenlegbares Metallboot hatten sie dabei. Kämpfe mit Einheimischen, die nicht gut auf Weiße und Araber zu sprechen sind, Krankheiten, Zornesausbrüche Stanleys fordern viele Menschenleben, aber Stanley ist, das muss man anerkennen, zäh. Egal wie sein Charakter ist, er ist mutig, scheut keine persönlichen Risiken, ist zugleich unbarmherzig gegen Meuterer und Desserteure. Er, der selbst desertiert war, zeigte sich anderen gegenüber gnadenlos. Vielleicht ist er deshalb nicht im Dschungel verschwunden, wie viele vor und nach ihm.

Er kommt leicht vom Ziel ab, der Kongo nimmt ihn und seine Leute auf. Drei Jahre dauert diese Tortur, dann sind sie an der Mündung des Stromes am Atlantischen Ozean angelangt.






Einer der interessiertesten Leser seiner in England verfassten Berichte über die Nil-Kongo-Expedition war König Leopold II von Belgien. Dieser war an afrikanischen Kolonien interessiert und Stanley schien ihm der geeignetste für dieses Unternehmen zu sein. Rasch wurden sie sich handelseinig, Leopold schoss aus seiner Privatschatulle Geld vor, den Rest steuerte Stanley bei – obwohl ja eigentlich der König eine Privatkolonie haben wollte. Zurück am Kongo begann Stanley die Häuptlinge der anliegenden Stämme Papiere unterschreiben zu lassen, wobei sie so unbedarft waren, dies zu tun, obwohl sie nicht ahnten, was auf sie zukommen würde. Sie verpflichteten sich, den Boden und vor allem Arbeitskräfte dem König zur Verfügung zu stellen. Als sie sich später nicht fügen wollten, begann im Auftrag des Königs, der vor einigen Jahren noch ein weiteres Denkmal in Belgien bekam, eines der grausamsten Regimenter in Afrika zu wüten. Man schätzt – vorsichtig – dass mindestens 5-6 Millionen Menschen in wenigen Jahren ums Leben kamen, von den Verstümmelten ganz zu schweigen. Hände abhaken für „Faulheit“ oder Widerborstigkeit war an der Tagesordnung. Die schwarzen Askaris bekamen für verschossene Patronen nur Ersatz, wenn sie entsprechend Finger ihrer Opfer vorweisen konnten. Das alles hat mit Stanley natürlich nur indirekt zu tun, aber immerhin bereitete er den Boden für dieses Unmenschlichkeiten vor.
Im Comic-Heft nimmt die Inbesitznahme des Kongobeckens Stanleys für Leopold nur einen geringen Raum ein. Einige Sätze, dürre Fakten müssen genügen. Mit keinem Wort erwähnt Charlie Bood die unrühmliche Rolle Stanleys und das verbrecherische Regime von Leopolds Schergen.
Als der König endlich seine Privatkolonie fest in den Händen hielt, kamen Nachrichten aus der südlichsten Besitzung Ägyptens nach Europa, aus Äquatoria, das diese durch den Aufstand des Mahdi abgeschnitten war. Der Gouverneur dieser Provinz war Emin Pascha, geboren als Eduard Karl Oskar Theodor Schnitzer in Oppeln, Oberschlesien. Einige Rettungsexpeditionen waren bereits fehlgeschlagen, also musste Stanley ran. Mit einer mehrere hundert Mann starken Mannschaft, bestens bewaffnet, ging es wieder von Sansibar aus. Allerdings war wieder einmal die Landschaft und die dort wohnenden Menschen den Weißen nicht sonderlich freundlich gegenüber eingestellt, so traf nur ein kläglicher Rest, unterernährt und krank bei Emin Pascha ein. Dieser fühlte sich auch kaum durch den Aufstand bedroht, seine Provinz war noch immer bestens organisiert. Genau genommen rettet dieser also der Stanley-Expedition nun das Leben. Pascha weigerte sich auch für den König von Belgien zu arbeiten und Stanley zog unverrichteter Dinge ab.






Pascha und Stanley treffen sich. Bood hatte hervorragende Unterlagen, wie man an diesem Bildbeispiel sieht.

Der ganze Aufwand und die Opfer waren unnötig, trotzdem wurde Stanley in England gefeiert und bejubelt. Er war auf dem Zenit seines Ruhmes. Da trat ein Mann in sein Leben, der für ihn und den König verhängnisvoll werden sollte: Edmund Dene Morel. Dieser deckte die Gräueltaten in Leopold´s Kongo auf. Er trat eine Kampagne los, die Leopold um seine Privatkolonie und Stanley in Verruf brachte. Als Stanley 1904 starb, wurde er nicht, wie von ihm sehnlichst gewünscht, in der Westminster Abbey neben Livingston beerdigt, sondern bei seinem Wohnort Pirbright in Surrey. Auf seinem Grabstein steht: „Henry Morton Stanley, Bula Matari, 1841–1904, Africa“ Wobei „Bula Matari“ zu Deutsch „der die Steine bricht“ bedeutet und als afrikanisches Schimpfwort gilt.

Detlef Lorenz 19.09.2016 09:44

Nummer 38

Amundsen, Verschollen in Eis und Schnee






Nach der Hitze des afrikanischen Kontinents verschlug es die Leser in der folgenden Ausgabe in die Kälte der polaren Regionen. Nord- und Südpol gleichermaßen waren die Ziele des norwegischen Polarforschers Roald Amundsen. 1862 bei Oslo geboren, stand für ihn schon mit 15 Jahren fest, Polarforscher zu werden. Er erfüllte sich seinen Traum, mit dem Segelschiff „Gjöa“ gelingt es ihm 1903/5 und seiner Besatzung als erste die Nordwestpassage zu durchsegeln. Ein paar Jahre später, 1910, unternimmt er das Wagnis, den Südpol als erster zu erreichen. Eine Aufwendige Expedition wird in Angriff genommen und tatsächlich erreicht seine Mannschaft im Dezember 1915 den Südpol, einen Monat, bevor der Brite Scott und seine Begleiter ihn erreichten. Scotts Expedition scheiterte nicht nur im Wettlauf die ersten zu sein, sie kamen zudem alle in der arktischen Eiswüste ums Leben.






1925 unternimmt Amundsen den Versuch, den Nordpol per Flugzeug zu erreichen. Das Wagnis gelang, und da weder Robert Peary oder Richard Byrd ihre Behauptungen einer früheren Erreichung des Nordpols hinreichend belegen konnten, gilt auch hier Amundsen als der Erste.

Mit dem italienischen Luftschiff Norge unternimmt er 1926 einen Versuch der Überquerung des Nordpols von Spitzbergen bis nach Alaska; auch dies gelang. Als 1928 der italienische Luftschiffer Nobile, der schon auf der Norge dabei war, auf einer ähnlichen Fahrt verunglückte, machte sich Amundsen mit einem Flugzeug sofort auf die Suche. Dabei blieb er verschollen und gilt seit dem 18. Juni 1928 als in den Weiten des nordpolaren Gebietes ums Leben gekommen – samt seinem Begleiter.

All dies hat Charlie Bood auf den nur 28 Comicseiten recht anschaulich zu Papier gebracht. Als einziges möchte ich die – beinahe komplette – Nichtbeachtung Robert Scotts bemängeln. Dessen Schicksal hat Bood nicht erwähnt, ebenso, wie es Nobile nach dem Absturz des Luftschiffes ergangen war (er wurde später samt den Überlebenden gerettet).






Auf diesen Karten hat Bood die Hauptreisen von Amundsen dargestellt. Die Nordwestpassage, den ersten gelungenen Flug zum Nordpol und dessen Überquerung von Spitzbergen nach Alaska.

„In der Einsamkeit der Polarnacht“ ist eine Erzählung auf den Seiten 3,4 und 33,34 nach Tagebuchaufzeichnungen des amerikanischen Polarfliegers Richard Byrd. Auf der 4. Umschlagseite ist eine Nachbestellliste aller nach lieferbaren Ausgaben der „Abenteuer der Weltgeschichte“ zu sehen. Nach wie vor können sämtliche Hefte ab der 1. Ausgabe geordert werden.

FrankDrake 19.09.2016 10:08

Macht einfach Spass zu lesen :top:

Detlef Lorenz 26.09.2016 22:29

Aufstand gegen Napoleon

Die Völkerschlacht bei Leipzig






Das aktuelle Heft befasst sich thematisch mit einer weiteren Episode aus den Napoleonischen Kriegen und zwar einer sehr entscheidenden (nach Andreas Hofer, Nr. 32). Nach dem äußerst verlustreichen Krieg gegen Russland, formierte sich erheblicher Widerstand der noch unabhängigen Fürstentümer Europas: Preußen, Österreich und Russland schlossen einen Vertrag, dem Schweden sich anschloss und bei Leipzig kam es zu einer Vorentscheidung über die Machtverhältnisse in Europa.






Napoleon hatte zu diesem Zeitpunkt nicht genug ausgebildete Truppen zur Verfügung, die besten Kräfte waren dem russischen Feldzug – und seinem Ehrgeiz - zum Opfer gefallen. Deshalb missglückte seine bisherige Taktik, die Gegner getrennt zu schlagen. Vor Leipzig kam es dann zur sogenannten „Völkerschlacht“, denen sich sächsische Truppenteile den Alliierten anschlossen, obwohl ihr König zu Napoleon hielt. Wie es ausging, ist bekannt, Napoleon wurde nicht lange Zeit später vor Paris endgültig geschlagen und nach Elba verbannt (von dort kam er zwar wieder, aber nur für 100 Tage, dann ging´s nach St. Helena).






Das alles ist von Bood flott gezeichnet, die bekannten Persönlichkeiten sind erkennbar. Natürlich gleicht der Comic wieder einer Erzählung mit starkem Bildanteil, das ist aber anders kaum zu gestalten, die Geschichte gibt den Ablauf starr vor. Die Abläufe sind geschildert, wie überliefert, am Historischen gibt es nichts zu bemängeln. Zusätzliche rein textliche Erzählungen ergänzen den Inhalt: „Die Brücke wird gesprengt“ schildert den missglückten französischen Versuch, eine Brücke über die Elster zum richtigen Zeitpunkt zu sprengen. Statt erst vor den nachrückenden Gegnern, wird sie zu früh zerstört und erhöht die französischen Verluste an Material und vor allem an Menschen beträchtlich. „Der Abschied von der Garde“ gibt die Rede Napoleons an seine Garde vor der Abreise nach Elba wieder. „Der Kaiser stirbt“ ist eine vorweggenommene Schilderung des Todes Napoleons auf St. Helena 1821. Und zum Schluss, auf der Seite 31, gibt es noch eine Schilderung eines Ereignisses aus dem Jahre 1806, die sich in Nürnberg zugetragen hat. „Getreu bis in den Tod“ erzählt vom Nürnberger Verleger Johann Philipp Palm, der eine Schmähschrift auf Napoleon gedruckt und verteilt hat. Er weigert sich den französischen Behörden gegenüber den Verfasser zu nennen und wird deshalb an dessen Stelle erschossen.






Auf der 4. Umschlagseite erschien die Reklame vom „Peligom Alleskleber“, ein Produkt aus dem Hause Pelikan. Um die Leser noch direkter zum Kauf des flüssigen Klebers zu animieren, war zusätzlich eine Ausschneidefigur abgedruckt, die auf ein Stückchen Papier aufgeklebt werden soll, damit sie stehen kann. Passend zum Heftinneren war es ein Napoleonischer Füsselier, also ein Infanterist nach heutigem Verständnis. Dieses und die meisten folgenden sind von Hansrudi Wäscher gestaltet.


***

Im Zuge der vorliegenden Erzählung sind mir viele Namen, Personen- wie Ortsbezeichnungen, untergekommen. Als Kind und Jugendlicher bin ich, von diesbezüglichen Straßennamen umgeben aufgewachsen: Möckernstr. sowie Brücke und U-Bahnhof (hier allerdings Hochbahn), Yorkstr., Lützowstr. Waterloostr., Blücherstr., Katzbachstr., Bülowstr. und Brücke*, Tauentzienstr. (KaDeWe!), usw., usf., alle fußgängerisch zu erreichen gewesen. Damals haben sie mir nicht viel gesagt, erst als ich mich später ein wenig genauer mit Geschichte befasst hatte, wusste ich um ihre Herkunft. Auch die Pohlstr., wo ich mit Comics in Berührung kam, hieß nicht immer so. Der erste, mir bekannte, Name war Steglitzer Str., dann Ludendorffstr. (der, der die „Dolchstoßlegende“ erfand). Der jetzige Name erinnert an die 1943 hingerichtete Widerstandskämpferin Ottilie Pohl.

*Im Krankenhaus an der Bülowstr. ist mein verstauchter Arm ambulant versorgt worden und vor der Brücke sind mein Cousin und ich von einem schleudernden und dann stürzenden Lkw beinahe erschlagen worden.

Detlef Lorenz 29.09.2016 11:17

NERO


Kaiser und Tyrann





Zum zweiten Male, nach dem Heft Nummer 2, „Die Verschwörer von Cartagena“, ist Nero das Thema eines Heftes. Strotzte die erste Ausgabe noch von historischen Fehlern – neben der außergewöhnlichen Fülle an `entliehenen´ Vorlagen aus Prinz Eisenherz. Das Titelbild der vorliegenden Ausgabe ist da allerdings schon zwiespältig: Positiv zu vermerken ist, dass das Portrait des Kaisers vor dem Circus Maximus zu sehen ist und nicht das Kolosseum abgebildet wurde. Innerhalb der Pferderennbahn befinden sich verängstigte Menschen vor einigen sie angehenden Löwen (einer scheint dem kommenden Drama allerdings gefasst gegenüber zu stehen). Wer das weit verbreitete Geschichtsbild zur Zeit Neros zu kennen glaubt, wird sie als Christen ansehen, die für den großen Brand von Rom verantwortlich gemacht worden sein sollen. Um dem vorweg zu greifen, als Nero regierte (54 bis 68), dürfte es keine nennenswerten christlichen Gemeinden in Rom gegeben haben. Juden dagegen lebten sehr wohl in größerer Zahl in der Hauptstadt. Christliche Gruppen waren zu dieser Zeit lediglich eine jüdische Sekte. Obwohl die Antike und insbesondere die römische Zeit sich Religionen gegenüber tolerant verhielt (das Pantheon in Rom wurde extra als Heiligtum aller im römischen Reich vertretenen Glaubensbekenntnisse errichtet), hatten die Juden eine negative Presse. Als Gerüchte aufkamen, Nero hätte entweder den Brand selbst gelegt oder als Auftraggeber fungiert, sollen seine Berater ihm vorgeschlagen haben, die Juden dafür verantwortlich zu machen, was dann auch geschah. Das er der Feuersbrunst von einem Balkon zuschaute und dabei laut Hefttext die Harfe, wohl aber eher die Lyra zupfte, gehört zur absoluten Mythenbildung und sollte seinen verderbten Charakter noch stärker herausstellen.






Viele wurden in die Arena (des Circus Maximus) getrieben und dort als Brandstifter, wie es damals die Rechtsprechung vorsah, selbst verbrannt. Entweder auf dem Scheiterhaufen oder als „Fackel“ am Kreuz. Das in späteren Jahrhunderten die erste Christenverfolgung daraus gemacht wurde, diente der Märtyrerlegendenbildung christlicher Autoren.






Die erste Zeit seiner Regierung gilt als ausgesprochen Erfolgreich, wohl durch Berater wie der des Lehrers Seneca, seiner Mutter Agrippina oder des Präfekten der Prätorianer Burrus mit beeinflusst. Als sich Nero von der Abhängigkeit vor allem dem Einfluss seiner Mutter löste, was im Heft nicht erwähnt wird, gab er sich ganz seinen Launen hin. Diese waren die öffentliche Zurschaustellung seiner künstlerischen und sportlichen Ambitionen. Die führende, sogenannte „Elite“ des Reiches, befand dies für den Herrscher absolut nicht schicklich. Und als er auch noch keine größeren Feldzüge in „Auftrag“ gab, bis auf die Eroberung Armeniens, wandten sich auch die Heerführer von ihm ab.


Der Wiederaufbau Roms, mit von Nero veranlassten sinnvollen Brandschutzmaßnehmen, verschlang viel Geld – was Nero u.a. vom Adel und den Gemeinden einzog – erhöhte seine Beliebtheit bei den Repräsentanten des Staates nicht unbedingt. Die Krönung in Bezug auf Verschwendung aber war sein neuer Palast , die Domus Aurea, des Goldenen Palastes, der ein Meisterwerk antiker Architekten, Ingenieure und Bauarbeitern wurde. Dieser wird im Comic überhaupt nicht erwähnt, ist im Gesamtbild und den nötigen Kürzungen aber auch nicht sonderlich relevant.

Eine Reihe von Verschwörungen gegen ihn wurden aufgedeckt, die entscheidende aber, die der „Verschwörer von Cartagena“, ignorierte Nero zu lange. Nero flüchtete nach Ostia um sich nach Ägypten abzusetzen. Bevor er den Hafen erreichte, beging er Selbstmord, als er die Ausweglosigkeit der Situation erfasste. Nach dem Comic dankte er ab (!?) und „man vermutet, dass er seinem Leben durch Selbstmord ein Ende bereitet hat.“ Wie Bood oder der Texter auf eine „Abdankung“ gekommen sind, entzieht sich meiner Kenntnis, denn in keiner mir verfügbaren Quelle ist davon die Rede.

Auch wenn in diesem Heft ein mitunter verfälschtes Bild über Nero wieder gegeben wird, ist es doch um einiges erfreulicher als die Vorgängerversion aus dieser Reihe. Der Hauptmangel, aber das betrifft fast alle Inhalte dieser Reihe, ist die Kürze des zur Verfügung stehenden Platzes. Das hat man bei Napoleon und der „Die Völkerschlacht bei Leipzig“ richtig erkannt (Nummer 39) und nur einen Teilaspekt aus dem Leben des Eroberers gebracht.


Auf der vierten Umschlagseite ist diesmal ein römischer Soldat zum Ausschneiden und Aufkleben abgebildet.

Matthias 29.09.2016 12:55

Hallo Detlef, vielen Dank für diesen Beitrag. Da ich mich sehr für römische Geschichte interessiere, ist der Beitrag über dieses Heft mir natürlich besonders wichtig. Du hast wieder alles sehr anschaulich und aufschlußreich dargestellt.

Detlef Lorenz 05.10.2016 09:32

Der Freiheit eine Gasse


Nordamerika erkämpft seine Unabhängigkeit





Der 14. Juli 1789, der Tag an dem die Bastille gestürmt wurde, gilt gemeinhin als Beginn der französischen Revolution. In der Bevölkerung gebrodelt hatte es indes schon jahrelang zuvor. Den Menschen des 3. Standes, den Bauern und Handwerkern, ging es im 18. Jahrhundert kontinuierlich schlechter. Allein der Brotpreis, deren Hauptnahrungsmittel, stieg in dieser Zeit auf das dreifache und bedeutete für Handwerker die Hälfte des zur Verfügung stehenden Einkommens. Die Gründe waren vielfältig: Die Verschwendung des Adels/Klerus´, die ungeheuren Ausgaben für das Militär (ein Viertel des Budgets), die Kosten der Verwaltung (~20%), Abzahlung von Staatsschulden, Naturkatstrophen (die sogenannte „kleine Eiszeit, ein Vulkanausbruch auf Island), all das bedeutete für den normalen Bürger ein Leben am, bzw. unter dem Existenzminimum.

Im Grunde war es eine Kettenreaktion, die den gesamten europäischen Kulturkreis erfasste: der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763), hauptsächlich zwischen England und Frankreich, führte zum Verlust der französischen Kolonien in Nordamerika*. Allerdings verschlang dieser Krieg ungeheuer viel Geld – neben unzähligen Menschenleben, ruinierte die französischen Finanzen (siehe oben) und verschonte auch den englischen Haushalt nicht. Die Engländer erhöhten daraufhin die Steuern, besonders in den Kolonien. Dies missfiel den Menschen, wie eh und je auf dieser Welt. Das Fass zum Überlaufen brachte die Einführung einer Teesteuer.





Am 16. September 1773 klettern junge Leute auf einen Schoner, die Dartmouth, die Tee aus Indien herangebracht hatte. Unter dem Jubel der „Bostoniens“ warfen sie die ganze Ladung ins Hafenbecken. Das ganze Geschehen ging als „Boston Tea Party“ in die Geschichtsbücher ein.**






Als ich 1992 das erste Mal in Boston war, lag dieses Schiff als Replik der Dartmouth beim Boston Tea Party Ship and Museum. Ein paar Jahre später fanden wir es nicht mehr vor, es war abgebrannt und man diskutierte lange über die Kosten einer Neu-Rekonstruktion. Inzwischen soll ein neues Tea Ship vor Anker liegen, allerdings nicht die Dartmouth, sondern eines aus der Flotte der sogenannten Tee-Schiffe.

Auf die englische (Über-) Reaktion für dieses und ähnliche Vorkommen, angedacht war die Schließung des Bostoner Hafens, oder sogar dessen Zerstörung, trat vom 5. September bis zum 25. Oktober 1774 der Erste Kontinentalkongress in Philadelphia zusammen. Es nahmen 12 Neu-England-Staaten teil und sie beschlossen, bei der Beibehaltung dieses englischen „Intolerable Acts“ keine Waren mehr nach den britischen Inseln mehr zu liefern. Gleichzeitig bereiteten die Beteiligten, u.a. George Washington, John Paine, Samuel Adams den 2. Kontinentalkongress vor. Dazu luden sie zum 10 Mai 1775 auch Québec, Saint John’s Island, Nova Scotia, Georgia, Ostflorida und Westflorida mit ein, sich zu beteiligen. Es bestand zu diesem Zeitpunkt also die Möglichkeit, das auch die kanadischen Atlantikprovinzen heute zu den USA gehören würden. Aber bis auf Georgia lehnten diese Kommentarlos ab, auch die beiden Floridas, seit 1763 britisch. Hier enthält der entsprechende Text im Heft einen, sicherlich unabsichtlichen, Fehler. Er verortet Philadelphia in Massachusetts statt in Pennsylvania.

Der Zweite Kontinentalkongress tagte vom 10. Mai 1775 bis zum 1. März 1781, allerdings nicht ununterbrochen zudem in verschiedenen Städten. Georgia nahm hier als dreizehnte Kolonie teil. Auf Grund der englischen Weigerung, dass Selbstbestimmungsrecht, also eine Regierung für die amerikanischen Kolonien zu tolerieren, unterschrieben am 4. Juli 1776 die anwesenden Vertreter die formale Unabhängigkeitserklärung der 13 Kolonien.
Die Engländer sahen dem Treiben der Kolonisten natürlich nicht tatenlos zu und entsandten Truppen in die Kolonien. Ein erstes Ziel war Massachusetts. Dort sollte eine Abteilung Soldaten in Concord nach dort versteckten Waffen, Pulver und Munition suchen. Als sie am 18/19. April 1775 den Ort Lexington erreichten, kam es zu einem ersten Gefecht zwischen den Kolonisten und Engländern. Es ging für die Engländer schlecht aus, sie zogen sich nach Boston zurück.






Am 10. Mai 1775 drangen 80 Kolonisten in das Fort Ticonderoga ein und überwältigten die Besatzung (die wegen des bisher nicht offiziell erklärten Kriegszustandes keine Wachen aufgestellt hatte). Die Kanonen sowie die Munition und das Pulver kam den Aufständischen zugute, da sie so gut wie keine Artillerie vorweisen konnten.






So sieht das Fort Ticonderoga tatsächlich aus, Bood schien kein Referenzmaterial zur Verfügung gehabt zu haben. Ansonsten hatte er über die Vorgänge eingehend recherchiert, was aber selbst in der Nicht-Google-Zeit zu diesem Thema nicht so schwierig gewesen sein dürfte.

Im folgenden finden sich im Heft stark gerafft die Abläufe der Schlachten, die Niederlagen und Siege der Kontrahenten. Es werden die „Hessischen Söldner“ erwähnt, die Rolle von Steubens, einem preußischen General, der die Revolutionsarmee reorganisierte und letztlich auch die erst heimliche, dann offene Hilfe der Franzosen (und Spanier), die sich für die Verluste Kanadas (und Menorcas) revanchieren zu gedachten.





Als die Engländer New York eroberten, drängten sie Washingtons Leute bis zum Delaware River zurück. Dort gelingt es diesen, sich trotz des Winters über den Fluss zu retten, sonst wäre es wahrscheinlich um den Erfolg des Unabhängigkeitskampfes schlecht ausgegangen.





Bood kopierte hier das berühmte Gemälde von Emanuel Leutze, 1851. Leider wird das nicht erklärt, aber dazu stand wohl nicht der Platz zur Verfügung.

Insgesamt versuchte Bood die zeitlichen Abläufe, die sechs Jahre lang dauerten. in einem Heft unterzubringen … ist natürlich ein von vorn herein hoffnungsloses Unterfangen (wie schon des Öfteren in dieser Heftreihe). Es gelang ihm trotzdem, verständlich die wichtigsten Ereignisse vor den Augen des Lesers abzuspulen.

Am 19. September 1781 kam es bei Yorktown / Virginia zu einem letzten Gefecht. Die Engländer landeten noch einmal 8000 Soldaten und hofften auf einen Überraschungseffekt. Sie hatten sich verkalkuliert, die Amerikaner griffen überraschend an und vernichteten – was für ein schreckliches Wort in diesem Zusammenhang - nach gut einer Stunde die letzte Einheit der Engländer auf amerikanischem Boden.

Das Heft endet auf der letzten Comic-Seite mit der am 30. November 1782 erfolgten Unterzeichnung des Friedensvertrages, in dem den 13 Kolonien die völlige Unabhängigkeit vom britischen Mutterland bestätigt wurde. Nicht nur dieses Gebiet verloren die Engländer, auch das restliche Territorium bis zum Mississippi überließen sie den US-Amerikanern (Florida und Menorca kamen an Spanien zurück).

Erst am 17. September 1787 einigten sich die Vertreter der Unionsstaaten auf eine Verfassung und wiederum weitere zwei Jahre später wurde George Washington von den Wahlmännern zum ersten Präsidenten der USA gewählt. Die Gründe für den langen Zeitraum für die Ausarbeitung der Verfassung lag u.a. in der Menschenrechtssituation der Sklaven. Die Südstaaten drohten damals schon mit einer Sezession, wenn ihre Sklavenhalterwirtschaft nicht toleriert werden würde. Als Kompromiss wurden die Sklaven zum Teil (!?) als Bevölkerungsanteil mitgezählt, was sich auf die Anzahl der Wahlmänner niederschlug. Dieser „Geburtsfehler“ der USA sollte wenige Jahrzehnte später in einem erbitterten Bürgerkrieg münden, der ein weiteres Thema in der Heftreihe der Abenteuer der Weltgeschichte wird.

Die Heftseiten 3 und 4 beinhalten in reiner Textform das Leben und Wirken von Georg Washington für die USA. Auch dieser Artikel ist recht gut recherchiert und schildert, manchmal recht pathetisch, sein Leben.
Auf den Seiten 29 bis 31wird eine Erzählung über ein „Wettrennen auf dem Mississippi“ von Charles Sealsfield vorgestellt. Sie hat mit dem Thema des Heftes nichts zu tun, außer dass sie in den USA spielt.

Interessanter dagegen ist der halbseitige Artikel auf der Seite 32, der Betsy Ross vorstellte, die die erste Flagge der USA zusammen nähte.

Das folgende Heft, auf der 3. Umschlagseite vorgestellt, behandelt einen Aufstand der Unterprivilegierten, den der Bauern im Heiligen Römischen Reich des 16. Jahrhunderts.

Die letzte Seite zeigt diesmal einen englischen Infanteristen um 1776, von Hansrudi Wäscher für die Peligom-Reklame gezeichnet.

*Bis auf einige winzige Inseln, bei Neufundland gelegen, die noch heute französisches Territorium sind.

Siehe zu diesen Ereignissen auch Heft 57 „Die Guillotine regiert“. Im Grunde hätte ich beide Hefte nebeneinander abhandeln können, sie eng sind die geschichtlichen Abläufe miteinander verwoben. Deshalb auch die von mir gewählte Einleitung über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.

**Die neuzeitliche „Tea Party-Gesellschaft“ sperrt sich vehement gegen sozialen Fortschritt, so z.B. eine Grundkrankenversicherung für die verarmte Bevölkerung. Auch ist sie gegen Steuererhöhungen, aber nur für den finanziell privilegierten kleinen Anteil der Gesamteinwohner. Das gehört hier zwar nicht hin, aber es zeigt doch auf, wie Grundwerte und das nicht nur in den USA, durch das Kapital und deren willfährige Politiker zugrunde gerichtet werden können.

***In Nova Scotia (neben New Brunswick / Prinz Edward Island) wurden Überlegungen verworfen, sich am Unabhängigkeitskrieg zu beteiligen. Die Mehrheit der Bevölkerung war einfach dagegen.

Detlef Lorenz 23.10.2016 08:27

Nummer 42


Die Trommel ruft, Der Grosse Bauernkrieg







Im 15. Jahrhundert verschlechterte sich in Europa die wirtschaftliche Lage der bäuerlichen Bevölkerung. Höhere Abgaben, Frondienste an den Adel und den Klerus, der die Existenz des „gemeinen Mannes“ immer bedrohlicher werden ließ. Damit wurde der nicht herrschaftsfähige Teil der Bevölkerung bezeichnet, zu der nicht nur die Bauern, sondern auch Teile der städtischen Bewohner, Bergleute, Köhler, also alle vom Adel und Klerus abhängigen gehörten. Zur allgemeinen Lage kam hinzu, dass das niedere Rittertum auf seinen kleinen Besitztümern langsam verarmte – im Verhältnis zu den großen Fürsten gesehen – und ihren wirtschaftlichen Verlust als Raubritter auszugleichen versuchten. Auch darunter hatten in erster Linie die Bauern zu leiden, da sie für die Ritter die leichteste Beute waren.








Einige lokale Ereignisse des ausgehenden fünfzehnten Jahrhunderts läuteten die „erste deutsche Revolution“ ein, wie sie nicht ganz zu Unrecht von Engels und Marx bezeichnet wurde. Das damals noch zum Reich gehörende Elsass erlebte in den 1490er Jahren die ersten Aufstände. Einigen militärischen Erfolgen, wie das Schleifen, Niederbrennen von Burgen, Klöster und natürlich der Tod der verhassten Grundherren, folgte der unvermeidliche brutale und erfolgreiche Gegenschlag des Adels. Danach war erst einmal „Grabesruhe“ in Mitteleuropa. Im Untergrund rumorte es aber weiterhin, Freiburg sollte 1512 ein Ziel der unterdrückten Bauern sein. Verrat verhinderte dieses Vorhaben, die Rädelsführer wurden gejagt, geköpft, gevierteilt, die Schwurhände abgehakt udgl. mehr, der Phantasie waren auch damals keine Grenzen gesetzt.

Schon 1514 kam es in Württemberg zu einem neuen Gemetzel, das ging so weiter, bis 1524/26. Das war der Zeitraum, der als „Deutscher Bauerkrieg“ in die Geschichtsbücher einging. Allerdings nicht sofort, sondern jeweils, wie die politische Lage es für nötig hielt. So wurde Thomas Münzer von der DDR-Geschichtsschreibung als Anführer gegen die Fürsten und geistlichen Würdenträger angesehen, die für sie ein frühes Großkapital und Besitzer von Produktionsmittel (Landwirtschaft, Bergbau, Verhüttungswesen, Werftindustrie) darstellten. Die westdeutsche Historiografie tat sich da wesentlich schwerer, kam aber auch nicht umhin, den Bauerkrieg als Volksaufstand gegen seine Ausbeuter festzuschreiben. Thomas Münzer, der im Mai 1525 gefangen genommen (und „natürlich“ vor seiner Hinrichtung die widerwärtigsten Folterungen ertragen musste), wurde im selben Monat hingerichtet. Damit endeten die meisten Aufstände, erst Jahrhunderte später sollte der Bauernstand, der immerhin für unser täglich Brot sorgt, durch Agrarsubventionen ein erträgliches Auskommen erreichen (wie auch immer man zur EU-Agrarpolitik stehen mag).








Im Text der oben abgebildeten Seite wird sehr deutlich auf die negative Rolle der Ritter, Fürsten, Klosterherrn für das damals alltägliche Leben der „niederen“ Stände eingegangen, dass heutzutage für uns unglaublich hart zugegangen sein muss. Ich fand diese klaren Worte überraschend drastisch, habe ich doch bisher in den Abenteurern der Weltgeschichte fiel von heroischen Taten, aufopferungsvollen Männer – und Frauen – gelesen, die für ihre Anführer jubelnd in den Tod gingen und gegen den „Feind“ gnadenlos vorgingen (den sie zuvor noch nie gesehen hatten und der ihnen auch nie was angetan hatte).

Charlie Bood erzählt einzelne Episoden aus den Aufständen, verhehlt auch nicht die Grausamkeiten beider Seiten (der ausgeplünderten und verzweifelten Bauern, sowie der herrsch- und rachsüchtigen Adligen / Klerus), schildert in randvollen Textboxen die Geschehnisse, die sich über mehrere Jahrzehnte hinzogen. Ein Heft, das zum Nachdenken anregt.

Auf der dritten und vierten Seite erfolgt als Einleitung ein Artikel über das dörfliche Leben im 15. und 16. Jahrhundert. Der letzte Absatz, in dem über die sich steigenden Eingriffe des Adels in das bisher ziemlich freie Bauerntum geschildert wird, leitet zum Comicteil über. Wer den Text verfasst hat, ist nicht erkennbar, er ist ohne Namenszug.

Noch immer sind alle Hefte nachbestellbar (ein heutzutage paradiesischer Zustand). Die Vorschau weist auf das nächste Heft hin, das Klaus Störtebeker gewidmet ist.






Auf der letzten Umschlagseite ist diesmal ein Landsknecht mit einem riesigen Schwert, dessen Klinge Wellenförmig geschmiedet ist, von Hansrudi Wäscher dargestellt.

Detlef Lorenz 25.10.2016 09:32

Zwischenbilanz, die 2.

Um ein Haar hätte ich wegen einer Unaufmerksamkeit meinerseits einen Haltepunkt der Serie verpasst: drei Hefte lang, von Nummer 39 bis 41 habe ich vergessen die Nummerierung vorn anzustellen (keiner hat´s gemerkt …). Nun, die Geschichte von den Bauernerhebungen des Spätmittelalters bedeutet für die Reihe Halbzeit. Noch ein Mal so viel Hefte gibt es vorzustellen, zu besprechen, abzubilden und gelegentlich eure Kommentare zu lesen. Trotz der vorhandenen und beschriebenen Mängel gefallen mir „Die Abenteuer der Weltgeschichte“ von ihrer Art, der Aufmachung und der Präsentation her noch immer. Ich werde sie und das kann ich jetzt schon konstatieren, mit der Nummer 84 wieder einsortieren und nicht entsorgen*. Für mich haben sie einen nostalgischen Wert, immerhin habe ich Geschichte, eines meiner wichtigen Interessensgebiete, sehr früh in Bild und Wort vermittelt bekommen … wenn auch gelegentliche falsche Informationen in späteren Jahren einer Revidierung bedurfte.

Charly Bood´s Engagement wirkt sich – für mich – positiv aus. Das Zeichner-Wechsel-Dich-Spiel der ersten fast drei Dutzend Hefte brachten kein klares Bild in der grafischen Darstellung. Natürlich, wer Bood nicht mag oder grade so erduldet, hätte sicherlich einen anderen Zeichner in Dauerpräsenz gehabt. Blumentritt und Wäscher wären dann meine Favoriten gewesen. Es wurde verlagsseitig anders entschieden. Der Schwede ist sicherlich nicht die 3. Wahl, der Erfolg der vorliegenden Hefte gab Lehning mal wieder recht – zumindest da funktionierte sein Herausgeberinstinkt** noch. Nun auf zur Talfahrt, denn wir sind hier über den Gipfel hinüber.

*Momentan lese ich verstärkt alte Serie um zu testen, wie und ob sie mir nach wie vor gefallen. Beim absoluten Nichtgefallen kommt natürlich noch ein gewisser Faktor ins Spiel: Erinnerungswert oder nicht einmal der…
**Mein Rechtschreibprogram bot mir zu diesem Wort allen Ernstes „Herausgeberin stinkt“ an …

amwul 28.10.2016 00:39

http://www.ingo-schwedler.de/armin-d...nderband-nr-9/

Detlef Lorenz 28.10.2016 10:09

siehe #162.

Detlef Lorenz 17.11.2016 22:08

Nummer 43


Schrecken der Meere, Klaus Störtebeker, der grosse Seeräuber







Die vorliegende Geschichte spielt sich Ende des 14ten Jahrhunderts – mit einem kleinen Ausblick auf das 15te Jahrhundert - ab. Sie beginnt in der Ostsee und endet in der Nordsee, bzw. in Hamburg auf dem Richtplatz Grasbrook (wahrscheinlich). Die Klammer bezieht sich auf die Titelfigur des Heftes: Klaus Störtebeker. 1401 soll er dort nämlich hingerichtet, in diesem Fall geköpft, worden sein. So ganz sicher ist das nicht, aber warum sollte dieser letzte Akt in seinem Leben gesichert sein, wenn noch nicht einmal feststeht, ob es ihn so, wie erzählt wird, überhaupt gegeben hat. Schon bei der Geburt fängt es an – wann auch sonst , manche sagen dies geschah 1360 in Wismar, andere behaupten in Rotenburg/Verden. Mit dem Namen des späteren „Seeräubers“ gibt es ebensolche Unklarheiten. Nicolaus Störtebeker, Johann Störtebeker (aus Danzig), um nur 2 zu nennen.








Die Anrainerstaaten der Ostsee versuchten sich zu dieser Zeit einen möglichst großen Kuchen vom Handel zu sichern. Dänemark, Mecklenburg, die Hansestädte, auch Schweden, sie alle rangen mit unterschiedlichem Erfolg um die Vormachtstellung. Als die dänische Königin Margarete Schweden unterwarf und sich nur Stockholm widersetzte, belagerte sie es vom Land und zur See aus. Die Mecklenburger versuchten sich nun als Blockadebrecher und boten Kaperbriefe für tollkühne Seeleute an. Diese mussten zwar die Schiffe und Mannschaften selber stellen, erhielten aber politischen und militärischen Schutz (ähnlich wie später Freibeuter wie Francis Drake). Zu ihnen gehörte auch unser Klaus Störtebeker. Margarete gab irgendwann die Belagerung auf, der schwedische König dankte ab, beide Länder waren längere Zeit in Personalunion miteinander verbunden und die Viktualienbrüder (auch: Vitalienbrüder, Likedeeler) verloren ihren gesicherten Brotjob. Daraufhin wandten sie sich nach Visby, der reichen Hafenstadt auf Gotland*. Sie eroberten es, aber der im Baltikum herrschende Deutsche Ordensstaat (siehe Heft 28) vertrieb die Seeräuber.









Daraufhin machten sie die Nordsee unsicher, raubten Küstenstädte (Bergen) aus, kaperten Hansekoggen, kurz, sie störten nicht unerheblich die „Pfeffersäcke“. Die Hamburger rüsteten eine Flotte aus, dessen Flaggschiff „Bunte Kuh“ hieß. Vor Helgoland, dem Stützpunkt der Seeräuber, kam es zur Schlacht. Sie ging für die Piraten verloren und die meisten wurden in Hamburg hingerichtet. Auch dabei kam es natürlich zur Legendenbildung, denn ein Seeräuber verliert nicht einfach so seinen Kopf auf dem Richtblock. Der Hamburger Senat versprach allen Mitgefangenen die Freiheit, an denen der kopflose Störtebeker noch vorbei zu torkeln vermochte. Angeblich sollen es elf Männer gewesen sein, aber natürlich wurden auch sie hingerichtet. Nun gibt es in der englischen Geschichte einen Vorgang, der aussagt, 1413 wurde ein Johann Stortebeker durch den König Heinrich V. beauftragt, englischen Handelsschiffen Gleitschutz zu bieten. Da dieser Name schon früher aufgetaucht ist (auch hier im Artikel), kann man sich schon fragen, wer wurde 1401 geköpft … Weshalb es aber nun überhaupt ein Denkmal des Seeräubers gerade in Hamburg und anderswo auch, gibt, erschließt sich mir nicht. Dann könnte man auch gleich Attila ähnlich ehren -**


Schön schaurige Geschichten um den „Schrecken der Meere“; was wahr ist, kann sich jeder selber ausdenken. Ein auf dem Grasbrook 1878 gefundener Schädel wird Störtebeker zugeschrieben. Er wurde sogar 2010 aus dem Museum für Hamburgische Geschichte gestohlen, tauchte aber gut ein Jahr später wieder auf. Die Legende hat den Viktualienbrüdern gar Robin Hood vergleichbare Handlungsweisen angedichtet, aber dieses dürfte höchstens für die Mannschaft untereinander gegolten haben. Diese genossen ein gewisses Mitspracherecht, wie es den Menschen damals absolut verwehrt wurde. Deshalb wird es wohl massenhaft Literatur über die Piraten geben, in denen sie recht wohlwollend behandelt werden. Dazu zählen auch „Störtebeker – Festspiele“, z. B. in Ralswiek auf Rügen. Im vorliegenden Heft wird die Geschichte um Klaus Störtebeker den damaligen Erkenntnissen, bzw. das, was gerade jugendliche Leser gerne hören und sehen wollten erzählt. Dazu zählt hauptsächlich die unreflektierte Annahme, dass es diesen Burschen überhaupt gegeben hat. Die schon auf dem Titelbild gezeigte „Totenkopfflagge“, der sogenannte „Jolly Roger“, taucht dagegen gesichert erst um 1700 auf. Auch das zählt zu den sich verselbstständigenden Legendenbildungen, die irgendwann Allgemeingut und fester Bestandteil der Geschichte werden. Ansonsten ist das alles flott zu lesen. Ein einleitender Artikel über „Die Seeschlachten der Wikinger-Zeit“, eine Landkarte der Handlungsorte auf den Mittelseiten und der komplette Text des „Störtebeker-Liedes“ am Schluss der Erzählung runden das Heft ab.

Die erste Zeile lautet übrigens:
„Der mächtigste König des Luftreviers ist des Sturmes gewaltiger Aar.“
22 Zeilen später endet es mit:
„Hoch Störtebeker, unser Kapitän!“

Diesmal fehlt auf der letzten Umschlagseite die Klebstoff-Reklame.

*Wie mir ein in Deutschland weilender Schwede einmal erzählte, nennt sich dort die Polizei „Gotland Yard“.
**Weshalb ich grade Atilla erwähne? Er gibt die Titelfigur des kommenden Heftes ab.

Hinnerk 18.11.2016 00:50

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 534423)
Die Legende hat den Viktualienbrüdern gar Robin Hood vergleichbare Handlungsweisen angedichtet, aber dieses dürfte höchstens für die Mannschaft untereinander gegolten haben.

Deswegen hießen sie ja auch Likedeeler!
Den ganzen Störtebeker-Krempel habe ich in der Grundschule noch im Fach Sach- und Heimatkunde lernen dürfen.

Detlef Lorenz 18.11.2016 08:47

Genau, und "Likedeeler" bedeutet in der schriftdeutschen Sprache soviel wie "Gleichteiler". Also nicht wie üblich, der Chef bekommt alles und der Rest schaut in die Röhre, sondern das "erwirtschaftete" Einkommen wird gleichmäßig unter allen aufgeteilt.

Die allgemein ungleiche Verteilung war allerdings nicht nur eine im Mittelalter gepflegte Praxis, selbst heute sieht es nur marginal besser aus :schorsc2:

FrankDrake 18.11.2016 09:07

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 534437)
.....selbst heute sieht es nur marginal besser aus :schorsc2:

Da sind mein Chef und ich dann vielleicht die Ausnahme, Leistung wird belohnt.

Detlef Lorenz 03.12.2016 23:17

Nummer 44



ATTILA König der Hunnen, Werkzeug des Teufels







Wer kennt ATTILA nicht, den unbarmherzigen grausamen Herrscher der teuflischen Hunnen. Diese metzelten in der Spätantike gnadenlos alles Leben nieder, raubten und stahlen, plünderten und zerstörten wo sie hinkamen jegliches zivilisatorisches Leben außerhalb und innerhalb des römischen Reiches!

So werden in der Regel die Hunnen unter ihrem Herrscher Attila (~ 400 – 453) mit Grauen geschildert. Und nicht anders skizziert sie Charlie Bood im vorliegenden Heft der Abenteuer der Weltgeschichte. Zitate: „quillt es hervor (die Reiterheere der Hunnen)“, „…krummbeinige Tiermenschen mit geschlitzten Augen“, „Wo diese Horden vorüber ziehen, bleiben (…) entstellte Leichen zurück.“ „Attila schließt die Augenlieder katzenhaft bis auf einen schmalen Schlitz. Sein gelbliches Gesicht ist zu einer Maske erstarrt.“ Als letztes Zitat einen Satz Attilas aus dem Heft, gegenüber dem römischen Gesandten Maximinus: „Was ist schon Ordnung. Es gibt nur Starke und Schwache, Sieger und Unterlegene. Euer Reich besteht nur so lange, wie eure Macht besteht, und alles vergeht, sobald Eure Heere geschlagen, Eure Festungen und Eure Schätze erbeutet sind. Was Bestand hat, ist einzig die Macht!“








Sicher hat Atilla mit dieser Betrachtung nicht ganz Unrecht. Allerdings ist für ihn ist das Römische Reich, das zu dieser Zeit bereits in West- und Ostrom gespalten war, worauf Bood mit keinem Wort einging, lebenswichtig. Zerstört er es, wozu er militärisch überhaupt nicht in der Lage war, versiegen auch seine Finanzierungsquellen (Tribute und Plünderungen). Auf diese war er aber angewiesen, um sein fragiles Reich mit dem Zentrum im heutigen Ungarn zusammen zu halten. Stets erwarteten seine Unterführer, Hunnen wie eingegliederte Germanen, Zahlungen ob nun in Gold oder Waren. Kräftige Tributzahlungen oder bedeutende militärische Erfolge stärkten seine Herrschaft und sicherten die Loyalität der Untergebenen. All dies kommt nicht einmal ansatzweise im Comic vor, dort werden die Hunnen unter Rua und dessen Nachfolger Attila stets als ruchlose Mörder und Plünderer geschildert. Stattdessen hatten sie an der Theis eine Hauptstadt, in der Attila in einer burgähnlichen Anlage seinen Sitz hatte (und nicht laut Bood in einem Zelt residierte), die Verwaltung seines Herrschaftsbereiches war dem der Römer nachgeahmt – wie die vieler kurzlebiger germanischer Staatsverbände auf römischem Boden.


Einer der Hauptstrategen der damaligen Zeit und ein Kenner der hunnischen Verhältnisse, war der Heermeister und Patricius (Kanzler) des weströmischen Reiches, Flavius Aetius. Diesem hatte schon Hal Foster eine Episode seiner Erzählung vom Prinzen Eisenherz gewidmet. Dort wurde Aetius auf offener Straße ermordet, während er tatsächlich von Valentinian III persönlich bei einer Audienz erschlagen wurde. Aetius gelang es, die Hunnen zeitweise als Verbündete zu gewinnen, ihm war auch nicht an einer Zerschlagung ihrer Macht gelegen, da sie sich als Ordnungsmacht jenseits der römischen Grenzen sozusagen bewährten und die unruhigen Germanen im Zaum hielten. Erst als die Oströmer sich stark genug fühlten und es waren, den Hunnen die Tribute zu verwehren, drangen sie unter Attila plündernd nach Gallien ein. Aetius gelang es eine Koalition zu schmieden und mit römischen Truppen, sowie den Westgoten schlugen sie Attila auf den Katalaunischen Feldern, irgendwo zwischen Reims und Troyes. Zwar war der Sieg nicht entscheidend, aber Attila war nun doppelt geschwächt: die Oströmer zahlten nicht mehr und im Westen vermochte er militärisch diesen Verlust nicht zu kompensieren. Auch einen letzten Einfall nach Italien brach er nach einigen „Erfolgen“ ab, Seuchen und Versorgungsprobleme machten ihm mehr zu schaffen, als der Auftritt Papst Leo III. Dieser soll Attila, so die Legende, dazu bewegt haben, Italien zu verlassen, was auch so im Heft geschildert wird. Es wird aber eher eine Tributzahlung dahinter vermutet, was Attila gelegen kam, denn seine Macht war doch sehr geschwächt.








Im folgenden Jahr starb Attila, die sogenannte „Geißel Gottes“, oder „Werkzeug des Teufels“, in der Hochzeitsnacht mit Ildico, seiner letzten „Erwerbung“. Woran Attila tatsächlich gestorben ist, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. Das Ildico ihn ermordet hat, scheint nicht sehr wahrscheinlich, ein Blutsturz kommt da schon eher in Betracht. Ein Meuchelmord im Auftrag des Aetius ist wohl auch nicht ganz abwegig. Jedenfalls zerfiel die hunnische Macht sehr rasch nach dem Tode Attilas durch Streitigkeiten, Abspaltungen ganzer Völkerschaften udgl. Die Freude über seinen Tod war indes nur kurz, denn nun griffen germanische Völker nach dem schier unerschöpflichen Reichtum Roms, der allerdings kaum noch vorhanden war.

Fazit: die historische Wahrheit bleibt in der Heftstory leider extrem hinter den Klischees zurück. Bisher ist dies der schlechteste Comic innerhalb des selbstgesteckten Zieles der Reihe, geschichtliche Begebenheiten zu vermitteln. Die Zeichnungen Boods selbst sind mir etwas zu flüchtig, er kann es deutlich besser.

Eingeleitet wird das Heft von einem Textbeitrag über die römische Grenzsicherung gegen die Germanen, Limes, Kastelle usw. Gut geschrieben.

Auf der Seite 32 schreibt „Euer Hans-Jürgen“ einiges Redaktionelles. Unter anderem, dass die Heftreihe ab der Folgenummer 45 wieder 14tägig erscheint, mehr oder weniger. Außerdem geht er auf den Wunsch eines Lesers ein, der gerne etwas zur Geschichte Düsseldorfs lesen möchte. Hans-Jürgen entgegnet, dass „die Jungen und Mädchen aus Berlin, München und Hamburg für das, was 1288 in der Schlacht bei Worringen passiert, leider nicht interessieren.“ Und woher weiß er das? Eine kleine Vorschau auf die nächsten Heftinhalte schließt sich an. Der Suezkanal, der Goldrausch in Kalifornien, Käpt´n Cook, Richard Löwenherz (zum 2ten) und über Karl den sogenannten Großen werden zum Thema gemacht.

Die Nachbestellliste weist die ersten Lücken auf, die Hefte 1 – 5 scheint es nicht mehr zu geben.

Die Nummer 45 beschäftigt sich mit Graf Zeppelin.

Auf der 4ten Umschlagseite gibt es wieder eine Ausschneidefigur für die Peligom-Reklame. Ein „mongolischer Krieger um 450 n.Chr.“ soll es sein.

Detlef Lorenz 14.12.2016 08:55

Nummer 45


Graf Zeppelin, über Land und Meer






Die vorliegende Ausgabe der >>Abenteuer der Weltgeschichte<< ist eine der wenigen Nummern, die sich nicht mit dem ansonsten üblichen Schlachtengetümmel beschäftigt (wie z.B. Heft 12 und 21). Hier wird die Entwicklung der Fliegerei >>leichter als Luft<< seit dem 18ten Jahrhundert thematisiert. In der Einleitung, die auf einer aufgerollten leicht angenagten Schriftrolle gedruckt wurde, wird über Erfinder, Forscher und Entdecker berichtet, die von den Mitmenschen ausgelacht, verspottet und verkannt wurden (kann natürlich auch sein, dass es sich um eine Legendenbildung handelt, die den Nachruhm der Unbeirrbaren erhöhen sollte). Wie Luigi Galvani, Carl Ludwig Schleich, Christoph Columbus, sich aber nicht beirren ließen. Über die Chinesen (Drachen), die Araber und Leonardo da Vinci, der Flugapparate zeichnete, ging es zum den Brasilianer Bartolomeu Gusmao, der bereits 1709 einen flugfähigen Apparat konstruiert hatte. Er gilt als einer der wichtigsten Pioniere der Luftfahrt, der aber sogar von der portugiesischen und spanischen Inquisition verfolgt wurde, was im Hefttext verschwiegen wird*.







Der Comicteil beginnt mit den Brüdern Montgolfier, Joseph und Jacques, wie sie auf die Idee mit der heißen Luft als Auftriebsmittel kamen. Dies wird geschildert und bebildert, bis zum 21. November 1783, als ihr Ballon mit zwei Menschen, Jean-François Pilâtre de Rozier und dem Offizier François d’Arlandes, denen damit der Ruhm gebührt, die nachweislich ersten Luftfahrer gewesen zu sein (leider auch nicht erwähnt). Über Napoleon**, Otto Lilienthal mit seinen Flugversuchen nach Segelfliegerart, kam Bood schließlich auf Ferdinand Graf Zeppelin. Man sah ihn 1890 am Schreibtisch über brüten, wie ein Luftschiff nicht von den Launen des Windes abhängig sein sollte, sondern steuerbar gemacht werden könnte. Mit dem Ingenieur Theodor Kobert beginnt Zeppelin gegen Widerstände mit der Konstruktion von >>Zeppelinen<<, wie sie später verallgemeinernd genannt wurden, es fehlte schlicht am Geld. Aber erst am 2. Juli 1900 erfolgte auf dem Bodensee von einer auf einem Ponton erbauten Halle – wegen der Möglichkeit diese problemlos gegen den Wind zu drehen – der Start. Zeppelin selbst ist am Steuer und im Prinzip wurde diese erste Fahrt ein Erfolg.








Nun folgten weitere verbesserte Konstruktionen, finanziert wurden sie hauptsächlich über Spenden und Lotterien (was auch nicht erwähnt wird). Vor allem als LZ 4, bei einer Demonstrationsfahrt über 24 Stunden völlig zerstört wurde. 1909 standen so über 6 Millionen Reichsmark, ca. 35 Millionen Euro, zur Verfügung. Damit ging es aufwärts, buchstäblich, und Luftschiffe gehörten bald zur Selbstverständlichkeit am Himmel. Die erste Atlantiküberquerung 1924 in die USA, die bisher einzige Erdumrundung 1929 eines Luftschiffes und der transatlantische Liniendienst ab 1930 zwischen Europa und den beiden Amerikas, erlebte Zeppelin nicht mehr, er starb 1917. So hatte er aber noch die militärische Nutzung seiner Entwicklung miterlebt, ob sie ihn erfreut oder betrübt hat, konnte ich nirgends nachlesen.

Bood zeichnet wieder mit kräftigem dicken Pinselstrich, geht wahrscheinlich schneller. Leider gehen damit viele Konturen und Feinheiten verloren, welche Bood durchaus beherrscht.

Auf der 2. Umschlagseite wird der Folgeband vorgestellt: >>Wasserweg durch die Wüste, der Suezkanal<<.

Auf der Seite 3 und 4 werden frühe >>Flugversuche mit Muskelkraft<< beschrieben. U.a. wird der tödliche verlaufende Versuch eines Menschen im Jahr 1161 in Konstantinopel beschrieben. Dort heißt es: „Vergeblich versucht der Kaiser und Sultan, den Flieger von seinem Plan abzuhalten.“ Welcher Sultan ist da wohl gemeint, den gab es erst ab 1453, als die Türken Konstantinopel erobert hatten.

Hans-Jürgen freut sich in seiner Rubrik „Liebe junge Freunde!“ über die begeisterten Zuschriften seiner Ankündigung, dass die >>Abenteuer der Weltgeschichte<< nun 14tägig erscheinen werden. Außerdem wirbt er für ein Zauberlabor der Firma F.W. Engels u. Söhne aus Remscheid. Es kostete auch >>nur<< DM 24,50 … 1957 ein ziemlich stolzer Preis.

Auf der letzten Umschlagseite ist ein Preußischer Gardegrenadier-Offizier in Paradeuniform um 1900 von Wäscher als Reklame für die Peligom-Aufstellfigur gezeichnet. Warum nun unbedingt ein Soldat da hin musste … ein Fabrikarbeiter aus den damaligen Zeppelinwerken wäre passender!

*Der Leser vom >>Das Logbuch des Robinson Crusoe<< wird natürlich wissen, dass und wo ein Heißluftballon bereits Mitte des 17ten Jahrhunderts aufstieg :zwinker: **Der hatte nichts mit einer Innovation der Fliegerei zu tun. Er ließ anlässlich seiner Kaiserkrönung einen Ballon aufsteigen, der bis nach Rom flog (!) und auf dem Grab Neros gelandet sein soll, was Napoleon – zu Recht – als böses Vorzeichen ansah.

Detlef Lorenz 16.12.2016 09:58

Damit die Zeit nicht zu lang wird, vor dem nächsten Heft mal eine Quizfrage ohne Preis – nur Ruhm und Ehre gilt es abzustauben. Sie bezieht sich in gewisser Weise auf das nächste Heft: Es gibt einen großen und bedeutenden Kanal, der in einer Richtung von Westen nach Osten >>fließt<<, dabei aber ein östliches Meer mit einem westlichen Ozean verbindet. In der anderen Richtung sind die geografischen Verhältnisse dann natürlich umgekehrt.

Xury 16.12.2016 10:52

Beim Panamakanal ist das so "verrückt". :P

Detlef Lorenz 16.12.2016 11:37

In der Tat und du warst einer meiner Favoriten, denen ich die schnellste richtige Antwort zugetraut habe :top:

"Verrückt", wie Xury das ganz richtig nennt, erscheint das auf den ersten Blick: es sieht schließlich so aus, als ob der Staat Panama gradewegs von nord nach süd verläuft. Aber bei genauerer Betrachtung, bzw. bei entsprechendem Maßstab, schlägt das Land eine Haken, der so ausgeprägt, mehr als S-förmig ist, das der Kanal in die geschilderte Richtung verläuft.

Detlef Lorenz 04.01.2017 09:37

Nummer 46


Wasserweg durch die Wüste, Der Suezkanal







Weltweit ist der Suezkanal eine der wichtigsten Wasserstraßen. Er bietet eine immense Kosten- und Zeitersparnis auf dem Wasserweg zwischen Europa und Ostafrika, Asien, bzw. Australien. Von Hamburg nach Bombay etwa 24 Tage.
Schon früh in der Menschheitsgeschichte wurde über ein ähnliches Projekt, die Seeverbindung des Mittelmeeres mit dem Roten Meer, nachgedacht. Dabei wurde stets ein Durchstich der Wüste vom Nil direkt zum Roten Meer ins Auge gefasst. Als erster gelungener Kanal gilt der vom Pharao Necho (610-595 v.d.Z.) in Angriff genommene und vom Perserkönig Dareios (521-486 v.d.Z.) vollendete. Bis kurz vor Kleopatras Regierungsantritt war er allerdings verschlammt und erst Kaiser Trajan (98-117) erneuerte ihn. Bis ins Jahr 770 gilt der Kanal als mehr oder weniger durchgehend in Betrieb. Die nächsten Planungen lies erst wieder Napoleon I. aufnehmen. Allerdings unterlief den Geodäten ein schwerwiegender Fehler: sie glaubten das Rote Meer um einen 10 Meter höheren Wasserspiegel gegenüber dem Mittelmeer gemessen zu haben. Erst um 1846 wurde der Irrtum erkannt und festgestellt, dass ein Kanal Schleusenfrei gebaut werden konnte.

Ferdinand de Lesseps (1805-1894) war als Diplomat in Ägypten tätig und beschäftigte sich mit dem Projekt eines Kanals. Von dem mit ihm befreundeten Vizekönig von Ägypten, Muhammad Said (daher >>Port Said<<), erhielt er eine Konzession für den Bau, Unterhalt und der auf 99 Jahre gesicherten Einnahmen. Die Engländer waren darüber nicht so sehr begeistert und versuchten beim Sultan von Konstantinopel, dem nominellen Staatsoberhaupt von Ägypten, dieses Vorhaben zu hintertreiben. Schließlich begann man im April 1859 mit dem Bau der 167 Kilometer langen Wasserstraße.








Beim damaligen Stand der Technik war das schon ein heftiges und auch lebensgefährliches Unternehmen. Von tausenden von Arbeitern wurde der Wüstensand per Hand ausgehoben. Extra dafür errichtete Feldbahnen transportierten ihn ab. Erst viel später kamen Förderbagger zum Zuge und als ein Teil des Kanals fertig und geflutet wurde, konnte vieles auf dem Seeweg transportiert werden. Bevor es soweit war, musste das gesamte Material, vom Bauholz zu den Maschinen, der Kohle, Werkzeuge usw. aus Europa herangebracht werden. Das alles wurde auf einen extra dafür gebauten Landungssteg entladen. Wasser kam zuerst vom Nil mit einer endlosen Kette von Kamelen, zirka 1800 wurden dafür benötigt. Später baute man einen Süßwasserkanal. Großbritannien versuchte vergeblich während der gesamten Bauphase das Projekt auf diplomatischem Wege zu stoppen.

Am 17. November 1869 fand die im Beisein von Fürsten, Politikern und sonstigen Reichen und Mächtigen die feierliche, 3 Tage dauernden Eröffnungsfeierlichkeiten statt. Wie vielfach kolportiert, soll Verdis Aida dabei uraufgeführt worden sein: das dürfte aber so nicht stimmen, denn diese Oper wurde wohl erstmalig 1871 in Kairo gespielt. Weil anfangs die Kosten des Kanals bei weitem nicht rentabel waren, übernahmen 1875 die Engländer die Aktienmehrheit an der Kanalgesellschaft. Als die Ägypter sich gegen den Einfluss der Briten wehrten, besetzten die Engländer kurzerhand das ganze Land und blieben bis 1956, als Nasser den Kanal verstaatlichte. Die Engländer, mit Unterstützung der Franzosen und Israelis marschierten ins Land ein, wurden aber durch die Interventionen der USA, der UdSSR und der UNO zum Abzug bewegt. Wegen des >>Sechstagekrieges<< blieb der Kanal dann von 1967 bis 1975 komplett geschlossen. 2014/15 wurde der Kanal vollständig modernisiert, erweitert und für Schiffe in beiden Richtungen gleichzeitig befahrbar gemacht. Vorher gab es täglich eine Abfahrzeit von jeweils beiden Enden in Suez und Port Said.

Von den Problemen vor Baubeginn durch die Initiative Lesseps, den Schwierigkeiten während der Schinderei vor Ort und der feierlichen Eröffnung zeigt es uns das vorliegende Heft recht anschaulich. Bood tuschte wieder mit einem reichlich dicken Pinsel, Details verschwinden so gelegentlich. Im Großen und Ganzen sind die Bilder aber sehr ordentlich. Ein Artikel über zwei wichtige Seekanäle, so der Panama-Kanal, an dem sich Lesseps übernahm, und dem „nicht weniger wichtigen Nord-Ostsee-Kanal“ leitet das Heft ein. Eine Landkarte des Kanals und eine Schiffsreise in den 1950ger Jahren durch ihn hindurch ist der Anfang der Comicabteilung. Den Abschluss bildet eine ganzseitige Zeichnung auf der 3. Umschlagseite vom Denkmal Lesseps auf der Hafenmole von Port Said. Die 2. Umschlagseite zeigt Werbung für das folgende Heft über den Goldrausch in Kalifornien. Die letzte Seite ist der Nachbestellliste reserviert, die mit dem Heft 8 beginnt. Das Titelbild zeigt uns den Kanal, 2 Schiffe darauf im Gegenverkehr (siehe dazu weiter oben), Wüste, ein Wüstenschiff, 2 Ägypter und 2 Pyramiden, so das auch jeder die Komposition geografisch richtig einordnen kann. Ich war zwar noch nie am Kanal, aber Pyramiden dürfte es da nicht geben.

Nur am Rande: auf Deutsch sollte es gemäß der Transkription vom arabischen eigentlich Sues heißen. Die Schreibweise Suez ist anglo/französisch.

Detlef Lorenz 17.01.2017 09:28

Nummer 47


Goldrausch in Kalifornien, J. A. Sutter, vom Millionär zum Bettler







In diesem Heft wird diesmal – dem begrenzten Platz geschuldet wieder sehr verkürzt und mit einigen Fragezeichen versehen – die Lebensgeschichte von Johann August Sutter geschildert. Sutter wurde 1803 in Kandern, am südwestlichen Zipfel von Baden geboren. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er aber in der Schweiz, in Basel und in Burgdorf. Sutter heiratete 1826 Annette Dübold, vier Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Ein Tuchwarengeschäft ging rasch in Konkurs und außerdem verdächtigte man ihn an einem Betrug an der Firma seines Vaters beteiligt zu sein. 1834 floh er aus der Schweiz, lies dabei Frau und Kinder zurück und setzte sich über Frankreich in die USA ab. Einen sogenannten Abstecher nach Hawaii (im Heft völlig unterschlagen) folgte über Sitka/Alaska, das zu diesem Zeitpunkt noch russisch war, die Wiedereinreise nach Amerika und schließlich nach Kalifornien (noch zu Mexico gehörend). Das war 1839, während die Comic-Story sich mit einen großen Teil des Trecks von Sutter 1838 quer durch die Gebiete westlich des Mississippi aufhielt. Probleme mit Indianern, Büffeln und klimatische Probleme ziehen sich über etliche Seiten hin. Schließlich sieht man Sutter in Monterey, der damaligen Hauptstadt der Provinz, beim Gouverneur Alvarado. Dieser gibt ihm die Erlaubnis, sich Land auszusuchen und zu kolonisieren. Mit einigen Getreuen und Hilfskräften macht er sich auf den Weg, den Sacramento River stromaufwärts. Diese >>Hilfskräfte<< setzen sich u.a. aus >>Kanaken<< zusammen. Sie werden im Comic auch so genannt, aber es erfolgt keine Erklärung , um was es für Landsleute es sich handelt. Sutter hatte von seinem Abstecher nach Polynesien von dort Einwohner mitgenommen, ob freiwillig oder wie auch immer, jedenfalls nennen sich diese selbst Kanaken, was schlicht >>Menschen<< bedeutet.

An einem Platz, der später Sacramento heißen wird (und zur Hauptstadt Kaliforniens emporsteigt), treffen sie auf Indianer. Sutter erklärt ihnen, dass sie nichts von ihm zu befürchten haben werden, im Gegenteil, er will ihnen helfen, ihr Leben durch intensive Landwirtschaft zu verbessern. Hier liegt Bood nun völlig falsch, denn die Auflagen des Gouverneurs sahen vor, die ortsansässige indianische Bevölkerung zu vertreiben. Daran hat sich Sutter gehalten und bald war sein >>Neu-Helvetien<<, wie er sein Siedlungsgebiet nannte, völlig Indianerfrei.








Oben abgebildete Szene hat mich völlig verwirrt und am den Quellen des Comicautoren zweifeln lassen. Erst einmal gab es keine Indianer in Sutters Neu-Helvetien, weit und breit überhaupt keine mehr, und wenn doch, wie kam Bood darauf, sie beim Essen am Schweinetrog zu zeigen und: „Wie eine Herde Schweine lärmend und schmatzend räumen sie die Tröge sauber aus. An manchem klaren Frühlingstag kann sich der Koch viel Arbeit ersparen. Dann schickt er seine (?) Stammesgenossen in die grünen Wiesen hinaus, wo sie sich an einem besonderen süßen Kleeblatt sattessen.“ zu schildern. Das ist schon mehr als grenzwertig, abartig! ist die treffendere Bezeichnung.








Am 28. Januar 1848 kommt James Marshall, ein Zimmermann von einer der neuen Mühlen zu Sutter und zeigt kleine Goldkörner, die im Bach bei der Mühle zu Tage getreten sind. Sutter versucht noch, diesen Fund geheim zu halten, weil er weiß, was ansonsten passieren würde, aber der Gang der Dinge ist nicht aufzuhalten. Selbst in den damaligen Internetlosen Zeiten sprechen sich solche Neuigkeiten in aberwitziger Geschwindigkeit rund um den Erdball herum. In kurzer Zeit treffen Goldsucher in Scharen auf Neu-Helvetien ein und wühlen das Unterste nach Oben. Ein Beispiel für die Gier nach dem Golde und deren Auswirkungen zeigt die in kürzester Zeit fertig gestellte Eisenbahnverbindung in der Nähe des heutigen Panamakanals, der die Passage von der Ostküste der USA nach Kalifornien um 2-3 Wochen verkürzte. Sutter versuchte sich gegen die ungezügelte Zuwanderung zu stemmen, aber er erhielt vor Gericht kein Recht, weil der damalige Gouverneur Alvarado im zwar erlaubt hatte, sich Land zu suchen, aber die Besitzurkunden dazu wurden nie in ein Grundbuch eingetragen.

Etwas abseits vom Goldtrubel, der seinen Besitz in Neu-Helvetien völlig verwüstete, versuchte er mit der Hook-Farm einen Neuanfang. Seine Frau und Kinder ließ er nachkommen, aber er faste nie wieder richtig Fuß. Schließlich ging er nach Washington und versuchte in jahrelangen Prozessen das auf seinem Land gefundene Gold vom Staat ersetzen zu lassen, vergebens. Eine Rente sollte ihm dann doch zugestanden werden, aber auch das verzögerte sich und so starb er 1880 arm und Mittellos und hätte doch um ein Haar der reichste Mann der Welt werden können.

All das hat Bood recht flott zu Papier gebracht, inhaltlich einiges allerdings fragwürdig und sehr, sehr gekürzt. Auf der zweiten Umschlagseite ist ein von ihm gezeichnetes Portrait Sutters abgebildet. Darunter steht: Johann Heinrich Sutter. Wer hier den August durch Heinrich vertauscht hat, wird sich wohl nicht mehr ergründen lassen. 

Die Seiten 3, 4 und 32 zeigen eine Erzählung aus einem Goldrausch am Pikes Peak in Iowa. Interessant daran erscheint mir nur der Name der Felsenformation, den es gibt einen Comic in wenigen Exemplaren, der dort in den 1940er Jahren von deutschen Kriegsgefangenen gezeichnet und gedruckt wurde.

Die Nachbestellliste auf der Seite 32 gibt nunmehr nur noch das Heft Nummer 9 als tiefste Ausgabe an.

Die dritte Umschlagseite ist dem nächsten Heft gewidmet: >>Der Löwe von Flandern<<, das von dem Bestreben der Franzosen Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts handelt, das Land Flamen (heute Bestandteil Belgiens) an sich zu reißen.

Ein Sioux-Indianer-Häuptling ist von Wäscher auf der allerletzen Seite als Reklamebeitrag von Peligom-Alleskleber abgebildet. Warum in einem Heft über Kalifornien ein Sioux herhalten muss … na ja, immerhin sieht der recht malerisch aus.

Unter dem Titel >>Der Kaiser von Kalifornien<< drehte Luis Trenker 1938 mit sich in der Hauptrolle einen Spielfilm. Die Aufnahmen dazu wurden sogar in den USA an den richtigen Stellen hergestellt.

Detlef Lorenz 21.01.2017 18:02

Nummer 48


Der Löwe von Flandern, Der Freiheitskampf der Flamen








Das vorliegende Heft ist hier eigentlich fehl am Platz, es gehört eher in die >>Illustrierte Klassiker<< - Reihe, als in die >>Abenteuer der Weltgeschichte<< - Serie. Der Stoff für die Geschichte Der Löwe von Flandern ist komplett – und gekürzt – dem gleichnamigen Roman De leeuw van Vlaenderen, 1838, von Hendrik Conscience (1812 – 1883) entnommen. Er beschreibt einen Aspekt aus den Eroberungsplänen der französischen Könige, die das reiche Flandern (Tuchindustrie) ihrem Herrschaftsbereich eingliedern wollten. Der Texter des vorliegenden Heftes entnahm seine Informationen, die in der „Schlacht der Goldenen Sporen“ gipfelte, ausschließlich dem Roman.








Ich habe bei meinen Recherchen Widersprüche zu den handelenden Personen, zu den Truppenstärken und ihren Verlusten und den Auswirkungen, die das Gemetzel insgesamt, auf die Geschichte Flanderns hatte, gefunden: Phillip der Schöne, König von Frankreich, hat den flandrischen Grafen Gwide* wegen Hochverrats eingekerkert. Anschließend lässt er Flandern und insbesondere Brügge besetzen. Die Bürger fühlen sich gedemütigt, tatsächlich aber verdienten sie bisher am Tuchwarenhandel mit England immens, was nun in Phillips Taschen wanderte**. Phillip hatte dieses Monopol kassiert, was im Heft komplett verschwiegen wird. Immer wieder ist von den französischen Unterdrückern zu lesen, aber nie wird auf diese Ursache eingegangen – außer dem >>Hochverrat<< Gwides. Wie auch immer, es kam 1302 zur sogenannten >>Brügger Frühmette<<, bei der alle französischen Einwohner der Stadt von den Flamen umgebracht wurden. Wie viel es waren, ist wohl unklar, im Heft wird von 5000 ausgegangen. Bei rund 30 000 Bewohnern, die Brügge im Mittelalter insgesamt hatte, wäre dies ein regelrechter Genozid... Etwas bezweifeln tue diese Zahl schon, denn für das unmittelbar darauf folgende Ereignis, die >>Sporenschlacht<<, gibt es Zahlenangaben, die so auch nicht stimmen können.








Phillip stellte nach dem Massaker ein Heer auf, dessen Anführer Robert Graf von Artois war, im Heft ist es ein St. Pol (?). Diese Armee soll aus 60 000 Mann bestanden haben, allein 1000 Ritter neben 3000 „erlesenen“ Soldaten zu Pferd, sagt jedenfalls der Hefttext. Über die flämische Truppenstärke, die hauptsächlich aus Bürgermilizen bestand (historisch!) wird nichts berichtet. Soweit ich dazu etwas gefunden habe, scheint es sich wohl tatsächlich um 8000 französische und 9000 flämische Krieger gehandelt zu haben. Das scheint mir auch glaubwürdiger, denn 60 000 Mann zusammen zu ziehen und allein zu versorgen, dürfte im Mittelalter nicht so leicht möglich gewesen sein, jedenfalls nicht so ad hoc.

Die Flamen hatten den Kampfplatz gut gewählt, ein sumpfiges Gelände behinderte die französischen Ritter in ihrer Bewegungsfreiheit ungemein. Grade, als es um die Flamen schlecht stand, erscheint der Goldene Ritter, der Löwe von Flandern, auf dem Kampfplatz und brachte allein durch seine Erscheinung die Wende im flandrischen Kampfesmut; das ist allerdings pure Prosa, denn einen solchen hat es nicht gegeben. Trotzdem fand ein ziemliches Gemetzel statt, im Heft ist von 100% die Rede – also die gesamte französische Streitmacht!? Tote Flamen werden zwar erwähnt, aber keine Zahlen angegeben. Die Geschichtsquellen sprechen von 1000 Mann, davon allein 700 Ritter, während die Flamen rund 100 Tote zu beklagen hatten (das Gelände war für eine Reiterei halt extrem ungünstig.

Und was hat das alles letztlich gebracht: nichts! Die Flamen mussten sich 1305 erneut der französischen Herrschaft unterwerfen. Und so gingen die Auseinandersetzungen um flandrischem Boden weiter und weiter, die Menschen starben und starben und für was…?

Auf der 2. Umschlagseite ist an Stelle der sonst üblichen Portraits der Hauptpersonen ein >>Flämischer Ritter mit Wappenbanner<< hoch zu Ross und in vollem Harnisch abgebildet. Dafür fehlt auf der letzten Umschlagseite die Peligom-Reklame.

In einer zweiseitigen Einleitung „Flandern und die Flamen, Ein geschichtlicher Überblick“ taucht mal wieder das >>germanische Grenzland“, „das immer zuerst den Angriff (…) von einem romanischen Volke, und da vor allem vom französischen“, auf. „Das flämische Grenzland löst sich aus dem deutschen Verband, zu dem es durch seine niederdeutsche Herkunft an sich gehört.“ „Frankreich hat Flandern oft angegriffen (…) wir erleben das in diesem Heft in aller Ausführlichkeit.“ Interessant und verräterisch ist folgende Passage: „Schon im 3. Jahrhundert dringen fränkische Stämme in den Norden Flanderns ein, schaffen hier bäuerliche Siedlungen und bewahren ihr germanisches Wesen. Bereits im 4. Jahrhundert überschwemmt die Flut der germanischen Völkerwanderung das ganze Land und gibt ihm einen starken germanischen Charakter, der bis in unsere Tage weiterlebt.“ Also haben nicht nur die Römer und die Franzosen (beides Romanen) Flandern angegriffen, sondern die Germanen, erst die Franken und dann die wandernden Restgermanen in riesigen Kohorten die ursprüngliche Bevölkerung angegriffen, dominiert und letztendlich assimiliert. Nun versuchen die Franzosen etwas ähnliches und das ist verwerflich -

In der Vorschau auf die kommenden Hefte, Seite 34, fällt der Titel für das Heft 57 auf: er lautet „Kabel zu neuen Welt“. Wie man sich denken kann, geht es um eine Kabelverbindung zwischen Europa und (Nord)Amerika. Immerhin wurde ein erstes bereits 1857/58! verlegt, es hielt allerdings aus technischen Gründen nur einige Wochen. Weitere Verlegungen waren da erfolgreicher, die längste Lebensdauer hatte ein 1874 für Siemens verlegtes Kabel, das bis 1931 seinen Dienst tat! Wäre ein interessantes Thema gewesen, nicht nur pure Beschreibung von Schlachtgetümmeln, stattdessen erschien ein Heft über die französische Revolution.

* Da mein holländisch/flämisch eher mau ist und ich auch nichts passendes gefunden habe, vermute ich, dass >>Gwide<< flämisch für >>Guido<< ist, dann würde der historische Kontext nämlich passen.

**Die Auseinandersetzungen um den lukrativen flämischen Tuchhandel führten u.a. direkt zum 100jährigen Krieg (1337 – 1453) zwischen England und Frankreich, bei dem Erbstreitigkeiten allerdings auch eine Rolle spielten.

Detlef Lorenz 24.01.2017 08:44

Nummer 49

Ferdinand Magellan, Der erste Weltumsegler








Allein schon der Untertitel – Der erste Weltumsegler – ist historisch völlig daneben: Nach knapp 2/3 der Strecke wurde Ferdinand auf den Philippinen umgebracht. Er kann also nicht als erster die Welt umsegelt haben! Die wenigen Überlebenden dieser waghalsigen Expedition, von ursprünglichen ~ 240* Männern der fünf Schiffe erreichte nur ein Schiff, die Victoria, und 18 Mann! Spanien wieder. Wenn überhaupt, könnte man diese Leute als die ersten Weltumsegler bezeichnen. Von den Philippinen nach Spanien zurück und das mit anfangs 47 Europäern und 13 Ostindern, und letztlich weiteren Unglücksfällen und Krankheiten, portugiesischen Überfällen und Behinderungen, so das nur 18 Mann insgesamt übrig blieben, ist schon eine Meisterleistung. Zudem haben sie eine Ladung Gewürze, die auf der Gewürzinsel** Tidore eingetauscht wurden, heil zurückgebracht. Diese erziehlten einen derartigen Umsatz, dass die Kosten der gesamten Expedition noch übertroffen wurde. Damit war das Handelsmonopol der Portugiesen in die Schranken gewiesen und eins der Hauptziele der Reise erreicht.








Das andere Ziel war endlich der praktische Beweis, dass die Erde eine Kugel ist. So ganz neu war diese Theorie ja nicht, schon den alten Griechen war die Kugelgestalt der Erde eine Selbstverständlichkeit: ein impler Beweise war das Alpenglühen; die Sonne war untergegangen aber sie beschien eine Weile hohe Berggipfel. Oder der runde Erdschatten, während einer Mondfinsternis, konnte ja nur von einer Kugel erzeigt werden. Mathematische Beweise habe ich schon im Kolumbus-Heft (Nummer 33) aufgezeigt.

Magellan war Portugiese und seine Taufname war Fernao de Magalhaes. Erste Seeerfahrungen bekam er 1505 bis 1512 während mehrerer Eroberungszüge in Ostindien. 1513 wurde Magalhaes beim illegalen Handel mit den Mauren erwischt und fiel in Ungnade. Dieses Ereignis, das ihn zum Umzug nach Spanien veranlasste, wird im Heft verschwiegen (warf wohl ein zu düsteres Licht auf den ersten Weltumsegler). Dort wurde die Verweigerung des portugiesischen Königs, eine Reise nach Indien auf dem westlichen Wege zu finden – was schon Kolumbus angetrieben hatte - als Grund für seinen Wechsel nach Spanien angeführt. Karl V, König von Spanien und des Heiligen Römischen Reiches willigt ein, als er von einer wahrscheinlichen Durchfahrt im südlichen Südamerika hörte (möglicherweise die Mündung des Rio Del La Plata) und der Name von Martin Behaim als Zeugen genügten Karl zur Bewilligung der Expedition.

Am 10. August 1519 begann in Sevilla die Reise mit den 5 Schiffen Trinidad, San Antonio, Conception, Victoria und der Santiago. Erstes Ziel sind die Kanaren, dann zu den Kapverden über den Südatlantik nach Brasilien. Die Portugiesen versuchten inzwischen die Fahrt zu verhindern, es gelang ihnen aber nie. Schon bei dieser Überfahrt gab es Probleme zwischen den spanischen Kapitänen und dem portugiesischen Oberbefehlshaber. Sie unterstellen ihm, einen falschen Kurs zu wählen, der sie zu viel Zeit kosten würde. Kurzerhand lies Magellan Juan de Cartagena, den Wortführer, einkerkern. In einer Bucht, in der heutzutage die Stadt Rio de Janeiro liegt, wird ein erster längerer Aufenthalt eingelegt. Weiter geht die Fahrt bis zum Mündung des Rio de la Plata. Groß ist die Enttäuschung, als der riesige Einschnitt sich nur als Mündung eines Stromes herausstellt. Weiter geht die Fahrt nach Süden. Mitte September wird ein Kap erreicht, dass Magellan Cabo Virgenes (Kap der Jungfrauen) benennt, im Heft steht etwas von 11 000 Jungfrauen. Das geht auf die Legende (Märchen) der Heiligen Ursula zurück.***

Als eine Überholung der Schiffe unumgänglich schien und das Wetter immer unwirscher wurde, beschloss Magellan eine Überwinterung. Allerdings führte die schlechter werdende Ernährungslage zur Meuterei, die er mit Waffengewalt rasch beendete. Die Rädelsführer wurden hingerichtet, einige weitere wurden ausgesetzt, als die Schiffe weiterfuhren. Zwischendurch wurden nun Wegerkundungen durchgeführt, der eines der Schiffe, die Santiago, einen Schiffbruch zum Opfer fiel (wird im Heft nicht erwähnt).
An einem Kap, das wegen des Datums Kap der 11 000 Jungfrauen (angeblich) benannt wird, legt Magellan erneut eine längere Pause ein. Auch hier werden Schiffe zu Vorerkundung ausgeschickt. Ein Ergebnis dieser Erkundungsfahrten ist, dass gleich um die Ecke des Kaps eine Wasserstraße beginnt, die anscheinend Richtung Westen führt – letztlich tatsächlich die langersehnte Durchfahrt zum westlichen Meer und die später als Magellanstraße in den Atlanten verewigt wird. Von den beiden ausgesandten Schiffen kehrte die San Antonio nicht zurück, die Besatzung hatte beschlossen, nach Hause zurück zu kehren.







Mit nur drei Schiffen ging die Entdeckungsfahrt weiter, in den Stillen Ozean hinein. Dieser wurde spontan so genannt, weil die bisherigen ständigen Stürme abflauten. Nun hatte das kleine Geschwader das unglaubliche Pech, durch einen Ozean zu segeln, der von einer unglaublichen Anzahl von kleinen und größeren Inseln schier übersät ist und trotzdem bekamen sie keine einzige zu Gesicht! Fast 4 Monate lang sahen sie kein Land, Hunger, Krankheiten, Durst waren ihre ständigen Begleiter. Mindestens 19 Männer starben. Endlich erreichten sie die Inselgruppe der Mariannen. Zwar war nun die Ernährungslage gesichert, aber diebische Bewohner stahlen nach kurzem Kontakt alles was nicht niet- und nagelfest war, inklusive einem Beiboot. Am nächsten Tag gingen die Matrosen an Land, die Einwohner verschanzten sich zwar, aber „einige Gewehrsalven vertrieben sie jedoch.“ Die bei dieser Aktion getöteten Einwohner vergaß der Texter der Heftgeschichte zu erwähnen. Etwas später segeln sie durch das Gewirr des Archipels, das von Magellan Philippinen genannt (nach dem Sohn Karls V) und in Besitz der spanischen Krone genommen wird.

Frage, welcher der beiden folgenden Textpassagen könnte historisch sein, welcher wird wohl aus dem Heft stammen?

„Auf der Insel Cebu bittet der Häuptling Zula Magellan um Hilfe gegen einen anderen Häuptling.“
„Auch Cebu unterwarf sich der Herrschaft Karls V. Der Häuptling der Nachbarinsel Mactan lehnte jedoch eine Oberherrschaft und Missionierung ab. Magellan versucht daraufhin die Insel gewaltsam zu unterwerfen.“

Auf jeden Fall ging das Unternehmen schief, die Spanier flüchteten und Magellan verlor sein Leben. Sein Leichnam blieb auf der Insel. Hier endet jetzt die Erzählung im Heft, in wenigen Sätzen wird die Rückkehr der Überlebenden beschrieben. Magellans Leistung wird noch einmal herausgestellt, die Kugelgestalt der Erde ist jetzt endgültig praktisch bewiesen. Und erneut, sie war im Grunde schon demonstriert, als der vom Anfang der Expedition mit dabei gewesene Sklave Magellans und Dolmetscher auf der Philippinen-Insel Homonhon an Land ging: diese war seine Heimat und damit war er der erste Weltumsegler!

Kann hier jemand einen ungefähren Währungsvergleich vom spanischen Maravedi des 16ten Jahrhunderts zum heutigen Euro nennen; noch besser wäre allerdings zur Deutschen Mark der 1950er Jahre. Im Heft ist als bewilligte Summe der geplanten Reise „240 000 Mark“ genannt. Als Gesamtbetrag habe ich 8 680 500 Maravedi gefunden. Und ob dieses Verhältnis zueinander passt, würde mich interessieren.

Im selben Jahr 1519, als Magellan zu seiner Weltumsegelung aufbrach, landete Hernando Cortez an der Ostküste Mexikos und eroberte mit wenigen Leuten das große Aztekenreich.

Die 2te Umschlagseite zeigt Magellan in seiner Kajüte vor einem Globus mit einem Stechzirkel in der Hand.

Die Seiten 3 und 4 schildern die Bedeutung der Kartographie im Rahmen der Entdeckungsfahrten der Europäer (von K. E. Krack). Ein kurzer Bericht von zwei eisenhaltigen Inseln bei Island, die einen Kompass magnetisch beeinflussen können, ist ebenfalls auf der vierten Seite zu finden.

Auf der Seite 32 befindet sich ein kleines Lexikon, das Begriffe aus diesem Heft in alphabetischer Reihenfolge auflistet und erklärt.

Die Vorschau zeigt noch immer das Heft 57 mit dem Kabel zur neuen Welt.
Das Thema der nächste Ausgabe „Richard Löwenherz“ wird auf der Umschlagseite drei vorgestellt. Das hatten wir schon einmal mit dem dritten Heft.

Endlich gibt es auch die beliebte Peligom-Reklame-Ausschneidebilder wieder, diesmal könnte es ein Patagonier sein, denen die Entdecker dieses Heftes im südlichen Südamerika begegneten.

*Andere Quellen sprechen von 250 Mann Besatzungen, im Heft ist gar von 265Seeleuten die Rede **Heute nennt man sie Molukken. ***Die Zahl 11.000 geht möglicherweise auf einen Lesefehler zurück. In den frühen Quellen ist gelegentlich von nur 11 Jungfrauen die Rede. Deshalb hat man wohl behauptet, dass die Angabe „XI.M.V.“ statt als „11 martyres virgines“ fälschlich als „11 milia virgines“ gelesen wurde. Zu besseren Verständnis sei erwähnt, das die Römer in Texten gerne Abkürzungen verwendeten, die im Frühmittelalter schon nicht mehr richtig gelesen werden konnten/wollten.

Detlef Lorenz 31.01.2017 09:38

Nummer 50

Richard Löwenherz, Kreuz gegen Halbmond






Mit diesem Heft liegt ein kleines Jubiläum vor: immerhin ist es das 50ste einer damals beliebten Comicreihe. Zum zweiten Male ist hier der englische König Richard Plantagenet, so sein Familienname, titelgebend. Dieser König hat auch im deutschen Sprachraum einen ziemlich untadligen Ruf, seine Taten werden verklärt und in Verbindung mit Robin Hood und Sir Lancelot in einem Atemzug genannt. Volkssagen (Robin Hood) und Historienromane (Walter Scott) bereiteten den Nährboden für die Heroisierungen um Richard Löwenherz´ Leben. Leider sind diese Inhalte teilweise für das Heft übernommen, es ist sogar recht schludrig recherchiert worden. Fakten sind schlichtweg falsch, die sich in Jahrhunderten gebildete Mythen unreflektiert übernommen worden. Als ich auf vermehrte Fehler gestoßen bin, schaute ich ausführlicher hin und kam aus dem Staunen kaum heraus.








Text Seite 6: „Im August 1187 wird bekannt, dass der gerade zur Herrschaft gelangte Sultan Saladin ein Heer der Kreuzritter am 5. Juli in der Schlacht von Hattin am See Genezareth vernichtend geschlagen hat. Die Lawine der Türken schiebt sich unaufhaltsam gegen die Jerusalem vorgelagerten Plätze vor. (...) In diese Vorbereitungen (den 3. Kreuzzug) dringt die erschütternde Nachricht: die Mohammedaner haben am 3. Oktober 1187 die Mauern von Jerusalem erstiegen und das grüne Banner des Propheten gehißt.“

Ich habe mehrere Quellen gefunden – auch ältere – die vom 2. Oktober sprechen, aber das ist marginal, gravierender ist schon die Nennung der >>Türken<<, die gegen Jerusalem ziehen. Saladin mag türkische Söldner in seinen Reihen gehabt haben (Seldschuken), aber sein Heer bestand überwiegend aus Ägyptern, dessen Land sein Hauptherrschaftsgebiet war und Syrern und Irakern.

Der Text des ersten Comicbildes auf der Seite 7 nennt die Namen der Fürsten, die am 3. Kreuzzug beteiligt waren: „Unter dem Eindruck dieses Ereignisses (der Eroberung Jerusalems) beschließen die vier mächtigsten Fürsten des Abendlandes, Kaiser Friedrich Barbarossa, König Phillip II, August von Frankreich und König Richard Löwenherz von England, Heere für den Zug gegen die Feinde im Morgenlande aufzustellen.“

Von welchem Land ist eigentlich Phillip II Herrscher? Nun, genau genommen ist dessen kompletter Name Phillip II August von Frankreich. Also sind es nur DREI Herrscher!

Weiter geht es erst einmal mehrere Seiten mit den Erlebnissen, die Friedrich Barbarossa und sein Heer auf dem Weg ins >>Heilige Land<< erlebten oder erduldeten.

Seite 9: „Durch Serbien und Bulgarien geht es weiter. Aber hier verzögert sich der Weitermarsch erheblich, weil die Bewohner dieser Länder sich weigern, Lebensmittel herzugeben. Deshalb ordnet Friedrich an, diese Gebiete als feindlich zu betrachten.“

„Die Bewohner dieser Länder“ weigern sich nicht, es ist der Kaiser Isaak II von Konstantinopel, der die Kreuzfahrer nicht in seinem Lande haben will, zu dem Bulgarien und zeitweise Serbien gehört. Wie recht er mit seinen Vorbehalten haben sollte, zeigt sich wenige Jahre später, als der 4. Kreuzzuge unter der Führung Venedigs völlig aus dem Ruder lief, bzw. so geplant war und lediglich Konstantinopel erobert und geplündert, sowie dort an Stelle des Orthodoxen ein katholisches >>Lateinisches Kaiserreich<< errichtet wurde – aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls holten sich unsere Kreuzzügler ihren Nachschub infolge von Eroberungen der Städte Philipopel und Adrianopel. Sie plünderten auch die weitere Umgebung aus, töteten die Bewohner und benahmen sich insgesamt recht brutal. Als Friedrich gar mit Krieg gegen Isaak II drohte, lies dieser die Kreuzfahrer passieren.

Bei Laodikeias, oder Laodicea, westlich von Ephesus, „erreichte das Heer endlich türkischen Boden.“ ,so weit, so gut; hier herrschten tatsächlich bereits die Türken, genauer die türkischen Seldschuken. Auf den Seiten 10 und 11 sehen wir nun Schlachtenszenen, die die Kreuzritter mit den Seldschuken ausfochten.

Seite 10: „Schon meldet sich der Feind. Ein Tag nach dem Pfingstfest (1190) treffen die Reitergeschwader der Ritter auf eine Menge von, wie überliefert ist, 40 000 türkischen Reitern. Wie Heuschreckenschwärme (natürlich) überschwemmen sie die offene kleinasiatische Hochebene und versuchen, in einem Regen von Speeren und Pfeilen alles, was sich ihnen entgegenstellt, zu vernichten.“

Seite 11: „Weitere Kämpfe sind am 7. und 14. Mai (sowie am 18.Mai) bei Philomelion zu bestehen.“ Weiter unten ist von „über fast 100 000 Türken“ zu lesen, die der Kaiser (Friedrich) besiegte. „Jetzt erkennt Sultan Saladin die Stärke der Deutschen und unterwirft sich Barbarossa.“

Hier ist mehreres merkwürdig: Über den Zusammenstoß der Seldschuken und dem Kreuzfahrerheer auf der Seite 10 habe ich nichts gefunden. Die 40 000 Mann, die von nur 600 Rittern (die dauernd von Friedrich angespornt werden mussten) besiegt wurden, halte ich so für erfunden, bzw. mit dem Schlacht von Ikonium verwechselt, die allerdings erst nach der von Philomelion stattfand, nämlich am 18. Mai (!). Außerdem wird im Heft behauptet, Friedrichs Sohn hätte die Stadt im Sturm genommen. So wie es abgehandelt wird, muss angenommen werden, dass es sich um Philomelion handelt, denn Ikonium wird nirgends namentlich erwähnt, auch nicht auf den nächsten Seiten und diese wird vom Sohn erobert. Währenddessen Friedrich vor den Mauern der Stadt das seldschukische Heer in großer Zahl die Kreuzfahrer schwer bedrängte. Weiterhin wird auf Seite 11 ja von den geschlossenen Toren der Stadt (Philomenion) geschrieben, die war aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Ruinenstadt. Bleibt offen, was das für eine Schlacht auf der Seite 10 war.
Zum dem noch die Frage nach dem „Sultan Saladin, der die Stärke der Deutschen anerkennt und sich Barbarossa unterwirft“. Es ist sicherlich nicht DER Sultan Saladin gemeint, der Jerusalem erobert hat und die Kreuzfahrerstaaten in Palästina am Rande der endgültigen Niederlage hat, obwohl der Text es ja suggeriert . Wenn DER es dann sein sollte, wäre der 3. Kreuzzug damit ja am Ziel und beendet … Der einzige Saladin, der gegen das Heer Barbarossas im seldschukischen Reich etwas zu tun hatte, war ein Sohn DES Saladin, und ein Verbündeter der Seldschuken, mit sicherlich einigen Soldaten – mehr nicht.

Auf den nächsten beiden Seiten (12 und 13) wird vom Tode Friedrichs gezeigt und wie daraufhin vielen Kreuzfahrern der Mut verließ und sie nach Hause zurück kehrten. Es ist von nur 2000 Mann, die unter dem Oberbefehl von Friedrich von Schwaben zurückblieben und den Weg ins >>Heilige Land<< weiter fortsetzten.








Nun tritt auf der Seite 14 erst der Mann ins Blickfeld des Heftes, der auf der Titelseite die Leser zum Kauf animieren sollte. Gleich der erste Textblock verrät wieder etwas von den Ungereimtheiten, die sich durch das ganze Heft ziehen.

„Während nun der französische König im Frühjahr direkt nach Akkon (…) segelt, verweilt Richard Löwenherz noch längere Zeit auf Cypern, das er den Byzantinern entreißt.“

Richard war tatsächlich auf Cypern, um seine Braut Berengaria von Navarra aus den Händen des cyprischen Herrschers Isaak Momnenos zu befreien und in Limassol sogleich zu ehelichen. Sie und die Schwester Richards waren nach einem Schiffbruch auf der Insel gestrandet. Mit seinem überlegenen Heer besiegte Richard schließlich Isaak und Cypern wurde an die Johanniter übergeben. Kurz und gut, Cypern war zu diesem Zeitpunkt, Seite 14 des Heftes, nicht mehr zu Byzanz gehörig.

1191 wurde Akkon mit den Verstärkungen der Franzosen und Engländer (Richard war inzwischen von Cypern aus übergesetzt), erobert. Die Eroberer freuten sich, und wollten den Ruhm an ihre Fahnen heften (buchstäblich). Über der Zitadelle von Akkon wehten zuerst die Banner der Könige von Frankreich und Englands. Leopold, der Herzog von Österreich, hängte seinen mit der Begründung auf gleicher Höhe daneben, er sei schließlich der Befehlshaber des, wenn auch kleinen, deutschen Truppenverbandes. Vor allem Richard fand dies anmaßend und „den Bannerspeer umreißt, ihn zersplittert, das Panier auf den Boden wirft und es mit Füßen tritt.“ Etwas weniger prosaisch habe ich woanders gelesen, er solle lediglich einem Knappen beauftragt haben, es in den Burggraben zu werfen. Aber beides gefiel dem Herzog nicht und er zog, ohne sich zu entschuldigen (dazu aufgefordert, weil er sich angemaßt hatte, sich mit den beiden Königen als Herzog auf eine Stufe zu stellen), beleidigt mit seinen Soldaten nach Hause.
Was aus dieser Episode resultierte, ist mehr als bekannt, aber kurz vorher noch die Bemerkung, dass auch Phillip bald abzieht und Richard alleine, nur mit Hilfe der wenigen Kreuzfahrerstaatenheere, Jerusalem nicht zu gewinnen vermochte. Außerdem hörte er, dass sein Bruder Johann zu Hause immer mehr die Macht an sich riss. Ein Separatfrieden (u. a. werden unbewaffnete Pilger zu den >>heiligen Stätten<< eingelassen) mit Saladin stellte ihn zufrieden, dann eilte er im Oktober 1192 nach England zurück. Warum Richard nun den Weg das Donautal entlang wählte, wirft Fragen auf. Im Heft ist von einem Schiffbruch die Rede und dass er als Händler verkleidet alleine durch Leopolds Herzogtum wanderte. Anscheinend wählte er diese Route, weil ihm auch Phillip ans Leder wollte und damit das westliche Mittelmeer zu unsicher erschien. Dieser hatte sich mit Heinrich VI, dem neuen deutsch/römischen Kaiser verabredet, Richard gefangen zu nehmen. Die Gründe waren vielfältig, hauptsächlich wollte sich Phillip rächen, weil Richard das Verlöbnis mit der Halbschwester des Königs aufgelöst hatte und Heinrich ärgerte die Unterstützung des englischen Königs für Heinrich den Löwen, dem penetranten Widersacher des Kaisers. Am 21. Dezember 1192 fasste man Richard, der sich als Pilger mit großem Gefolge und Gehabe und großen Portemonnaie sehr auffällig verhalten hatte – im Gegensatz zum Hefttext - in Edberg in einem kleinen Gasthaus (klingt nach Hansudi Wäscher). Umgehend meldet Leopold die Gefangennahme und lieferte ihn im März 1193 in Speyer an den Kaiser aus, nachdem Richard der horrenden Lösegeldforderung, den Lehnseid und weiteren Forderungen nachgekommen war. Beschleunigend wurden die Verhandlungen schließlich, als Heinrichs drohte, ihn ansonsten an Phillip auszuliefern, was Richard kaum zufriedenstellend überlebt hätte. Das Lösegeld besorgte nun seine Mutter Eleonore von Aquitanien und nicht Robin Hood und auch nicht Ivanhoe; klingt zwar romantisch, ist aber unhistorisch.

Witziger weise konnte sich der Texter des Heftes den Sänger Blondel nicht verkneifen, der seinen Herrn suchte und überall seine Lieder anklingen lies, um ihn zu finden. Als er diesen an der Burg Dürnstein, die im Heft wie ein neogotisch restauriertes Schloss ausschaut, durch seinen Gesang erkennt, ist es hier unnötig, da die Geschichte im Rahmen des Heftes diesmal nicht zugunsten der Legende weiter umgeschrieben wurde. Es gab zwar um diese Zeit einen Blondel de Nesle, einen noch heute bekannten französischen Troubadour, aber ob er mit Richard befreundet oder ihn wenigstens persönlich kannte, ist nicht bekannt. Einen Blondel, einen relativ modernen gibt es aber doch: es ist Merry-Joseph Blondel (1781-1853), ein französischer Maler, der 1841 ein historisierendes Gemälde von Richard Löwenherz angefertigt hat. Es hängt im >>Saal der Kreuzzüge<< im Schloss Verseilles … und Walter Scott (Ivanhoe) kann es nicht gesehen haben, denn er starb fast 20 Jahre vorher.
Noch einmal zurück zum berühmten Vorgang auf den Mauern Akkons, der mit Sicherheit ins Reich der Legendbildung um Richard zurück zu führen ist. Und zwar deshalb, weil es ansonsten ziemlich unschlau von Richard gewesen wäre, durch das Gebiet des von ihm zurechtgewiesenen Herzogs zu reisen, selbst verkleidet als was auch immer.

Von Leopold gibt es noch etwas anderes zu berichten: er soll für die österreichischen Farben auf der Nationalflagge zuständig gewesen sein. Die Kreuzritter trugen in der Regel einen weißen Waffenrock. Leopold soll nach einer Schlacht ziemlich flächendeckend blutüberströmt gewesen sein. Als er seinen Gürtel abnahm, zeigte seine Kleidung an dieser Stelle einen weißen Streifen und rot – weiß – rot sind seit dieser Zeit die Farben der österreichischen Flagge. Jedenfalls soll ihm das Kaiser Heinrich angetragen haben, weil Leopold sein eigentliches Banner zwischenzeitlich abhanden gekommen war.

Auf der letzten Comicseite, wenn man sie denn so nennen will, denn sie zeigt nur eine Karte der >>Christenstaaten in Palästina 1098 – 1189<< erscheint ein Land mit Namen >>Assassan<<. Es liegt zwischen dem Fürstentum Antiochia und der Grafschaft Tripolis. Damit ist ein kleines Territorium gemeint, das die Sekte der >>Assassinen<< zu dieser Zeit beherrschte. Sie zeichneten sich vor allem durch die Opferbereitschaft ihrer Mitglieder aus, politische Morde zu begehen und dafür als Märtyrer ins Paradies zu gelangen – kommt irgend wie bekannt vor … Auf den Seiten 23 bis 25 wird von Bood ein derartiger Versuch, die Ermordung Richards, durch einen solchen Assassinen gezeigt. Allerdings habe ich dafür keine Belege gefunden, obwohl damals ein derartiges Attentat große Aufmerksamkeit hervor gerufen hätte.

Das wär´s dann von dieser Comicgeschichte, die ganz schön anstrengend zu beschreiben, zu bewerten und zu analysieren war. Dafür habe ich, glaube ich, den bisher umfangreichsten Text hier geschrieben. Die Geschichte selbst ist flott erzählt, die ausgelassenen Fakten fallen für den unbedarften Leser – und das waren in der Regel Kinder – nicht auf. Legende und Historie sind geschickt verknüpft, wobei ich vermute, dass der Texter es oft selber nicht besser wusste. Die zeichnerischen Darstellungen sind wieder etwas erfreulicher – kommt mir jedenfalls so vor.


Auf dem Titelbild ist vor einer Stadtmauer (Akkon?) ein Lanzenstechen zwischen einem Kreuzritter und einem muslimischen Reiter zu sehen. Ob dies je so stattgefunden hat, bin ich mir nicht klar. Wie weit es im mittelalterlichen Orient (nach unserer Zeitzählung) tatsächlich lanzenbewerte Reiter gegeben hat, bin ich noch am suchen, vielleicht gibt es bei den Lesern hier jemand, der Bildbeispiele bringen, oder meine Vermutung bestätigen kann.

Die zweite Seite zeigt Richard Löwenherz, von einem Glorienschein umgeben – ziemlich heroisierend.

„Ritter im friedlichen Turnier und blutigem Kampf, Rückblick ins Mittelalter“ Ein Artikel der Seiten 3 und 4 erzählt ein bisschen was übers Ritterleben, wie man Ritter wird und was man vom Kampfe halten kann; Fairness, Ehre udgl. mehr. Ganz interessant geschrieben.

„Euer Hans-Jürgen“ stellt erfüllt Themenwünsche und anders von namentlich genannten Lesern vor. Immer eine Freude, den eigenen Namen im Heft zu lesen – meiner war nicht dabei. An den Lehning-Verlag habe ich nur einmal geschrieben, als er bereits in der Abwicklung war.

Die Vorschau auf die kommenden Hefte zeigt noch immer für die Nummer 57 den selben Titel.

Die vorletzte Seite kündet für das folgende Heft mit „Die Hölle von Tsushima“ ein modernes Thema an, den Krieg 1905 zwischen Japan und Russland.
Die letzte Seite zeigt diesmal keine Reklame (-Zeichnung) für den Peligom-Kleber, Uhu-Alleskleber ist diesmal das Thema. Allerdings wird als Zeichnung eine zeitgemäße Wohnlandschaft dargestellt und kein Heftbezogenes Bild.

Das oben erwähnte kleine Jubiläum nutzte ich mal für eine ebenso kleine Pause in den Berichterstattungen für diese Reihe aus. Andere schreibende Verpflichtungen haben eine Zeit Vorrang.

Detlef Lorenz 25.02.2017 10:27

Nummer 51

Die Hölle von Tsushima, Admiral Togo, Sieger über die russische Flotte








Habe ich mit der Beschreibung der Inhalte des vorherigen Heftes den bisher umfangreichsten Textanteil niedergeschrieben, so wird der für das Heft 51 – ist übrigens im April 1957 erschienen – der womöglich kürzeste werden. Hier geht es um den russisch-japanischen Krieg von 1904/5. Dieser brach nicht zufällig aus, sondern hatte eine Vorgeschichte, die mit der russischen Expansion über Sibirien hinaus bis zum Pazifik und dem japanischen Aufstieg von einem abgeschotteten Agrarland zu einer Industrienation mit Großmachtambitionen im 19ten Jahrhundert fast gleichzeitig begann. Japan versuchte den chinesischen Einfluss auf Korea zu beenden, um es selbst als Kolonie, bzw. Bestandteil in sein Reich zu integrieren – im Heft noch als >>Schutzherrschaft<< bezeichnet. Da auch die Russen mitmischten, blieb eine Konfrontation beider Mächte nicht aus.








Die erste Hälfte des Heftes behandelt den japanischen Angriff auf die Seefestung und Kriegshafen Port Arthur ( Dalien). Der erfolgte am 8. Februar 1904 ohne offizielle Kriegserklärung Japans an Russland, das holten sie erst 2 Tage später nach … diese >>Taktik<< verwendeten die Japaner 38 Jahre später noch einmal. Bei diesen Seegefechten, die auf japanischer Seite Admiral Togo befehligte, wurden lediglich 7 russische Schiffe bewegungsunfähig geschossen, Japans Flotte büßte keine Verluste ein. Bei der später erfolgten Belagerung und Erstürmung der Festung starben auf japanischer Seite mindestens 100 000 Mann, bei den Russen wohl um die 15 000.








Inzwischen war für die russische Seite klar, nur eine starke Pazifikflotte konnte noch eine Wendung bringen. Diese sollte in Wladiwostok Position beziehen. Dazu musste sie allerdings aus der Ostsee heraus Afrika umrunden, durch den Indischen Ozean, das Südchinesische Meer und, dafür entschied sich der russische Admiral Rojestwenski, zwischen Korea und der japanischen Insel Kyushu hindurch fahren. Den Lesern des Heftes wurde nun weisgemacht, dass die Russen auf den Werften der Ostsee in rund einem halben Jahr ein ganz neues Geschwader bauen ließen. Tatsächlich waren Neubauten darunter, viele Schiffe bestanden allerdings aus veralteten Typen, die nicht mit der Geschwindigkeit der modernen Schiffe mitzuhalten vermochten. Auch war deren Panzerung und Bewaffnung den neueren Schiffstypten der Japaner nicht gewachsen. Der Ausbildungsstand der Japaner war zudem höher und effektiver, und politische Probleme in der Heimat (Proteste und Revolten gegen das Zarenregime, auch Unruhen deswegen an Bord der Flotte) behinderte die Kampfkraft der russischen Besatzungen.

Bei der Doppelinsel Tsushima trafen die beiden Flotten aufeinander, auf japanischer Seite war der schon erwähnte Togo Befehlshaber. Das Seegefecht dauerte nur gut 1 ½ Tage, dann war die russische Flotte vernichtend geschlagen – wie es so gräulich heißt. Immerhin verbergen sich hinter diesen Worten 5045 Tote auf russischer Seite, rund 115 auf japanischer. Die Russen verlieren alle Schiffe, zudem müssen sie Port Arthur an die Japaner übergeben. Damit war der Krieg zugunsten der Japaner entschieden. Diese erhalten auch noch die Südhälfte der Insel Sachalin (einige Jahre zuvor besaßen sie die gesamte Insel, die allerdings in einem Tausch gegen die Kurillen-Inselgruppe mit den Russen den Besitzer wechselte). Im weiteren besetzten sie einige Jahre später Korea, die Mandschurei. Noch später führte ihr Eroberungsdrang sie nach China, gegen die USA und schlussendlich zum Verlust aller gemachten Eroberungen.

Die Zahlen, Daten, Namen im Heft sind weitgehend korrekt, ob das nun 22 oder 24 Schiffe waren, ob der Kampf um 4:05 oder um 5:05 begann, ist marginal. Was ich nirgends finden konnte, war die Angabe, dass die japanischen Granaten mit einem neuen, von einem Amerikaner erfundenen Sprengstoff gefüllt waren. Wahr ist, sie enthielten mehr >>Schimose<< als Sprengstoff, das wirkungsvoller, als das >>Pyroxilin>> der Russen war. Schimose war aber schon länger bekannt, also nicht unbedingt eine neuer Sprengstoff. Togo „besucht seinen tapferen Gegner Rosjewski am Krankenlager“, dabei werfen Sonnenstrahlen fast einen Heiligenschein auf die beiden Männer. Von den getöteten Seeleuten ist nicht weiter die Rede. Togo redet noch etwas von „der Pflicht, die wir beide getan haben. Ich möchte Ihnen meine Hochachtung und zugleich mein Beileid aussprechen.“ Hochachtung wofür, dass er seine ihm anvertrauten Seemänner in den sicheren Tod geführt hat! Und Beileid, weil der Russe verloren hat!? So ein Schmarren. Ob diese Worte nun tatsächlich gefallen sind, weiß man nicht, auf jeden Fall hat sich der Texter Sätze einfallen lassen, die fast wie eine Verhöhnung der Toten klingen.

Auf der Seite 31 sind in 2 Karten die Fahrt der Flotte um die halbe Welt herum zu sehen, sowie den Verlauf der Schlacht bei Tsushima.

Die 2. Umschlagseite zeigt Admiral Togo.

Ein schöner Bericht über die Herstellung eines Globus folgt auf den Seiten 3 und 4. Auf der 4ten Seite sind zudem Fakten aus der Welt aufgeführt. Z.B. über den größten jemals gesehenen Eisberg (320 Km X 95 Km), oder über den Aaribosch (Zäher Baum) vom Tafelberg.

Die sich in Vorbereitung befindlichen Hefte zeigen noch immer für das 57ste die „Kabel zur neuen Welt“.

Auf den in der Vorschau zum nächsten Heft genannten Titel „Karl der Große, Schöpfer und Herrscher des Abendlandes“ freue ich mich schon 
Ein japanischer Seeoffizier um 1900 steht Modell für das Ausschneidebild der Peligom-Reklame.

Detlef Lorenz 02.03.2017 18:27

Nummer 52

Karl der Große, Schöpfer und Herrscher des Abendlandes








Auf dem oben stehenden Titelbild sehen wir einen bärtigen Mann, auf dessen Haupt die Reichskrone des Heiligen Römischen Reiches sitzt, der sogenannte Krönungsmantel hängt über seine Schulter, in der rechten Hand hält er das Reichsschwert, in der linken den Reichsapfel. Die Hände stecken in … genau, den Reichshandschuhe. Der deutsche Adler und die französischen Lilien umgeben seinen Kopf und sollen den Machtbereich des Schöpfers und Herrschers des Abendlandes anzeigen. Das Porträt geht auf ein Gemälde Albrecht Dürers von 1513 zurück. Dort ist es größer, natürlich, aber ich meinte den Ausschnitt. Das alles ist in der Wiener Hofburg zu besichtigen, außer dem Gemälde, das hängt im Nürnberger Nationalmuseum und Nürnberg als ehemalige Reichsstadt und ehemaliger Aufbewahrungsort der Reichsinsignien besteht nach wie vor auf die Rückführung in seine Stadt – aber das ist eine andere Geschichte.

Weshalb gehe ich auf das Titelbild und seine Darstellung so genau ein … weil eigentlich alles daran falsch ist: Die Krone wurde in der 2. Hälfte des 10ten Jahrhunderts geschaffen, also rund 150 Jahre nach dem Tode Karls (747/748-814). Das Schwert geschmiedet im 2ten Drittel des 11ten Jahrhunderts, der Krönungsmantel 1134 und der Apfel Ende des 12ten Jahrhunderts. Interessanterweise zeigt die 2te Umschlagseite ein Reiterstandbild Karls, das aus dem 9ten Jahrhundert stammt und ihn mit der damaligen Krone zeigt. Allerdings ist man sich in Fachkreisen nicht ganz sicher, ob es sich nicht um eine Abbildung Karls des Kahlen (823 – 877) handelt.




Diese Abbildung habe ich aus einem bestimmten, im Text erkenntlichen Grund, ausgewählt. Mal sehen, ob derjenige, für den das gedacht ist, es herausfindet – sofern er hier überhaupt hereinschaut




Über die Kindheit Karls ist so gut wie nichts bekannt, deshalb übergeht sie Bood im Heft. Das erste Comicbild zeigt Karl vor seinen Truppen eine Ansprache haltend. Er schwört sie auf den kommenden Krieg gegen die Sachsen ein, die sich nicht nur beharrlich weigern, dass Christentum anzunehmen, sondern auch die Oberherrschaft der Franken noch immer ablehnen. 772 beginnt Karl die Sachsenkriege. Karl zögert auch nicht, Massaker (Bluttag von Verden) unter der Bevölkerung anzurichten, ganze Bevölkerungsteile in fränkisches Hoheitsgebiet umzusiedeln, das Heiligtum der Sachsen, die Irminsul zu zerstören. Im Heft wird hauptsächlich auf die Sachsenkämpfe eingegangen, kein Wunder, dauerten sie doch mehr als 30 Jahre, bis diese sich endgültig geschlagen geben mussten. Auch sonst ist viel von Kämpfen und Kriegen die Rede, eigentlich ist seine gesamte Regierungszeit als König und westlicher Kaiser (der erste nach dem letzten Weströmischen 476) von Kriegen durchzogen. Meist handelt es sich um Angriffskriege, oft als Selbstschutz gegen plündernde Horden – wie den Sachsen – oder als Christianisierungsmissionen – wie den Sachsen – tituliert. Auch fingierte Prozesse, wie gegen den bayrischen Herzog Tassilo, den Karl nach einem Schauprozess in ein Kloster stecken ließ und seine Ländereien einsackte.

Ende des 8ten Jahrhunderts flüchtete Papst Leo III. nach Unruhen in Rom gegen ihn nach Paderborn und bat Karl um dessen Unterstützung, wie zuvor schon Pippin (714-768), dem das Papsttum mit der sogenannten Pippinschen Schenkung den Kirchenstaat verdankte. Flugs schickte Karl 799 Truppen nach Rom und reiste im nächsten Jahr selbst dort hin. Die Waffenhilfe für den Papst wird im Heft nicht erwähnt. Am Weihnachtstag 800 wird Karl beim Gebet in der damaligen Kirche St. Peter vom Papst überrascht, als dieser ihm die Kaiserkrone, die auf dem Titelbild, aufs Haupt drückt. Bood meinte zu wissen, dass Karl dies eigentlich nicht wollte, sich aber in sein schweres Schicksal ergeben fügte…








Ferner wird dem Kirchenbau in Aachen Raum gewidmet, dem Versuch eines Kanalbaus zwischen Rhein und Donau (Altmühl- und Rezatkanal), die Awaren-, Langobarden-, Ungarn- und Friesenkriegen thematisiert. Die letzte
Comicseite zeigt den sterbenden Kaiser und sein Grab, zu dem folgender Text zu lesen ist: „In diesem Grab liegt der Leichnam Karls, des großen und rechtgläubigen Kaisers, der das Frankenreich herrlich ausgedehnt und durch 47 Jahre glücklich regiert hat.“

Und was hat er erreicht? Das Frankenreich wurde nach seinem Tode gemäß der fränkischen Erbschaftsreglung geteilt, kriegerisch vereint, geteilt, kriegerisch vereint, schließlich endgültig in hauptsächlich Frankreich und Deutschland - und Italien und die Niederlande und Belgien und die Schweiz und Luxemburg nicht zu vergessen - aufgeteilt. Furchtbare Kriege haben seither Europa verwüstet, Not und Elend über die Menschen gebracht. Für dieses >>herrliches Erbe<< müsste er eigentlich „Karl, der sogenannte Große“ genannt werden.


Die Seiten 3 und 4 schildern recht anschaulich das Leben der „Menschen im Karolingerreich“.

„Euer Hans-Jürgen“ geht wieder auf Leserbriefe ein. Titelvorschläge werden besprochen oder abgehakt, je nachdem, ob sie schon behandelt wurden, oder in Kürze erscheinen werden.

In Vorbereitung sind die Hefttitel ab Nummer 53 bis 59, wobei für die 57 noch immer die „Kabel zur neuen Welt“ angekündigt werden.

Die Nachbestellliste gilt ab der Nummer 13.

Das kommende Heft heißt: „Die Seidenstraße, das Geheimnis im Pilgerstab“. Was das wohl bedeutet!?

Die 4te Umschlagseite zeigt diesmal wieder Uhu - Reklame, das zum Basteln gehört.

underduck 02.03.2017 19:27

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 542707)
... diese Abbildung habe ich aus einem bestimmten, im Text erkenntlichen Grund, ausgewählt ...

Ob basti das auch so sieht? ... :grins::zwinker:

Brisanzbremse 02.03.2017 21:07

Also, ich hab's gesehen. Ich komm ja ursprünglich auch aus Horrorhaus-City.

Schlimme 03.03.2017 13:00

Jetzt habe ich statt "starke sächsische Streitkräfte" "stark sächselnde Streitkräfte" gelesen. Muss wohl einen starken Kaffee trinken.

74basti 04.03.2017 07:50

775 besetzten die Franken beiden Weserseiten der damaligen Siedlung an der Furt, aus der später die Stadt Höxter hervorging. Die meisten "Sachsen" - ich glaube, es war eher ein sächsischer Stamm - starben bei der Verteidigung ihres Gebietes gegen den christlichen Eindringling.
Etwas südlich von hier, auf dem westlichen Ufer erhebt sich auf dem Stadtgebiet der Brunsberg (ja, liegt bei Bosseborn). Dort sind im Wald zahlreiche Hügelgräber vorhanden. Und vor einigen Jahren fanden dort auch Ausgrabungen statt, die Fundamente einer "Burg" freilegten. Diese hat mit mittelalterlichen Burgen aber nicht viel zu tun. Von dort kann die Weser in südlicher und nördlicher Richtung, sowie der Sollingrand (der damals sicherlich komplett bewaldet war), beobachtet werden.
Unterhalb der Brunsburg soll es zu der Schlacht gekommen sein. Ein Gemälde von 1704 zeigt die Szenerie in freier Phantasie:


Karl der Große hat hier keinen großen Stellenwert, da er uns unterwarf :zwinker: und nicht befreite. :D
Egal: Uns ist zumindest eine große Aufmerksamkeit im Dritten Reich erspart geblieben. Verden an der Aller war 782 erorbert worden und musste das Gedenken daran in den 30er Jahren noch ertragen.

:danke: Detlef für die Weserszene

Detlef Lorenz 09.03.2017 14:57

Bevor ich mit dem neuen Heft weitermache, wollte ich schon meiner leichten Verwunderung Ausdruck geben, dass sich niemand an meiner doch recht harschen Kritik an Karl dem sogenannten Grossen gerieben hat? In der Schule habe ich noch gelernt und in so gut wie jedem Geschichtsbuch auch nachgelesen, dass Karl der Schöpfer Europas war, und nun stelle ich ihn hier als kriegssüchtigen, machbesessenen Kriegstreiber dar. Und, "trotz der dauernden Kriege gegen die Sachsen (...) fand er noch die Zeit (Donnerwetter!) sich um den inneren Ausbau des Reiches zu kümmern." In Aachen beginnt der Bau des Münsters -wahrscheinlich aus mit aus (ehemals römischen) Europa zusammengeklaubtem Material. Na ja, usw.!?

underduck 09.03.2017 15:02

Ähem ... hatten wir im CGN nicht beschlossen Themen mit Religion und Politik zu meiden ... :zwinker:

Detlef Lorenz 09.03.2017 15:24

Sicher hast du recht, aber ... Immerhin beschreibe ich hier ja ein geschichtliches Ereignis, dass nicht nur rund 1200 Jahre zurück liegt. Die Zeit Karls - und alle vergangenen Epochen - sind für den aktuellen Zustand nicht nur Europas schon von Belang. Und ich wollte auch nur zum Ausdruck geben, dass sich mein eigenes Geschichtsbild in manchen Aspekten im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gewandelt hat.

Auch die "Heldentaten" eines Arminius sehe ich z.B. heutzutage völlig Konträr zu meiner schon Jahrzehnte zurückliegenden Schulzeit. Die "Abenteuer der Weltgeschichte" vermittelten das damals vorherrschende Leitbild der Geschichtesschreibung. Da sich an diesem in den Jahren etwas geändert hat, finde ich für mich als Pflicht, darauf hinzuweisen. Das hat nichts mit politischen oder religiösen Diskussionen, geschweige denn Disputen zu tun. Da achte ich schon selber drauf und es liegt mir auch daran, dass so etwas nicht aus dem Ruder läuft.!

underduck 09.03.2017 15:30

:tatschel:
Ich hatte das auch eher mit Humor gesehen.

guenkos 09.03.2017 20:49

Zitat:

Zitat von Detlef Lorenz (Beitrag 543245)
Bevor ich mit dem neuen Heft weitermache, wollte ich schon meiner leichten Verwunderung Ausdruck geben, dass sich niemand an meiner doch recht harschen Kritik an Karl dem sogenannten Grossen gerieben hat? ...

Muss man das?
Du machst hier einen verdammt guten "Job".
Du weist auf falsche Details hin (z. B. falscher Krönungsschmuck).
Du weist auf im Comic dargestellte Handlungsabläufe hin, die nicht den geschichtlich belegten entsprechen oder zumindest fragwürdig sind.
Du äußerst auch Deine Meinung zu den geschichtlichen Abläufen und übst Kritik aus heutiger Sicht; dies verdeutlicht dem Leser den "Zeitgeist", in dem diese Comics entstanden sind.
Das alles ist m. E. sinnvoll.
Es kann aber nicht Sinn eines Comicforums sein, geschichtliche Interpretationen auszudiskutieren. Das Thema heißt nur "Comics". Wenn wir damit anfangen, diskutieren wir uns noch zu Tode ... Das dezimiert aber die Anzahl Deiner Leser! :D
:schunk: Weitermachen! :schunk:

Detlef Lorenz 11.03.2017 22:08

Nummer 53


Die Seidenstrasse, Das Geheimnis im Pilgerstab






„Die“ Seidenstraße gab es schon mal nicht! Sie war eine Handelsroute, die sich je nach politischen und klimatischen Bedingungen änderte. Im Heft wird sehr lang auf den Beginn der Seidenraupenzucht eingegangen. Vom legendären Chinesischen Kaiser Schen nung (ca. 3000 v.d.Z.) oder Shennong, der allerdings mehr mythisch ist und die Zucht der Seidenraupen im großen Stil voran treibt, springt der Bericht zum Kaiser Huang ti, der unter Todesstrafe die Ausfuhr des Maulbeerbaumsamens, dessen Blätter die Seidenraupe frisst, stellt, geht die Zeitreise weiter bis Alexander dem Großen (um 280 v.d.Z.), ohne das bis zur Seite 26 etwas zur „Seidenstrasse“ selber ausgesagt worden ist – schon sonderbar.








Selbst Nero spielt mit, ab der Seite 25 sieht man ihn, wie er ein Fischernetz in den Händen hält. „Erfreut kehrt er an seinen Teich zurück und findet dort ein neues Netz vor. Er nimmt es zwischen seine dicken, kurzen Finger (was soll das „Monster“ Nero auch sonst für Extremitäten vorweisen). Es besteht aus asiatischen Goldfäden, es ist geschmeidiger als alle anderen Netze vorher. Seide und Gold sind miteinander verbunden. Oh, das muß einen schönen Stoff für die Frauen geben!“ denkt er sich. Immerhin gesteht ihm der Autor zu, auch an andere zu denken, als nur an sich selbst. Aber das er hier, lt. Text im Jahre 58, zum ersten Mal mit Seide in Berührung kommt, ist natürlich falsch.

Eine Art Seidenstraße gab es schon Jahrhunderte zuvor und lange, bevor der Festlandsweg durchs innere Asiens ungefähr im dritten Jahrhundert zwischen China und dem Westen offiziell eröffnet wurde: Der Seeweg von chinesischen Häfen aus über Indien und entweder in den Persischen Golf hinein und von dort an die Mittelmeerküste, oder durch das Rote Meer nach Ägypten, waren schon lange zuvor die Hauptverkehrswege von Ost nach West und umgekehrt. Nebenbei wurde natürlich nicht nur Seide transportiert, dann würden ja die Karawanen oder Segelschiffe zurück leer fahren, sondern diverse Güter und Ideen. Aus dem Osten kamen auch Jade, Porzellan, Lacke nach dem Westen und umgekehrt erreichten China Gold und Glas. Selbst Religionen verbreiteten sich über den Verkehrsweg: der Buddhismus gelang aus Indien nach China und Japan, und das Christentum fand ebenfalls in China, vor allem aber in Korea seine Verbreitung. Von alledem ist im Heft nicht die Rede.








Den weiter oben erwähnten Alexander aus Mazedonien sehen wir hier … hier? Sind das nicht Römer? Der Kleidung nach ja, aber es soll sich um die Makedonen und ihre Verbündeten handeln. Seltsam, aber so ist es gezeichnet. Auch seine Schlachten an Indiens Westen und der Abzug nach Hause wird behandelt, aber was das mit der Seidenstraße zu tun hat (von Roxanes Seidenkleid, das Alexander bewundert, mal abgesehen)?

Auch Alarich und seine Westgoten (um 400), sieht man in 2 Bildern auf den Straßen Roms. Sie verlangen Tribut, bekommen ihn, aber es ist nur von Gold und Silber und 4000 kostbaren Gewänder die Rede, Seide explizit wird nicht erwähnt.

Zu guter Letzt ist von Justinian (+565) die Rede: dieser Oströmische Kaiser gilt als der letzte der antiken Herrscher, nach ihm war die Fiktion eines Römischen Reiches endgültig vorbei; aber das nur am Rande. Zu Theodora, der Gattin Justinians kamen zwei Mönche, die ihr versprachen, dass sie die Grenzblockade der Perser (natürlich der Sassaniden) gegenüber China und damit dem Erliegen des Seidenhandels umgehen könnten. Sie versprachen Eier der Seidenraupe aus China nach Byzanz herauszuschmuggeln und zwar in ihren … Pilgerstäben, womit wir den rätselhaften Titel endlich erklärt haben  Es gelang ihnen natürlich, obwohl es wissenschaftlich mehr als zweifelhaft ist, dass die Eier die monatelange Reise lebendig überstanden haben können. Auf jeden Fall aber beginnt mit Justinian – und Theodora – die Seidenraupenzucht im Westen und damit endet der Comicteil des Heftes.

Zusammengefasst würde ich sagen: „Thema verfehlt“ setzen! Klar war das alles interessant, selbst die Plattitüden mit Nero und den römischen Mazedoniern, aber weshalb dafür die Seidenstraße als Titelgeber herhalten muss …

Die Bezeichnung „Seidenstraße“ gibt es nicht von alters her, sie ist eine moderne Sprachschöpfung: der deutsche Geograf Ferdinand von Richthofen (1833-1905) benannte diesen Handelsweg so. Fehlt mir auch im Heft.

Auf der 2ten Umschlagseite ist eine Zeichnung der Entwicklung des Seidenraupenspinners dargestellt.

Die Seiten 3,4 und 32 behandeln China, Land und Leute. Zwar nett geschrieben, aber schon damals, im Mai 1957, war es schon nicht mehr ganz aktuell, es wurde nicht auf Mao und den kommunistischen Umbruch eingegangen.

Endlich heißt der Titel des Heftes 57 nicht mehr „Kabel zur neuen Welt“, sondern den dann tatsächlichen „Die Guillotine regiert“.

Ab dem Heft 13 kann man nachbestellen, siehe Seite 34.

Die Vorschau auf der 3ten Umschlagseite ist „Käpt´n Huck, Forscher zwischen Korallenbänken und Eisbergen“ gewidmet.

Ein chinesischer Mandarin muss als Uniformträger durch die Jahrhunderte herhalten (Reklame für Peligom).

Detlef Lorenz 04.04.2017 16:06

Nummer 54


Käpt`n Cook, Forscher zwischen Korallenbänken und Eisbergen







Im Grunde gibt es über James Cook (1728-1779) nicht viel zu sagen. Nun gut, er hat mit seinen drei Expeditionen – und der Hilfe seiner Mannschaft – bewiesen, dass es den lange vermuteten südlichen (riesigen) Kontinent nicht gibt. Die damaligen Wissenschaftler hatten aus der Tatsache, dass die Oberfläche der Nordhalbkugel von großen Landmasse gebildet wird, es als Gegengewicht sozusagen ein Pendant im Süden geben müsse.








Cook segelte soweit nach Süden, wie es nur ging und Eisberge die Weiterfahrt mit den damaligen Segelschiffen unmöglich machte. Nirgends fand er eine Landmasse, die schon vor ihrer (Nicht-)Entdeckung vermutete und getaufte >>Terra Australis<<.








Auch die, in diesem Fall Nord-Ost-Passage vom Pazifik zum Atlantik nördlich um den amerikanischen Kontinent herum, schaffte er aus klimatischen Gründen nicht, wie viele nach ihm ebenfalls.

Sein Wesen soll sehr herrisch gewesen sein, allerdings das seiner Besatzung ebenfalls, jedenfalls den Einwohnern der Südsee gegenüber (was im Heft auch nicht verschwiegen wird). Auf Hawaii, der Hauptinsel des gleichnamigen Archipels, benahmen sie sich derart daneben, dass sie gewaltsam vertrieben wurden und Cook dabei zu Tode kam. Erinnert mich schon an Ferdinand Magellan (siehe Heft 49).

Auf jeden Fall erweiterten die 3 Fahrten von Cook das Wissen um die Gestalt der Erde enorm. Im Grunde war danach das Verständnis und das Wissen um das Verhältnis zwischen Festland und Meer jetzt klar, Erforschungen beschränkten sich von nun an auf das Innere der Kontinente. Eine schöne Karte der pazifischen Welt beendet die Geschichte zu James Cook.

Die Seite 3 und 4 bringt einen Artikel über >>Koralleninseln<<. Cook hatte mit ihnen zu tun.

In der Leserbriefseite geht >>Euer Hans-Jürgen<< auf den Wunsch eines Lesers ein, der Geschichten zu den Filmen „Der Eiserne Ritter von Falworth“, Die nackte Geisel“, Der schwarze Prinz“ oder „Quentin Durward“ in den Abenteuern der Weltgeschichte haben möchte. Da es sich hier überwiegend um verfilmte Literatur handelt, lehnte Hans-Jürgen bedauernd ab. Er hätte natürlich auf die Illustrierten Klassiker verweisen können, aber das scheint dann wohl etwas zu viel verlangt.

Die Nachbestellliste reicht bis zum Heft 14 zurück.

Die dritte Umschlagseite stellt das nächste Heft vor, das Pionieren der Luftfahrt gewidmet ist.


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